
Über eine gute Versicherung freut man sich als Kunde eigentlich nur, wenn ein Schaden aufgetreten ist, den die Versicherung übernimmt. Aber bis es soweit ist, kostet die Police erst einmal nur Geld. Viele Verbraucher versuchen daher, möglichst günstige Versicherungstarife abzuschließen. Und weil viele Verbraucher befürchten, dass sich der Versicherungsvermittler vor allem mit hohen Provisionszahlungen die Taschen vollmacht, aber nicht immer das beste Produkt für den Kunden auswählt, stehen die hohen Abschlussprovisionen zunehmend in der öffentlichen Kritik.
Welche Provisionen Versicherungsberater einstreichen
Grundsätzlich müssen Abschluss- und Bestandprovisionen unterschieden werden. Eine Bestandsprovision fließt solange, wie der Vertrag mit dem Kunden läuft. Üblich ist ein prozentualer Anteil des Jahresbeitrags, den der Vermittler für die Betreuung des Kunden erhält. Dem steht die Abschlussprovision gegenüber. Hier erhält der Vermittler einmalig einen gewissen Prozentsatz der Beitrags- bzw. Versicherungssumme kurz nach Vertragsabschluss.
Typische Provisionshöhen der Versicherungsbranche
Der Berater erhält eine Abschlussprovision von 3 bis 5 Prozent der Beitragssumme. Eine Lebensversicherung mit 100 Euro Monatsbeitrag, die über 30 Jahre angelegt ist, beispielsweise eine Beitragssumme von 36.000 Euro. Die fünfprozentige Provision kostet den Kunden somit gleich zu Vertragsbeginn 1800 Euro. Allerdings muss der Vermittler die Provision bei Storno innerhalb der ersten fünf Jahre anteilig zurückzuerstatten.
Zusätzlich zur Abschlussprovision gibt eine Betreuungsprovision von ca. einem Prozent des Jahresbeitrags für den Berater, im Beispiel wären das also weitere 12 Euro.
Für die Vermittlung einer privaten Krankenversicherung gibt es eine gesetzliche Provisionsobergrenze. Die Versicherer dürfen maximal neun Monatsbeiträge bei Abschluss zahlen. Zusätzlich bekommt der Versicherungsberater maximal vier Prozent des Jahresbeitrags als laufende Betreuungsprovision. Beispiel: Kostet eine PKV etwa monatlich 300 Euro (Beitragsrückerstattungen unberücksichtigt), kann der Vermittler bei Abschluss auf eine Provision von 2700 Euro hoffen. In den Folgejahren bekommt er dann für jedes weitere Vertragsjahr weitere 144 Euro.
Bei Sachversicherungen, etwa privater Haftpflicht-, Hausrat- oder Kfz-Versicherung, sind oftmals 20 Prozent des Jahresbeitrags im ersten Jahr nach Abschluss fällig. Danach zahlen die Kunden aus ihren Beiträgen eine geringere Bestandprovision, zum Beispiel zehn Prozent vom Jahresbeitrag. Es gibt auch Verträge, bei denen nur eine jährliche Bestandsprovision von etwa 20 bis 25 Prozent des Jahresbeitrags an den Vermittler gezahlt wird. Vor allem in der Sachversicherung zahlt sich ein großer Kundenstamm für die Berater auf Dauer aus.
Eine Sonderstellung unter den Sachversicherungen hat der stark umworbene Kfz-Bereich inne. Hier erhält der Vermittler in der Regel nur eine Bestandsprovision von 7 bis 9 Prozent des Jahresbeitrags.
Das machen sich neue Wettbewerber zunutze, vor allem die wachsende Konkurrenz im Internet, also sogenannte Fintechs oder Insuretechs. Mit schlanken Strukturen, smarter Software, frischen Ideen und auch niedrigeren Preisen dringen die jungen Unternehmen immer tiefer in den tradierten Markt der Versicherungen mit ihren lokalen Niederlassungen, Versicherungsvertretern, Mehrfachagenten, Strukturvertrieben und Maklern vor.
Einer dieser Angreifer auf die etablierten Vermittler von Versicherungen ist Johannes Cremer, Geschäftsführer des Online-Versicherungsvermittlers Moneymeets. Er sieht den Vertrieb von Versicherungen vor einschneidenden Veränderungen, wie sie etwa bei Banken bereits umgesetzt wurden – insbesondere was die Bezahlung der Vermittler angeht. „Die Banken sind durch Richtlinien wie Mifid viel schärfer reguliert als die Versicherungsbranche. Demnach dürfen etwa Banken eine Vermittlungsprovision nur behalten, wenn der Kunde sie explizit an die Bank abtritt. Diese Regelung wird künftig auch Versicherungen treffen“, ist Cremer überzeugt. „Rein rechtlich ist es bereits so, dass die Provision dem Kunden zusteht. Juristisch hat sich durchgesetzt, dass der Kunde beim Abschluss einer Versicherungspolice eine Vereinbarung unterschreibt, in der er selbst auf die Provision und der Vermittler auf ein Honorar verzichtet, so dass im Ergebnis der Vermittler die Provision einstreichen kann." Die wenigsten Makler agieren laut Cremer aber bereits so. "Juristisch gesehen sind sie auf dünnem Eis unterwegs.“





Cremer kennt die Rechtslage deshalb so genau, weil das von ihm 2012 gegründete Unternehmen Moneymeets erst Mitte November ein Berufungsverfahren zu dieser Frage vor dem Oberlandesgericht Köln gewinnen konnte. Darin ging es um das Provisionsabgabeverbot, also die Weitergabe der Provision oder von Provisionsteilen an den Kunden, gegen die ein anderer Versicherungsmakler geklagt hatte.
Für das Fintech Moneymeets gehört das hälftige Teilen der Versicherungsprovision mit dem Kunden zum Geschäftsmodell, der Kunde profitiert so von Kostenvorteilen gegenüber dem klassischen Vertrieb. „Ähnliches kennen wir seit Jahren aus dem Bankgeschäft mit Investmentfonds.“ Mit dem Siegeszug der Online-Broker wie Consors, DAB-Bank, Comdirect und anderen erhielten Kunden immer mehr Fondsprodukte ohne den sogenannten Ausgabeaufschlag. "Jetzt hat dieses Thema endlich auch den Versicherungsmarkt erreicht“, so Cremer.
Zum Hintergrund: Im klassischen Vertrieb durch Banken und Vermögensverwalter belaufen sich diese Abschlusskosten für den Fondskäufer regelmäßig auf fünf Prozent der angelegten Summe, die Branche spricht von Ausgabeaufschlag. Mittlerweise ist es für Anleger jedoch relativ einfach, rabattierte Produkte über Online-Banken oder spezialisierte Fondsboutiquen zu bekommen, viele Fonds gibt es sogar ganz ohne Ausgabeaufschlag.