Rating beste Lebensversicherer Die leistungsstärksten Lebensversicherer 2021

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Im Korsett der Regulierung

Die Abkehr von der vollen Beitragsgarantie wird sich fortsetzen. Und doch wiegt die Bürde aus den hohen Altversprechen schwer. Im Schnitt haben Lebensversicherer ihren Bestandskunden 2,6 Prozent Mindestzins garantiert. Um die zu schultern, müssen sie seit 2011 eine Zinszusatzreserve anlegen. Aktuell beträgt sie 87 Milliarden Euro. Der Effekt ist beachtlich: Aufgrund der Reserve müssen die Versicherer nur noch 1,6 statt 2,6 Prozent Zins erwirtschaften, ohne die Einhaltung der Zinsversprechen zu gefährden. Die Lücke können sie aus der Reserve füllen.

Die Zusatzreserve für die Niedrigzinsen wird weiter anschwellen, laut Prognosen auf bis zu 130 Milliarden Euro. Diese Therapie hat Nebenwirkungen: Geld, das in die Reserve fließt, kann nicht den Kunden gutgeschrieben werden. Bei zahlreichen Anbietern bekommen Versicherte deswegen schon weniger Überschüsse ausgezahlt.

In einem neuen Gesetzentwurf verlangt die EU-Kommission, dass die Versicherer mit lang anhaltenden Niedrigzinsen kalkulieren und deshalb für bestehende Policen noch höhere Rückstellungen bilden sollen. Die neuen Vorgaben – eine Fortschreibung der Solvency II genannten Regulierung – würden deutsche Versicherer besonders hart treffen, weil sie im europäischen Vergleich sehr lang laufende Verpflichtungen eingegangen sind. „Im Ergebnis werden die Kapitalanforderungen dadurch steigen“, sagt Lars Heermann von Assekurata. Besonders betroffen seien Lebensversicherer mit hohen Altgarantien im Bestand.



Noch ist bei der EU-Kommission nichts in Stein gemeißelt. Europaparlament und Ministerrat müssen sich noch damit befassen. Doch Jörg Asmussen, Hauptgeschäftsführer der Branchenlobby Gesamtverband der deutschen Versicherungswirtschaft, macht aus seiner Enttäuschung keinen Hehl: Aufgrund der steigenden Bedeutung der privaten Altersvorsorge solle der Gesetzgeber „nicht überziehen“. Kritiker hingegen sehen sich darin bestätigt, dass die Lebensversicherung kaum noch eine Zukunft hat.

Altverträge oft wertvoll

Für Versicherungsexperte Heermann von Assekurata unterstreichen die geplanten Regelverschärfungen eine Empfehlung: „Kunden sollten bei der Auswahl ihres Anbieters ein wachsames Auge haben.“ Denn in diesem widrigen Umfeld ist es besonders wichtig, auf leistungsstarke Anbieter zu setzen. Das Rating der WirtschaftsWoche hilft bei der Auswahl – und es hat seine Prognosekraft schon unter Beweis gestellt. Kunden der seit über 20 Jahren mit fünf Sternen bewerteten Anbieter Europa, LVM, Huk-Coburg und Debeka haben deutlich mehr erhalten als im Branchenschnitt.

Direkte Aussagekraft hat das Rating für klassische Kapitallebensversicherungen und Rentenversicherungen mit Garantiezins. Kunden zahlen dabei laufend oder einmalig Geld ein, um später eine möglichst hohe Auszahlung zu erhalten. Die Absicherung von Angehörigen im Todesfall spielt – im Gegensatz zu Risikolebensversicherungen – keine größere Rolle. Und anders als bei den heute oft angebotenen Fondspolicen wird das eingezahlte Geld nicht individuell für jeden Kunden – etwa in bestimmten Fonds –, sondern im Kollektiv verwaltet. Für Verträge mit Teilgarantien können aus dem Rating indirekt Rückschlüsse gezogen werden, sofern das Geld auch bei diesen kollektiv angelegt wird.

Selbst bei schwächer eingestuften Versicherern sollten ältere Verträge aber keinesfalls überstürzt gekündigt werden. Vor 2005 abgeschlossene Altverträge – also noch mit einem Garantiezins von mindestens 2,75 Prozent – sollten Versicherte fortführen, rät die unabhängige Finanzberaterin Stefanie Kühn aus Grafing bei München: „Die muss man wie ein rohes Ei behandeln.“ Allerdings könnten sie oft noch optimiert werden: So könnten Versicherte etwa durch die Umstellung von monatlichen auf jährliche Zahlungen am Ende mehr für sich herausholen, weil der Ratenzuschlag wegfalle. Bei 1200 Euro Beitrag im Jahr könne das schon 60 Euro ausmachen. Auch die dynamische Anpassung der Beiträge, etwa um fünf Prozent pro Jahr, sollte abgelehnt werden. Denn von jedem Mehrbeitrag flössen erst einmal bis zu vier Prozent Provision an die Vermittler.



Ob nach 2005 abgeschlossene Verträge sich lohnen, sollten Versicherte durchrechnen lassen. Bei Neuabschlüssen ist Finanzökonomin Kühn rigoros: „Ich kenne keinen Fall, in dem das Sinn macht.“ An mehr Rendite durch künftig höhere Aktienanteile glaubt sie nicht. Für Investments in Aktien eigneten sich Sparpläne mit Indexfonds wegen der geringeren Kosten besser als fondsgebundene Versicherungen.

Zugegebenermaßen ist nicht jeder willens, sich selbstständig um seine Geldanlage zu kümmern. „Eine Fondspolice ist jetzt eine gute Möglichkeit für Leute, das Investieren zu beginnen“, sagt Frank Breiting, Vorsorgeexperte bei der Deutsche-Bank-Fondstochter DWS. Lebensversicherungen hätten zudem nach wie vor den Charme eines „Rundum-sorglos-Pakets“, das neben der Altersvorsorge auch Risiken wie Krankheit, Berufsunfähigkeit und das Auskommen der Angehörigen nach einem plötzlichen Tod abdecke.

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