Dorothee und Oliver Kimber* haben viel geschafft: Mit Anfang 50 haben sie ihr Häuschen am Stadtrand ist in ein paar Jahren abbezahlt, die Töchter sind in der Ausbildung, sie haben ausreichend vorgesorgt. Jetzt aber ändert sich die Situation noch einmal deutlich. Olivers Arbeitgeber schließt seine Niederlassung, Oliver bekommt einen Aufhebungsvertrag – und wird in einem neuen Job wahrscheinlich weniger verdienen. Dorothee gibt zudem ihre stressige Tätigkeit als freiberufliche Hebamme gerade auf und sucht sich eine Festanstellung. Künftig werden sie mit weniger Geld auskommen müssen.
Die beiden stellen deshalb ihre Ausgaben auf den Prüfstand. Und da sind ihnen die hohen Beiträge zur Krankenversicherung gleich ein Dorn im Auge. Viel wäre gewonnen, wenn es Dorothee gelänge, aus ihrer privaten Krankenversicherung (PKV) in die kostenlose Familienversicherung der gesetzlichen Krankenkasse ihres Mannes zu wechseln. Aber geht das? Oder wie lassen sich die Beiträge zur Privatversicherung zumindest effektiv senken?
PKV ignoriert Einkommensverluste
Sinkt das Arbeitseinkommen in fortgeschrittenen Jahren deutlich, lässt sich das oft nicht mehr durch einen besseren Job kompensieren. Doppelt leidet in so einer Situation, wer bei einer privaten Krankenversicherung ist, die ihre Beiträge erhöht. Während die Gesetzliche Krankenkasse (GKV) bei sinkendem Einkommen geringere Beiträge verlangt – 14,6 Prozent inklusive Arbeitgeberbeteiligung plus Zusatzbeitrag – , bleiben die PKV-Beiträge bestenfalls stabil, weil sie unabhängig vom Einkommen auf Basis der Gesundheitsrisiken kalkuliert werden.
Die Versicherungsbeiträge steigen für Privatversicherte daher trotz der aus den Einzahlungen gebildeten Altersrückstellungen mit dem Alter in der Regel an – auch während der Rente. Im langjährigen Durchschnitt steigen die Beiträge zur PKV um jährlich drei Prozent, hat der PKV-Verband berechnet. Aber aufgrund gesetzlicher Regelungen kommen die Beitragserhöhungen nur mit Abstand von ein paar Jahren beim Versicherten an, dann aber durchaus mit Erhöhungen im zweistelligen Prozentbereich.
Wie also können Privatversicherte der Beitragsfalle entgehen?
Möglichkeit 1: Wechsel in die gesetzliche Krankenversicherung
Für Privatversicherte bleibt die Rückkehr in die gesetzliche Krankenversicherung normalerweise verschlossen. Die Entscheidung für den Eintritt in die PKV ist zumeist eine Entscheidung fürs Leben – und will deshalb gut überlegt sein.
Dennoch hat der Gesetzgeber Ausnahmefälle definiert, die den Wechsel von der PKV in die GKV ermöglichen. Diese Ausnahmen sind allerdings immer an Bedingungen geknüpft.
Bis zum 55. Lebensjahr ist ein Wechsel unter engen Voraussetzungen möglich. Wichtigste Voraussetzung: Ihr Einkommen muss unter der Versicherungspflichtgrenze liegen. Die AOK Rheinland Hamburg sieht das Entstehen einer Versicherungspflicht vor allem in zwei Fällen: wenn eine Beschäftigung mit einem Bruttogehalt unterhalb der Jahresarbeitsentgeltgrenze (2018: 59.400 Euro jährlich) aufgenommen oder Arbeitslosengeld bezogen wird.
Für langjährig PKV-Versicherte gilt sogar eine Einkommensgrenze von 53.100 Euro im Jahr, die für einen Wechsel unterschritten werden muss. Betroffen von dieser Regelung sind alle, die schon vor dem 31.12.2002 in der PKV waren.





Wer sein Einkommen also unter die Versicherungspflichtgrenze drücken kann, hat eine Chance, in eine gesetzliche Krankenkasse einzutreten. Mittels Teilzeitarbeit, neuer Arbeitsstelle mit geringerem Gehalt, Gehaltsumwandlung zugunsten der betrieblichen Altersversorgung oder einer beruflichen Auszeit können PKV-Versicherte unter die Versicherungspflichtgrenze rutschen und die Aufnahme in die Krankenkasse beantragen. Es sollte jedoch nicht der Eindruck entstehen, als wären die Gehaltseinbußen nur kurzfristig. Der Gesetzgeber spricht nämlich vom regelmäßigen Jahresarbeitsentgelt.
Schwieriger Wechsel für Selbstständige
Selbstständige können sich hingegen unabhängig von der Versicherungspflichtgrenze freiwillig in der PKV versichern. Für den Wechsel in die GKV genügt es daher nicht, Versicherungspflichtgrenze zu unterschreiten. Sie müssen entweder hauptberuflich in ein Angestelltenverhältnis eintreten oder einen Anspruch auf Arbeitslosengeld haben. Letzteren haben aber viele Selbstständige und insbesondere viele Freiberufler nicht, weil sie nur freiwillig und ohne Arbeitgeberbeteiligung in die staatliche Arbeitslosenversicherung einzahlen und daher häufig auf diesen Schutz verzichtet haben. Der Bezug von Hartz IV (Arbeitslosengeld II) nützt Wechselwilligen jedoch nichts. "Bei Bezug von Arbeitslosengeld II ist eine Rückkehr in die GKV generell ausgeschlossen, wenn die Person vor dem Bezug von Arbeitslosengeld II zuletzt privat krankenversichert war", teilt die AOK Rheinland Hamburg auf Anfrage mit. Sie empfiehlt, bei Aufgabe der selbstständigen Tätigkeit frühzeitig die zuständige Agentur für Arbeit bzw. das Jobcenter zu kontaktieren.
Selbstständige wie etwa viele Freiberufler, die nach Geschäftsaufgabe Anspruch auf Arbeitslosengeld I haben, sind hingegen wieder versicherungspflichtig. Wer so den Sprung in die gesetzliche Krankenversicherung geschafft hat, darf auch darin bleiben, wenn er danach eine Anstellung antritt.
Ohne Anspruch auf Arbeitslosengeld I bleibt Selbstständigen dann nur noch die Chance auf die Familienversicherung über den Partner, sofern der gesetzlich versichert ist.
*Namen von der Redaktion geändert