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Reformgesetz Bundestag spannt Schutzschirm für Lebensversicherte auf

Die Millionen deutschen Lebensversicherungskunden sollen sich auch künftig auf die Renditeversprechen der Branche verlassen können. Vor allem die Versicherer müssen einige Kröten schlucken.

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Die Leistungsfähigkeit der Lebensversicherer
Die Lebensversicherung ist für Millionen Deutsche der wichtigste Baustein der privaten Altersvorsorge. Die niedrigen Zinsen nagen aber seit Jahren an den Erträgen. Schon ab Juli könnten die Auszahlungen an Kunden per Gesetz weiter schmelzen. Dennoch wird es auch künftig deutliche Unterschiede zwischen den verschiedenen Versicherern geben. Für die Entscheidung, ob sich der Abschluss, das Halten bis zum Laufzeitende oder eine vorzeitige Kündigung der Lebensversicherung lohnt, kommt es darauf an, wie gut die Lebensversicherung für einen lange Niedrigzinsphase gerüstet sind. Nachfolgend wichtige Kennziffern der zwölf größten Lebensversicherer, die insgesamt 60 Prozent des Marktes repräsentieren. Quelle: Geschäftsberichte der Versicherer, Prof. Hermann Weinmann (Hochschule Ludwigshafen) Quelle: dpa
Ein Schild mit dem Logo der Nürnberger Versicherungsgruppe Quelle: dpa/dpaweb
Bayern-VersicherungLaufende Verzinsung der Kapitalanlagen ohne Einmaleffekte 1: 2013: 4,0 % Laufende Verzinsung der Kapitalanlagen mit Einmaleffekten 1: 2013: 4,4 % Bewertungsreserven: 2013: 9,7 % der Kapitalanlagen Anteil Zinspapiere an Bewertungsreserven 2: 2013 (2012): ► Was der Versicherer verteilen kann ( Überschuss) 3: 2012: 14,5 % der Beiträge 2013: 12,8 % der Beiträge Wie lange die freien Mittel reichen ( Bilanzpuffer) 4: 2012: 3,1 Jahre 2013: 3,4 Jahre Stärken: hohe Reserven, gute KapitalanlageSchwächen, die sich in Niedrigzinsphasen besonders stark auswirken: keine Niedrigzins-Risiko für Anleger: niedrig 1Einmaleffekte: Gewinne und Verluste aus Anlageverkäufen sowie Zu- und Abschreibungen; 2im Vergleich zum Branchendurchschnitt; 3Kapitalerträge oberhalb der Garantieverzinsung + interne Überschüsse durch zu hoch angesetzte Kosten für Verwaltung und Vertrieb sowie Risiken (Berufsunfähigkeit, Tod); das Verhältnis von Überschuss zu Beiträgen zeigt, wie gut der Versicherer wirtschaftet; 4ein Wert von beispielsweise 2,0 besagt, dass der Versicherer seine laufende Überschussbeteiligung zwei Jahre lang aus den freien Mitteln finanzieren kann; je höher der Faktor, desto finanzstärker ist der Versicherer. Quelle: PR
Der Schriftzug "W&W württembergische" Quelle: dpa
Fahnen mit dem Logo der Allianz Quelle: dpa
R+V AG Quelle: Presse
CosmosDirekt Quelle: Presse

Der Bundestag verabschiedete am Freitag in seiner letzten Sitzung vor der Sommerpause ein Reformgesetz, mit dem die Ansprüche der Versicherten in der aktuellen Niedrigzinsphase gesichert werden sollen. Dabei gilt der Grundsatz, dass die Garantiezusagen an die Kunden vor den Ansprüchen von Aktionären, aber auch von ausscheidenden Versicherten rangieren. Dies kann - je nach Vertrag - erhebliche finanziellen Konsequenzen haben.

Wegen der niedrigen Zinsen für sichere Staatsanleihen fällt es den Versicherern immer schwerer, die Prämiengelder ihrer Kunden so anzulegen, dass sie die zugesagten Renditen auch erwirtschaften. Die Bundesbank hatte vergangenes Jahr mit einem Stresstest Alarm geschlagen, wonach bis 2023 wegen der niedrigen Zinsen 32 von 85 deutschen Lebensversichern die gesetzlichen Eigenkapital-Vorschriften nicht mehr erfüllen könnten. Aus Sicht der Zentralbank reduziert sich die Zahl mit der Reform auf 13.

Wichtige Kennziffern für Lebensversicherer


Unter anderem kann die Aufsichtsbehörde BaFin künftig eine Ausschüttung von Dividenden verbieten, wenn nicht zuvor alle Kundenzusagen abgesichert sind. Genauso kann die BaFin auch die Ausschüttung von Buchgewinnen an ausscheidende Versicherte einschränken. Die Reserven entstehen auf dem Papier, weil alte Staatsanleihen, die noch höher verzinst sind, in der aktuellen Niedrigzinsphase vorübergehend an Wert gewinnen. Diese Buchgewinne müssen die Unternehmen zur Hälfte an ausscheidende Kunden ausschütten. Dies sind etwa drei Millionen im Jahr. Für die Inhaber der übrigen fast 60 Millionen betroffenen Policen, die noch längere laufen, bleibt damit später allerdings weniger Geld zur Verfügung.

Mit der Reform sinkt auch der Garantiezins, den die Unternehmen maximal für die gesamte Vertragslaufzeit zusagen dürfen, zum Januar 2015 auf 1,25 von 1,75 Prozent. Das reduziert zwar den Wettbewerbsdruck, macht den Abschluss neuer Verträge aber auch unattraktiver. Ursprünglich war auch vorgesehen, dass Vermittler ihren Kunden in Euro mitteilen müssen, wie viel Provision sie bekommen. Stattdessen gibt es nun eine Kennzahl, die den Kunden in Prozent Aufschluss darüber gibt, wie stark die Rendite durch die Abschlusskosten geschmälert wird.

Im Regierungsbündnis war der Schwenk damit begründet worden, dass es sehr unterschiedliche Gruppen von Vermittlern gebe und damit auch eine sehr unterschiedliche Kostenstruktur. So bekommt der einzelne Vermittler bei Banken oder Großvertrieben wie DVAG oder MLP zwar weniger Provision. Doch für den Kunden wird es deshalb nicht billiger als beim Abschluss etwa über einen freien Makler - denn den Rest kassiert das vermittelnde Unternehmen. Je nach Vertriebsweg kassieren Vermittler 2,5 bis sieben Prozent der Versicherungssumme.

Der Branchenverband GDV begrüßte das Gesetz als verantwortungsvoll und gerecht im Sinne der Kunden. Allerdings müssten die Versicherer auch einige Kröten schlucken. So müssten die Gesetzesänderungen in nur sechs Monaten umgesetzt werden.

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