




Der Bundestag verabschiedete am Freitag in seiner letzten Sitzung vor der Sommerpause ein Reformgesetz, mit dem die Ansprüche der Versicherten in der aktuellen Niedrigzinsphase gesichert werden sollen. Dabei gilt der Grundsatz, dass die Garantiezusagen an die Kunden vor den Ansprüchen von Aktionären, aber auch von ausscheidenden Versicherten rangieren. Dies kann - je nach Vertrag - erhebliche finanziellen Konsequenzen haben.
Wegen der niedrigen Zinsen für sichere Staatsanleihen fällt es den Versicherern immer schwerer, die Prämiengelder ihrer Kunden so anzulegen, dass sie die zugesagten Renditen auch erwirtschaften. Die Bundesbank hatte vergangenes Jahr mit einem Stresstest Alarm geschlagen, wonach bis 2023 wegen der niedrigen Zinsen 32 von 85 deutschen Lebensversichern die gesetzlichen Eigenkapital-Vorschriften nicht mehr erfüllen könnten. Aus Sicht der Zentralbank reduziert sich die Zahl mit der Reform auf 13.
Wichtige Kennziffern für Lebensversicherer
Bei der Nettoverzinsung werden sämtliche Erträge und Aufwendungen aus Kapitalanlagen berücksichtigt. In die Berechnung einbezogen sind somit auch Erträge und Verluste aus dem Abgang von Kapitalanlagen sowie die Abschreibungen auf Wertpapiere. Diese Kennzahl kann daher relativ starken Schwankungen unterworfen sein. Die Berechnung der Nettoverzinsung erfolgt nach den Empfehlungen des LV-Verbandes.
Abschlusskosten entstehen im Zusammenhang mit dem Neugeschäft. In der Regel sind die Kosten kalkulatorischer Bestandteil des Versicherungsprodukts, die der Versicherungsnehmer (zumindest teilweise) im Rahmen seiner Prämie trägt.
Diese Kostenquote beinhaltet die Kostenpositionen des Jahresabschlusses, die nicht unmittelbar dem Neugeschäft zuzuordnen sind. Hieraus lässt sich erkennen, wie hoch die Kostenbelastung in Relation zu den eingenommenen Beiträgen ist.
Der freien RfB (Rückstellung für Beitragsrückerstattung) kommt die Bedeutung einer Pufferfunktion zur Glättung der jährlichen Gewinnbeteiligung zu. Die freie RfB in Prozent der Deckungsrückstellung ist ein Indikator für die Höhe dieses „Puffers“ in Relation zur gesamten Deckungsrückstellung der Versicherten im Geschäftsjahr.
Die Zuführung zur Rückstellung für Beitragsrückerstattung (RfB in Prozent der gebuchten Bruttobeiträge und Nettoerträge aus Kapitalanlagen) gibt Aufschluss darüber, wie groß der Anteil der Erträge ist, der der Versichertengemeinschaft in Form von Überschüssen zugute kommt.
Das Wachstum eines Versicherungsunternehmens wird hier an drei Größenpositionen gemessen: Entwicklung der Beiträge (50%), Entwicklung der Kapitalanlagen (25%) und Entwicklung der Versicherungssummen (25%).
Das Storno erfasst die Verträge der kapitalbildenden Tarife (Kapital- und Rententarife), die vorzeitig - also vor Vertragsablauf - gekündigt oder beitragsfrei gestellt werden. Es lässt einen Rückschluss auf die Qualität der Beratung, der Tarife und der Vertriebswege zu.
Die modifizierte Eigenmittelquote ist ein Maßstab dafür, in welchem Umfang ein Lebensversicherer Risiken durch die Eigenmittel Eigenkapital und Schlussüberschussanteil-Fonds (SÜAF) abdecken kann. Hierfür wird eine Quote gebildet, welche die Summe dieser beiden Eigenmittel der Deckungsrückstellung gegenüberstellt.
Die Reservequote zeigt, wie groß der Anteil der so genannten Stillen Reserven in Prozent der gesamten Kapitalanlagen zum Bilanzstichtag war. Die Stillen Reserven ergeben sich im Wesentlichen aus abgeschriebenen bzw. zum Niederstwert angesetzten Buchwerten (z. B. Grundstücke, Aktien und Investmentfondsanteile) gegenüber ihren zum Stichtag ermittelten und angesetzten Marktwerten. Die Bewertungsreserve wurde erstmals im Bilanzjahrgang 1997 in den Geschäftsberichten ausgewiesen. Seit dem Bilanzjahrgang 2007 sind auch die Stillen Reserven in den zu Nennwert bilanzierten Kapitalanlagen angabepflichtig und sind entsprechend integriert. Quelle: Morgen & Morgen
Unter anderem kann die Aufsichtsbehörde BaFin künftig eine Ausschüttung von Dividenden verbieten, wenn nicht zuvor alle Kundenzusagen abgesichert sind. Genauso kann die BaFin auch die Ausschüttung von Buchgewinnen an ausscheidende Versicherte einschränken. Die Reserven entstehen auf dem Papier, weil alte Staatsanleihen, die noch höher verzinst sind, in der aktuellen Niedrigzinsphase vorübergehend an Wert gewinnen. Diese Buchgewinne müssen die Unternehmen zur Hälfte an ausscheidende Kunden ausschütten. Dies sind etwa drei Millionen im Jahr. Für die Inhaber der übrigen fast 60 Millionen betroffenen Policen, die noch längere laufen, bleibt damit später allerdings weniger Geld zur Verfügung.
Mit der Reform sinkt auch der Garantiezins, den die Unternehmen maximal für die gesamte Vertragslaufzeit zusagen dürfen, zum Januar 2015 auf 1,25 von 1,75 Prozent. Das reduziert zwar den Wettbewerbsdruck, macht den Abschluss neuer Verträge aber auch unattraktiver. Ursprünglich war auch vorgesehen, dass Vermittler ihren Kunden in Euro mitteilen müssen, wie viel Provision sie bekommen. Stattdessen gibt es nun eine Kennzahl, die den Kunden in Prozent Aufschluss darüber gibt, wie stark die Rendite durch die Abschlusskosten geschmälert wird.
Im Regierungsbündnis war der Schwenk damit begründet worden, dass es sehr unterschiedliche Gruppen von Vermittlern gebe und damit auch eine sehr unterschiedliche Kostenstruktur. So bekommt der einzelne Vermittler bei Banken oder Großvertrieben wie DVAG oder MLP zwar weniger Provision. Doch für den Kunden wird es deshalb nicht billiger als beim Abschluss etwa über einen freien Makler - denn den Rest kassiert das vermittelnde Unternehmen. Je nach Vertriebsweg kassieren Vermittler 2,5 bis sieben Prozent der Versicherungssumme.
Der Branchenverband GDV begrüßte das Gesetz als verantwortungsvoll und gerecht im Sinne der Kunden. Allerdings müssten die Versicherer auch einige Kröten schlucken. So müssten die Gesetzesänderungen in nur sechs Monaten umgesetzt werden.