WirtschaftsWoche: Herr Heinrich, Herr Wrobel, die betriebliche Altersvorsorge stand zuletzt in der Kritik. Befürchtungen um einen Anlagenotstand angesichts niedriger Zinsen machen die Runde. Werden die Renten der Pensionskassen künftig schrumpfen?
Heinrich: Noch gibt es keinen Grund dafür. Alle müssen sich an ihr Rentenversprechen halten. Das zu erreichen, noch dazu über einen langen Zeitraum und bis zum Lebensende des Begünstigten, ist ehrgeizig und anspruchsvoll. Denn wir müssen mit gewissen Annahmen über die Zukunft arbeiten: Etwa, das Kapital verzinst sich mit dreieinhalb Prozent. Auch die Kosten müssen eingerechnet werden. Und eine monatliche Rentenzahlung bis zum Lebensende ist schon eine stattliche Garantie. Aber die ist nicht gefährdet.
Wrobel: Wir stellen nicht die Rendite in den Vordergrund. Aber wir müssen unsere Versprechen auch unter widrigen Umständen wie heute halten. Innerhalb des Sicherheitsrahmens wollen wir natürlich das bestmögliche Ergebnis erzielen. Damit sind wir mit der gesamten Versicherungsbranche eigentlich einig. Das gilt auch für die Lebensversicherung, die genau wie wir unter staatlicher Aufsicht steht. Die gesetzlichen Vorgaben sind da für alle gleich und die binden uns an unsere Zusagen.
Wenn es nicht primär um die Rendite der Ersparnisse von Arbeitnehmer geht, worum geht es dann?
Heinrich: Das Thema Sicherheit geht noch viel weiter, denn was nützt es dem Versicherten, wenn er ein paar Jahre seine Rente anspart, aber dann berufs- oder erwerbsunfähig wird. Wenn ich nicht mehr in der Lage bin, meine Beiträge weiter zu bezahlen, weil ein vernünftiges Einkommen fehlt, scheitert auch der Versuch, eine Altersvorsorge aufzubauen. Der Versicherungsschutz bei den vorzeitigen Risiken ist also immens wichtig. Und den kann niemand selbst darstellen oder organisieren. Er braucht einfach das Kollektiv einer Versicherung, um sich vor Erwerbsminderung, Unfall, Krankheit oder auch den Schutz der Hinterbliebenen im Todesfall zu schützen. Entweder über eine separate Versicherung oder in Kombination mit der Altersvorsorge. Man sollte also nicht nur auf die Rendite des Angesparten achten, sondern braucht zunächst den Schutz vor Risiken, die auf dem Weg zur Rente die Bemühungen gefährden.
Wie hoch ist denn der Anteil für den Versicherungsschutz in den monatlichen Beiträgen? Und wie viel von den monatlichen Einzahlungen wird tatsächlich verzinst?
Heinrich: Das ist abhängig vom Alter und von der Höhe des angesparten Kapitals. Mit dem Alter nehmen Gesundheits- und Todesfallrisiken zu, in Bezug auf das Einkommen nehmen die Versicherungsrisiken mit dem Alter ab, denn das Kapital ist bereits weitgehend angespart. Für einen durchschnittlichen Menschen mit 35 Jahren, einem Erwerbminderungsschutz in Höhe der Altersversorgung und mit 60 Prozent Hinterbliebenenversorgung dürfte grob geschätzt gelten: 15 Prozent gehen in den Risikoschutz und 85 Prozent werden für die Altersrente verwendet.
Hinzu kommen die hohen Provisionen, die bei der privaten und betrieblichen Altersvorsorge fließen und die Ersparnisse der ersten Jahre nahezu auffressen. Ist die Rendite dann nicht das wesentliche Argument?
Wrobel: Deshalb gehen wir einen anderen Weg als die meisten Personenversicherer: Wir zahlen keine Abschlussprovision. Die wird üblicherweise auf die Summe aller Beiträge während der Vertragslaufzeit errechnet. Wir arbeiten eher wie die Sachversicherer, etwa Haftpflicht oder Hausrat. Wir zahlen eine laufende Courtage, pro rata temporis. So lange der Vertrag läuft, bekommt der Makler eine regelmäßige, aber kleine Courtage. Baut er sich einen Kundenbestand auf, profitiert er von der Summe der Courtage vieler Verträge. Dann ist der Berater daran interessiert, sich diesen Bestand zu erhalten und bereit, den Versicherten oder den Arbeitgeber auch nach Vertragsabschluss über Jahre zu beraten. Etwa weil sich arbeitsrechtlich für den Arbeitgeber oder beim Versorgungsbedarf des Mitarbeiters etwas ändert.
Aufsichtsbehörde prüft Leistungsfähigkeit
Heinrich: Wir bewegen uns im Spannungsfeld von Sicherheit, Rendite und Liquidität. Mit Zero Bonds erzielen Sie noch eine ordentliche Rendite, aber Sie kommen an das Geld nicht heran, sind also nicht liquide. Ebenso eine Immobilie oder ein Grundstück. Bei der Blue Chip-Aktie bekommen sie hohe Renditen, sind liquide, aber die Sicherheit eines Werterhalts ist nicht gegeben. Allerdings können Sie sich das als Versicherer mit Garantiezusagen nicht leisten, denn die Rentner wollen jeden Monat ihr Geld. Die Sicherheit müssen wir deshalb in den Vordergrund stellen. Und die ist gewährleistet.
Was nützt die sichere Rente, wenn sie zu klein ist?
Heinrich: Es gibt für die Versicherten bei der Altersversorgung eine Priorisierung. An erster Stelle kommt die Sicherheit, dass ich später die versprochene Rente bekomme. An zweiter Stelle die Liquidität in Form einer monatlichen Rentenzahlung. Und an dritter Stelle die Rendite, die möglichst hoch sein soll. Wer in einer anderen Reihenfolge priorisiert, greift zu einem anderen Produkt. Nachbarn von mir im Rentenalter mit auskömmlicher Altersversorgung haben zum Beispiel kürzlich noch gebaut und wollten dazu einen offenen Immobilienfonds auflösen. Aber die zahlten nicht aus – Liquidität gleich null. Diese drei Faktoren bilden ein Spannungsverhältnis und der Sparer muss sich für eine Gewichtung entscheiden. Auch der Arbeitgeber will Sicherheit – für sich und seine Mitarbeiter. Was mich in unserer Branche fuchst, ist, dass wir uns immer auf den Vergleich mit den Banken einlassen. Da geht es immer nur um Rendite. Und Sicherheit und Liquidität wird wie selbstverständlich von uns erwartet. Das geht nicht.
Dass Sie statt hoher Abschlussprovisionen nur laufende Courtagen zahlen, dürfte aber mehr oder weniger einmalig in der Branche sein.
Wrobel: Das Modell hat tatsächlich kaum Schule gemacht. Die Vertriebler sind überwiegend auf Abschlussprovisionen fixiert. Die laufende Courtage ist im Lebensversicherungsgeschäft und bei den Pensionskassen der Lebensversicherer unüblich. Aber wir machen gute Erfahrungen damit. Unabhängige Vermittler, die sich für unsere Vergütungsform über viele Jahre entschieden haben, leisten eine dauerhaft gute Beratungsqualität.
Gute und schlechte Sofortrenten
Berechnung einer sofort beginnenden Leibrentenversicherung; Vertragstyp: Mann, Journalist, Nichtraucher, Eintrittsalter 63 Jahre, sofort beginnende Leibrente
ohne Rabatte (z.B. Kollektivbeiträge), Einmalbeitragszahlung 50.000 €, Rentengarantie 10 Jahre, Versicherungsbeginn 01.07.2012, Rentenbeginn 01.08.2012.
Quelle: Map-Report
Monatsrente in den ersten zehn Jahren: 228,27 Euro
Rentensumme nach zehn Jahren: 27.392,4 Euro
Monatsrente in den ersten zehn Jahren: 280,52 Euro
Rentensumme nach zehn Jahren: 33.662,4 Euro
Monatsrente in den ersten zehn Jahren: 272,12 Euro
Rentensumme nach zehn Jahren: 32.654,4 Euro
Monatsrente in den ersten zehn Jahren: 270,6 Euro
Rentensumme nach zehn Jahren: 32.472 Euro
Monatsrente in den ersten zehn Jahren: 262,99 Euro
Rentensumme nach zehn Jahren: 31.558,8 Euro
Monatsrente in den ersten zehn Jahren: 262,76 Euro
Rentensumme nach zehn Jahren: 31.531,2 Euro
Monatsrente in den ersten zehn Jahren: 179,29 Euro
Rentensumme nach zehn Jahren: 21.514,8 Euro
Monatsrente in den ersten zehn Jahren: 181,94 Euro
Rentensumme nach zehn Jahren: 21.832,8 Euro
Monatsrente in den ersten zehn Jahren: 182,03 Euro
Rentensumme nach zehn Jahren: 21843,6 Euro
Monatsrente in den ersten zehn Jahren: 182,22 Euro
Rentensumme nach zehn Jahren: 21.866,4 Euro
Monatsrente in den ersten zehn Jahren: 182,86 Euro
Rentensumme nach zehn Jahren: 21.943,2 Euro
Dafür ist ihre Pensionskasse mit fast 200 Millionen Euro verwaltetem Vermögen auch relativ klein. Fehlt da nicht die notwendige Masse für ihre Sicherheitsversprechen?
Wrobel: Größe ist nicht so entscheidend wie die Kostenstrukturen. Wir haben keine Vertriebsstrukturen mit Niederlassungen und Regionaldirektionen – die ja auch von den Versicherten finanziert werden müssen. Das machen wir nicht, sondern wir arbeiten nur mit unabhängigen Maklern zusammen, die eigenverantwortlich arbeiten. Dadurch haben wir niedrige Aufwendungen.
Heinrich: Das notwendige Maß an Sicherheit wird auch vom Gesetzgeber vorgegeben. Das Versicherungsgesetz schreibt uns Mischung, Streuung, jederzeitige Liquidität und bestmögliche Rendite vor. Vier nicht unter einen Hut zu bringende Eigenschaften sind damit gesetzlich vorgeschrieben. Damit müssen aber alle Lebensversicherer arbeiten. Die Aufsichtsbehörde achtet vor allem peinlich darauf, dass der Sicherheitsaspekt erfüllt ist. Wir müssen im Wortsinn zu jeder Tages- und Nachtzeit sicherstellen, dass das Vermögen, das wir verwalten, unsere Verpflichtungen be- oder besser überdecken. Wir überdecken und haben mehr als wir brauchen. Das ist bei uns nicht anders als bei Allianz, Ergo und Co. Da haben die Anbieter privater Vorsorge mittlerweile wenig Spielräume.
Inflationsrisiko für Versicherte
Aber hohe Aktienquoten von 20 Prozent wie um das Jahr 2000 sind doch möglich?
Heinrich: Bei der Aktienquote dürfen wir sogar bis zu 35 Prozent im Portfolio haben, die Spielräume sind schon erheblich. Aber das ist nur ein Parameter. Es gibt regelmäßige Stresstests. Und dann fällt auf, dass sich ein Versicherer 35 Prozent Aktien gar nicht leisten kann, sondern nur zehn oder zwölf. So gilt in Deutschland ein Regelwerk, dass die Spielregeln festschreibt: Maximal 25 Prozent Grundstücke, 35 Prozent Aktien, der Rest festverzinsliche Wertpapiere. Aber auf der anderen Seite wird mit dem Stresstest gemessen, ob wir das auch in Belastungssituationen aushalten. Je niedriger die Zinsen sind, umso weniger Risiko können Sie nehmen. Aber grundsätzlich ist immer mindestens Kapital in der Höhe der Verpflichtungen da, eher mehr. Gleichzeitig muss Liquidität vorgehalten werden, weil ja Renten gezahlt werden müssen.
Hintergrundwissen
Pensionskassen sind der älteste Durchführungsweg der betrieblichen Altersvorsorge, es gibt sie seit 150 Jahren. Nach dem Genossenschaftsprinzip haben die Versicherten Mitgliedseigenschaft, die Vertreterversammlung ist das oberste Organ. Klassische, nicht gewerbliche Pensionskassen sind am genossenschaftlichen Prinzip orientiert: Es gibt keine Dividenden an Aktionäre, der Bilanzgewinn im immer null, weil die erwirtschafteten Erträge vollständig in die Überschussbeteiligung, in Rückstellungen und ins Eigenkapital fließen.
Und je mehr Rentner sie versorgen, umso mehr Neugeschäft brauchen sie, oder?
Das ist eher eine Anforderung bei umlagefinanzierten Altersversorgungssystemen. In der kapitalgedeckten Altersversorgung wird für jeden Versicherten das zur Erfüllung benötigte Kapital durch Beitragszahlung vertragsindividuell aufgebaut und in der Rentenbezugsphase mit jeder Rentenzahlung sukzessive aufgebraucht.
Kann man das Inflationsrisiko für die Versicherten überhaupt ausschließen?
Wrobel: Wenn Sie sagen, das Renditeversprechen reicht nicht aus, um die Inflation auszugleichen, mag das über die Zeit phasenweise stimmen. Die Mindestverzinsung ist den Versicherten jedoch garantiert. Aber die Kölner Pensionskasse erwirtschaftet – auch im vergangenen Jahr – brutto über vier Prozent. In dieser Größenordnung liegen auch viele andere private Versicherer. Kein Versicherer unter Aufsicht ist in der Notlage, dass aufgrund der aufgebauten Kapitalanlagebestände weniger als der Mindestzins erwirtschaftet wird. Wenn es langfristig, etwa über die nächsten 10 Jahre, bei den sehr niedrigen Zinsen bliebe, würde sich die Branche in diese Schere hineinbewegen.
Heinrich: Zum Garantieverzinsung gibt es ja immer eine Überschussbeteiligung. Und die kommt allen Versicherten zugute – denen, die eine höhere Mindestverzinsung im Vertrag stehen haben ebenso wie jenen, die mit den aktuellen 1,75 Prozent abgeschlossen haben. Im Ergebnis erhalten alle Versicherten eine Überschussbeteiligung in Höhe der Differenz zwischen Gesamtverzinsung und Garantiezins. Es ist also solange keine Gefahr in Verzug, solange die Versicherer mit ihrer Gesamtverzinsung nicht unterhalb des Rechnungszinses geraten. Um auf die Eingangsfrage eine klare Antwort zu geben: Die kapitalgedeckte Rentenversicherung mit Garantieverzinsung bietet unter den gegebenen gesetzlichen und regulatorischen Anforderungen das mögliche Maximum an Sicherheit für die Versichertengemeinschaft.