Je schneller Deutschland in diese demografische Falle läuft, desto stärker droht sich die Zufriedenheitsspanne zwischen Jüngeren und Älteren zu verschärfen. Hinzu kommt, dass die zunehmende Digitalisierung den Bedarf an Innovationen noch erhöht. Stellt sich die alternde Gesellschaft nicht darauf ein, droht eine langfristige Wachstumsschwäche.
Niedrige Zinsen belasten
Hinzu kommen die niedrigen Zinsen, die vor allem den Jungen die Aussicht auf den Ruhestand vermiesen. Viele sind verunsichert, ob und wie sich das Anlegen für den Ruhestand überhaupt noch lohnt. Auch der AXA Deutschland-Report zeigt ein stark gesunkenes Engagement bei der Vorsorge. Demnach haben sechs von zehn Beschäftigten damit bereits begonnen. Vor zehn Jahren waren es noch 82 Prozent gewesen. Die entstehende Lücke ist den Beteiligten allerdings durchaus bewusst. Bundesweit halten sie im Schnitt einen monatlichen privaten Vorsorgeaufwand von 412 Euro für nötig, legen aber durchschnittlich nur 257 Euro pro Monat zurück.





Nicht nur die Unsicherheit, auch die monatlichen Sparbeiträge zur privaten Altersvorsorge sind im Osten Deutschlands am niedrigsten. Nur 178 Euro investieren die Sachsen durchschnittlich in ihre private Altersvorsorge. Zum Vergleich: die Saarländer sparen mit 345 Euro den höchsten Betrag. Die Tendenz dürfte auch bei der Vorsorge fürs Alter eher negativ ausfallen. „Sechs von zehn Erwerbstätigen schließen wegen der niedrigen Zinsen keine neuen Vorsorgeverträge mehr ab“, schreibt die AXA in ihrem Report.
Offenbar ist die Unsicherheit in Sachen Altersabsicherung eng mit der Form der Vorsorge verknüpft. Relativ optimistisch in Sachen Rente sind vor allem die Erwerbstätigen im Saarland und in Baden-Württemberg – gleichzeitig ist in diesen beiden Bundesländern auch der Anteil derer am höchsten, die auf ein Eigenheim als Altersvorsorge setzen. Jeweils zwei Drittel der Saarländer und Baden-Württemberger gehen davon aus, mit ihren eigenen vier Wänden gut auf die Rente vorbereitet zu sein. Gleichzeitig befürchten laut AXA Deutschland-Report Sparer ohne eigene Immobilie bundesweit rund doppelt so häufig, im Alter nicht ausreichend Geld zu haben, wie Immobilienbesitzer.
Typische Irrtümer von Riester-Sparern
Sie übersehen, dass die Verzinsung variabel ist. Die Bank kann also die Zinsen jederzeit senken. Nur Lebens- und Rentenversicherungen müssen laut Gesetz mindestens 1,25 Prozent Zinsen garantieren, ab 2017 sind es nur noch 0,9 Prozent. Für Banksparpläne gilt dieser Garantiezins nicht beziehungsweise erst, wenn das Sparguthaben in eine Rentenversicherung überführt wird. Dann sind die Versicherungsbedingungen zu diesem Zeitpunkt gültig. Garantiezins, Sterbetafeln, etc. können sich also während der Ansparphase noch deutlich zu Ungunsten des Sparers ändern.
Ihnen ist nicht klar, dass ein vorzeitiger Ausstieg aus dem Sparvertrag oder eine vorgezogene Rentenphase die Auszahlung drastisch schmälert. Denn es fehlen nicht nur Einzahlungsjahre, sondern auch die Rentenbezugsdauer steigt gleichzeitig. Es ist also weniger Geld für mehr Rentenjahre im Topf.
Die Riester-Rente lockt Sparer mit zwei Garantien: Der Auszahlung einer lebenslangen Rente, selbst wenn der Kapitalstock aufgebraucht ist, und der Garantie, dass die Einzahlungen, staatlichen Prämien und die bis zum Rentenbeginn aufgelaufenen Zinsgewinne für die Rente bereit stehen. Das bedeutet aber nicht, dass der Sparer die volle Summe nach zu Lebzeiten ausgezahlt bekommt. Es ist nur eine Garantie dafür, dass der Kapitalstock durch Investition in die falschen Anlagemärkte Verluste erleidet und dahinschmelzen könnte.
Sparer gehen häufig von einer halbwegs realistischen Lebenserwartung aus. Die Anbieter müssen jedoch so kalkulieren, dass sie auch bei Erreichen eines weit überdurchschnittlichen Alters noch eine Rente zahlen können, ohne das Geld anderer Sparer oder ihr eigenes Kapital aufzuwenden, sprich ohne Verluste zu machen.
Sie verwechseln Prognosen und Anlagevorschläge der Anbieter mit Garantien. Dabei gibt es zahlreiche Faktoren, die erheblichen Einfluss auf die Rente haben können. Zum Beispiel ein allgemein sinkendes Zinsniveau, gesetzliche Rahmenbedingungen, Änderungen in den Versicherungsbedingungen, im Steuerrecht und in den Sterbetafeln.
Sie vertrauen auf ihre Bank und ihren Kundenberater. Dabei ist ein Riester-Vertrag eine komplizierte Angelegenheit, bei deren Berechnung auch schnell Fehler passieren. Eine gründliche Prüfung aller Vertragsunterlagen ist Pflicht, am besten durch einen unabhängigen Berater, der gegen Honorar und nicht für eine Verkaufsprovision berät.
Sie konzentrieren sich auf die staatlichen Zulagen und unterschätzen die Steuern in der Auszahlphase. Dabei wird der volle Steuersatz auf das gesamte Guthaben fällig, egal ob Verrentung oder Einmalauszahlung. Vorteilhaft ist diese sogenannte nachgelagerte Besteuerung nur, weil der persönliche Steuersatz mit Renteneintritt in der Regel deutlich sinkt.
Stimmungskiller in Bayern
Auch wenn die Erwerbstätigen in Baden-Württemberg und Saarland noch am positivsten in die finanzielle Zukunft als Rentner schauen, sind sie im bundesweiten Vergleich nicht unbedingt die zufriedensten Rentner. Am positivsten überrascht sind die Ruheständler laut AXA-Report in Bremen und Rheinland-Pfalz, dort sind jeweils vier von fünf Rentner der Meinung, ihre Lebensqualität sei besser geworden oder zumindest gleich geblieben. Ein Stimmungskiller ist der Ruhestand dagegen in Bayern und Thüringen, fast jeder dritte Befragte erklärt, sein Lebensstandard habe sich verschlechtert.
Vorsorge
Perspektivisch sind die Aussichten in Sachen Altersvorsorge in Deutschland nicht rosig. In die demografische Falle sind wie längst reingetappt, und auch die niedrigen Zinsen dürften uns noch eine Weile begleiten. Bisher macht die Europäische Zentralbank (EZB) keine Anstalten, ihre geldpolitische Richtung zu verändern. Das Vorsorge-Dilemma der Erwerbstätigen dürfte damit zunehmen.
Sie haben es im Niedrigzinsumfeld nicht nur schwerer, ausreichend vorzusorgen, sondern müssen auch immer mehr Ruheständler finanzieren. Belastend hinzu kommen die ökonomischen Folgen des demografischen Wandels - je schwächer das Wachstum, desto geringer die Lohnsteigerungen, desto höher die Arbeitslosigkeit, desto problematischer die Altersvorsorge.