Renteneintritt Wofür wir freiwillig länger arbeiten würden

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Geschönte Berechnung zur vorzeitigen Rente

Experten halten das für viel zu niedrig und eine häufig geschönte Berechnung. Für sie sind Einbußen von 30 Prozent bei gesetzlicher und privater Rente realistischer. So kommt in einem Rechenbeispiel ein Gutverdiener mit 63 auf eine gesetzliche Rente von 1486 Euro. Würde er aber bis 67 weiter arbeiten, weiterhin gut verdienen und stiege die Rente dadurch im Jahr um ein Prozent, käme er auf knapp über 2000 Euro Monatsrente.

Mitunter werden bei Rentenberechnungen aber nur die gesetzlich vorgeschriebenen Kürzungen von 3,6 Prozent pro Jahr angesetzt. Die Rentenaufstockung durch die längere Arbeitszeit geht bei den Berechnungen häufig unter und verzerrt damit die Darstellung.

Laufende Verzinsung wichtiger bAV-Versicherer

Wenig Vertrauen in Sozialsysteme

Manchem ist es trotzdem lieber, die 1486 Euro ab 63 zu nehmen, anstatt sich auf längere Arbeit einzulassen und auf 2000 Euro zu hoffen. Das Vertrauen in die Sozialsysteme hat gelitten. Wer weiß schon, ob die heutigen Berechnungen in Zukunft überhaupt noch relevant sind, oder ob die künftigen Rentner nicht doch Einbußen in Kauf nehmen müssen?

„Mit dem Angebot von Einmalzahlungen statt höherer monatlicher Renten ließe sich eine längere Berufstätigkeit der Arbeitnehmer anregen, ohne dass es die Sozialversicherungen mehr Geld kosten würde“, sagt Maurer. In der Studie konnten die Befragten unter verschiedenen Varianten wählen. Wer mit 62 Jahren in Rente geht, bekommt 1500 Dollar monatliche Rente. Ab einem Renteneintritt mit 67 Jahren bekäme er 2143 Dollar Monatsrente.

Oder er wählt alternativ im Alter von 67 die 1500 Dollar lebenslange Monatsrente, aber die Rentenkasse überweist ihm zusätzlich rund 108.000 Dollar auf einen Schlag. Diese Summe entspricht dem versicherungsmathematisch berechneten aktuellen Gegenwert der 643 Euro, die er monatlich mehr bekäme, wenn er die höhere Rente gewählt hätte. Das entspräche rund 167 Monatsbeträgen oder einer Zahlung von etwa 13 Jahren, also bis zum 80. Lebensjahr. Stirbt der Versicherte vorher, hat die Rentenkasse bei diesem Modell theoretisch Einbußen, aber wenn der Rentner länger lebt, trägt sie nicht das finanzielle Risiko.

Mehrheit wählt hohe Einmalzahlung

In einer weiteren Variante gibt es höhere Monatsrenten und eine Einmalzahlung dann, wenn die Rente nach dem 67. Lebensjahr beantragt wird. Diese Variante war bei den Befragten der Studie besonders beliebt. So gibt es beim Renteneintritt im Alter von 70 eine lebenslange Monatsrente von 2143 Dollar und zusätzlich eine Einmalzahlung von 79.000 Dollar. Die hohe Summe ist verlockend. „Eine solche Einmalzahlung ist für die Befragten umso attraktiver, je höher sie verschuldet sind, je höher deren die finanzielle Bildung ist und je weniger die Befragten in das politische System vertrauen“, so Maurer.

Auch in der aktuellen Diskussion über die private Vorsorge könnte eine höhere Einmalzahlung zum Rentenstart vielleicht manchen Sparer mit den schwachen Ergebnissen der Riester- und Rürup-Renten etwas versöhnen.

Allerdings müssten dann die Politiker auch Vertrauen in ihre Bürger haben und ihnen zutrauen, dass sie die geförderten Renten nicht unbedingt gleich für eine Weltreise ausgeben, sondern wiederum möglichst gewinnbringend anlegen - oder eben damit Kredite abbezahlen.

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