Sie lohnt sich. Sie lohnt sich nicht. Sie lohnt sich vielleicht. Ob die Riester-Rente sich lohnt, daran scheiden sich immer noch die Geister. In den allermeisten Fällen ist sie jedenfalls nicht die ultimative Altersvorsorge, die dank staatlicher Förderung zu hohen Renten bei niedrigem eigenen Einsatz führt. Doch derzeit, im Niedrigzinsumfeld, mehren sich die Stimmen, die eine vermeintlich versöhnliche Wahrheit propagieren. Sie liegt irgendwo zwischen den beiden Extremen ("Lohnt sich nicht" versus "Lohnt sich").
Die Argumentation geht ungefähr so: Nein, Riester sei kein Wundermittel. Aber durch die Riester-Förderung könnten Sparer ihre Rendite um einen Prozentpunkt steigern. Und das sei bei den derzeit extrem niedrigen Zinsen eine wichtige Unterstützung beim langfristigen Ziel, ausreichend fürs Alter vorzusorgen. Von Beispielrechnungen wird diese Argumentation selten begleitet. Kein Wunder. Denn derartige pauschale Aussagen mit einer exakten Zahl müssen falsch sein. Sie können nicht stimmen, weil die genaue Rendite aus der Altersvorsorge mit Riester extrem vom Einzelfall (Alter, Einkommen, Kinder, Lebensdauer) abhängt.
Trotzdem führen die Aussagen zu einer wichtigen Frage: Bringt die Förderung aus der Riester-Rente überhaupt einen Vorteil? Oder schneiden Sparer genauso gut ab, wenn sie gleich viel eigenes Geld einsetzen und ohne Förderung anlegen? Wir rechnen nach!
Gute Beratung ist das A und O
Riester-Sparer können zwischen verschiedenen Anlageformen wählen: Rentenversicherung, Bank-Sparplan, Fonds-Sparplan und - seit 2008 - auch Bausparverträge und Immobilienkredite (Wohn-Riester). Die Kreditvariante des Wohn-Riesters lohnt fast immer, wenn ohnehin ein Immobilienkauf geplant ist und die Förderung infrage kommt. Hier ist allerdings gute Beratung nötig, da Immobilieneigentümer nicht mehr ganz frei über ihre Immobilie entscheiden können - also zum Beispiel ausziehen und die Immobilie vermieten -, ohne die Förderung zu gefährden.
Für die Sparvarianten der Riester-Förderung ist die Frage nicht so leicht zu beantworten. Grundsätzlich funktioniert die Förderung so: Jeder Förderberechtigte bekommt pro Jahr 154 Euro Zulage vom Staat, pro Kind gibt es weitere 300 Euro (für vor 2008 geborene Kinder: 185 Euro). Anspruch auf Zulagen in voller Höhe haben Sparer, wenn sie inklusive Zulagen wenigstens vier Prozent ihres Vorjahres-Bruttoeinkommen einzahlen. Wer als Single 40.000 Euro verdient, müsste also 1446 Euro im Jahr selbst einzahlen (vier Prozent des Einkommens abzüglich 154 Euro Zulage). Die Einzahlungen werden außerdem vom zu versteuernden Einkommen abgezogen, so dass sie steuerfrei bleiben. Die Zulagen werden mit dem rechnerischen Steuervorteil (Einzahlungen mal persönlicher Steuersatz) allerdings verrechnet. Ist die Summe der Zulagen, etwa bei Eltern in Großfamilien, größer als der rechnerische Steuervorteil, gibt es keinen zusätzlichen Steuerbonus.
Gegenstück der Steuerfreiheit in der Sparphase ist eine volle Besteuerung in der Rentenphase. Bei den später gezahlten Riester-Renten werden also nicht nur die Gewinne besteuert, sondern die Renten in voller Höhe mit dem persönlichen Steuersatz. Ein echter Steuervorteil entsteht deshalb nur, wenn der Steuersatz im Alter deutlich niedriger ist als während der Einzahlungen.
Das gilt vor allem für Gutverdiener, die im Berufsleben den Spitzensteuersatz zahlen und im Ruhestand deutlich niedrigere Steuersätze erwarten können. Insofern überrascht es nicht, dass Gutverdiener die Riester-Förderung intensiv nutzen. So kam eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) und der Freien Universität Berlin jüngst zu dem Ergebnis, dass 38 Prozent der gesamten Riester-Förderung an die 20 Prozent einkommensstärksten Deutschen fließen.
Bei Riester müssen Ein- und Auszahlungsphase beachtet werden
Grundsätzlich soll das angesparte Riester-Guthaben später für eine Rente genutzt werden. 30 Prozent der Summe können sich Sparer zu Ruhestandsbeginn aber auf einen Schlag auszahlen lassen, ohne dass sie die staatliche Förderung erstatten müssten. Wer mehr Geld will oder früher an das Guthaben möchte, muss die Förderung – sowohl Zulagen als auch eventuelle zusätzliche Steuervorteile – zumindest anteilig unverzinst zurück zahlen.
Es gibt also zwei große Unterschiede zwischen der Geldanlage mit und ohne Riester. Während ihrer Einzahlungen müssen Sparer bei Riester weniger eigenes Geld einsetzen, weil der Staat (über Zulagen und eventuelle Steuervorteile) unterstützt. Während der Auszahlungen - in der Rentenphase - kassiert der Staat jedoch einen höheren Teil ihrer Rente als Steuer, weil er eben nicht nur Gewinne, sondern die volle Rente besteuert. Echte Aussagen darüber, ob sich die Förderung lohnt, sind also nur möglich, wenn beide Phasen - Ein- und Auszahlungsphase - betrachtet werden.
Typische Irrtümer von Riester-Sparern
Sie übersehen, dass die Verzinsung variabel ist. Die Bank kann also die Zinsen jederzeit senken. Nur Lebens- und Rentenversicherungen müssen laut Gesetz mindestens 1,25 Prozent Zinsen garantieren, ab 2017 sind es nur noch 0,9 Prozent. Für Banksparpläne gilt dieser Garantiezins nicht beziehungsweise erst, wenn das Sparguthaben in eine Rentenversicherung überführt wird. Dann sind die Versicherungsbedingungen zu diesem Zeitpunkt gültig. Garantiezins, Sterbetafeln, etc. können sich also während der Ansparphase noch deutlich zu Ungunsten des Sparers ändern.
Ihnen ist nicht klar, dass ein vorzeitiger Ausstieg aus dem Sparvertrag oder eine vorgezogene Rentenphase die Auszahlung drastisch schmälert. Denn es fehlen nicht nur Einzahlungsjahre, sondern auch die Rentenbezugsdauer steigt gleichzeitig. Es ist also weniger Geld für mehr Rentenjahre im Topf.
Die Riester-Rente lockt Sparer mit zwei Garantien: Der Auszahlung einer lebenslangen Rente, selbst wenn der Kapitalstock aufgebraucht ist, und der Garantie, dass die Einzahlungen, staatlichen Prämien und die bis zum Rentenbeginn aufgelaufenen Zinsgewinne für die Rente bereit stehen. Das bedeutet aber nicht, dass der Sparer die volle Summe nach zu Lebzeiten ausgezahlt bekommt. Es ist nur eine Garantie dafür, dass der Kapitalstock durch Investition in die falschen Anlagemärkte Verluste erleidet und dahinschmelzen könnte.
Sparer gehen häufig von einer halbwegs realistischen Lebenserwartung aus. Die Anbieter müssen jedoch so kalkulieren, dass sie auch bei Erreichen eines weit überdurchschnittlichen Alters noch eine Rente zahlen können, ohne das Geld anderer Sparer oder ihr eigenes Kapital aufzuwenden, sprich ohne Verluste zu machen.
Sie verwechseln Prognosen und Anlagevorschläge der Anbieter mit Garantien. Dabei gibt es zahlreiche Faktoren, die erheblichen Einfluss auf die Rente haben können. Zum Beispiel ein allgemein sinkendes Zinsniveau, gesetzliche Rahmenbedingungen, Änderungen in den Versicherungsbedingungen, im Steuerrecht und in den Sterbetafeln.
Sie vertrauen auf ihre Bank und ihren Kundenberater. Dabei ist ein Riester-Vertrag eine komplizierte Angelegenheit, bei deren Berechnung auch schnell Fehler passieren. Eine gründliche Prüfung aller Vertragsunterlagen ist Pflicht, am besten durch einen unabhängigen Berater, der gegen Honorar und nicht für eine Verkaufsprovision berät.
Sie konzentrieren sich auf die staatlichen Zulagen und unterschätzen die Steuern in der Auszahlphase. Dabei wird der volle Steuersatz auf das gesamte Guthaben fällig, egal ob Verrentung oder Einmalauszahlung. Vorteilhaft ist diese sogenannte nachgelagerte Besteuerung nur, weil der persönliche Steuersatz mit Renteneintritt in der Regel deutlich sinkt.
Für den Vergleich nehmen wir eine Rentenversicherung, die gegen regelmäßige Einzahlungen jetzt eine lebenslange Rente später finanziert. Ob und wie sinnvoll Rentenversicherungen für die Altersvorsorge sind, soll erstmal keine Rolle spielen - es geht nur darum zu vergleichen, welchen Effekt die Riester-Förderung hat. Die Analyse der Rentenversicherung hat ein paar Vorteile: Nur die Versicherer geben ihren Kunden eine fixe Mindestverzinsung, für Neukunden derzeit 1,25 Prozent, auf die Einzahlungen (nach Abzug der Kosten des Versicherers) und nennen auch bereits eine garantierte Mindestrente, die später lebenslang fließen soll. Das erleichtert die Berechnungen. Die Anbieter von Riester-Banksparplänen nutzen meist eine variable Verzinsung, die mit dem allgemeinen
Der echte Riester-Vorteil
Rendite-Vorsprung nach Steuern einer Riester-Rentenversicherung im Vergleich zu einer ungeförderten Rentenversicherung (in Prozentpunkten pro Jahr, garantiert / prognostiziert)
Single, 30 Jahre, 30.000 Euro Bruttojahreseinkommen, 3 Kinder (2, 4 und 6 Jahre) | Single, 30 Jahre, 40.000 Euro Brutto-Jahreseinkommen | Single, 30 Jahre, 60.000 Euro Brutto-Jahreseinkommen | Single, 40 Jahre, 50.000 Euro Brutto-Jahreseinkommen | |
mit 75 Jahren | 1,3 / 1,0 | 0,9 / 0,6 | 0,9 / 0,6 | 1,2 / 1,1 |
mit 85 Jahren | 0,9 / 0,7 | 0,6 / 0,4 | 0,6 / 0,6 | 0,8 / 0,7 |
mit 95 Jahren | 0,7 / 0,6 | 0,5 / 0,4 | 0,6 / 0,4 | 0,7 / 0,7 |
Verheiratet, 40 Jahre, 60.000Euro Brutto-Haushaltsjahreseinkommen, 2 Kinder (2 und 4 Jahre) | Verheiratet, 40 Jahre, 80.000Euro Brutto-Haushaltsjahreseinkommen, 2 Kinder (2 und 4 Jahre) | Single, 50 Jahre, 60.000 Euro Brutto-Jahreseinkommen | |
mit 75 Jahren | 1,1 / 1,0 | 1,1 / 0,8 | 1,7 / 1,7 |
mit 85 Jahren | 0,8 / 0,7 | 0,8 / 0,7 | 1,1 / 1,2 |
mit 95 Jahren | 0,7 / 0,6 | 0,7 / 0,6 | 0,9 / 1,1 |
Vergleich der Jahresrendite auf die Einzahlungen aus eigener Tasche (nach Abzug von Zulagen und Steuervorteil bei der Riester-Rente) berechnet auf Basis der Netto-Renten zwischen einer geförderten Riester-Rentenversicherung und einer ungeförderten klassischen Rentenversicherung; in der Auszahlungsphase wurde ein um zehn Prozentpunkte niedrigerer Steuersatz als während der Einzahlungsphase angenommen; Quelle: Versicherer, eigene Berechnung |
Zinsniveau steigt und (momentan eher) fällt. Die Anbieter von Riester-Fondssparplänen geben nur die - für alle Riester-Anbieter vorgeschriebene - Garantie, dass zu Ruhestandsbeginn der Depotwert wenigstens der Summe der Einzahlungen (eigene Beiträge und Zulagen) entsprechen muss. Wie hoch die spätere Rente aus den Riester-Bank- oder Fondssparplänen sein wird, bleibt beim Abschluss in der Regel noch völlig offen. Meist nennen die Anbieter auch noch keinerlei Details, also nicht mal einen bestimmten Faktor, mit dem sich je nach angespartem Guthaben berechnen ließe, wie hoch die Rente später ist.
Neben den Garantiewerten weisen die Rentenversicherer noch unverbindliche, höhere Werte aus, die sie bei ausreichenden Anlagegewinnen schaffen wollen. In den vergangenen Jahren sind diese Überschüsse jedoch immer weiter gesunken. Frühere Modellrechnungen haben sich als völlig überhöht herausgestellt. Sparer sollten im Zweifelsfall daher eher davon ausgehen, dass der Versicherer nur die Garantiewerte schafft. Schon das wäre auf lange Sicht nicht machbar, wenn die Zinsen dauerhaft so niedrig wie zurzeit blieben.
In der Vergleichsrechnung zwischen Riester-Rentenversicherung und normaler, ungeförderter privater Rentenversicherung spielt das keine Rolle, da die Versicherer unabhängig von der staatlichen Förderung in beiden Fällen die gleichen Schwierigkeiten hätten. Wir müssen nur die auf den gleichen Annahmen beruhenden Werte nutzen. Wir weisen daher sowohl die garantierten Werte, als auch die niedrigsten unverbindlichen Modellrechnungen aus, die von einem dauerhaften Zins von 2,4 Prozent ausgehen. Für die Berechnungen nutzen wir die in Aussicht gestellten Renten eines kostengünstigen Versicherers, der im Branchenvergleich relativ hohe Garantiewerte ausweist.
Die Theorie im Praxis-Vergleich
Um möglichst aussagekräftige Ergebnisse zu erzielen, nehmen wir einige unterschiedliche Musterfälle. Sowohl junge (30 Jahre) als auch ältere Sparer (50 Jahre), Kinderlose wie Kinderreiche. Wir gehen außerdem dauerhaft von konstanten Einkommen aus, die - je nach Musterfall - zwischen 30.000 und 80.000 Euro brutto pro Jahr liegen. Alle Sparer zahlen die maximal steuerlich geförderten 2100 Euro pro Jahr in ihren Riester-Vertrag ein. 154 Euro davon übernimmt immer der Staat, bei Sparern mit Kindern schießt er auch noch die Kinderzulagen bei (laut Annahme bis zum 18. Lebensjahr).
Außerdem schreibt das Finanzamt den Sparern über die Steuererklärung meist noch einen zusätzlichen Steuerbonus gut. Die Rente soll immer erst mit 67 Jahren fließen. Der persönliche Grenzsteuersatz - also die auf jeden zusätzlich zu versteuernden Euro anfallende Steuerlast - hängt vom Einkommen ab und soll in der Sparphase zehn Prozentpunkte höher sein als in der Rentenphase.
Ein Beispiel: Der 30-jährige Sparer mit 40.000 Euro Brutto-Jahreseinkommen zahlt 2100 Euro in seine Riester-Rentenversicherung ein. 154 Euro davon zahlt der Staat. Bei angenommenen 36 Prozent Grenzsteuersatz ergibt sich ein rechnerischer Steuervorteil von 756 Euro (36% von 2100 Euro), von dem die gezahlte Zulage aber abgezogen wird. Unter dem Strich muss der Sparer also selbst pro Jahr nur 1344 Euro aufbringen. Alternativ könnte der Sparer diese Summe nehmen und damit auf eigene Faust eine ungeförderte, private Rentenversicherung besparen. Statt 2100 Euro würden dann nur 1344 Euro in den Vertrag fließen.
Dafür müsste der Sparer auf seine spätere Rente aber weniger Steuern zahlen. Aus dem Riester-Vertrag würde später eine garantierte Mindestrente von 287 Euro pro Monat vor Steuern fließen (höhere Modellrechnung: 668 Euro). Bei den für die Rente angenommenen 26 Prozent persönlicher Grenzsteuersatz und der vollen Besteuerung der Riester-Rente blieben davon nach Abzug der Steuern noch 212 Euro (Modellrechnung: 494 Euro). Die mit den geringeren Einzahlungen finanzierte garantierte Rente aus der ungeförderten, privaten Versicherung beträgt nur 190 Euro im Monat (Modellrechnung: 458 Euro). Doch diese würde eben nicht voll besteuert, sondern - wie jede private Rente - nur zum Ertragsanteil, der vom Alter beim Start der Rentenzahlung abhängt. Mit 67 Jahren zu Rentenbeginn müsste der Sparer 17 Prozent der Rente zum persönlichen Grenzsteuersatz (26 Prozent) versteuern. Von der Garantierente blieben so netto 182 Euro (Modellrechnung: 438 Euro).
Lang leben für die Rendite
Rendite nach Steuern einer Riester-Rentenversicherung je nach Lebensalter (in Prozent pro Jahr, garantiert / prognostiziert)
Single, 30 Jahre, 30.000 Euro Bruttojahreseinkommen, 3 Kinder (2, 4 und 6 Jahre) | Single, 30 Jahre, 40.000 Euro Brutto-Jahreseinkommen | Single, 30 Jahre, 60.000 Euro Brutto-Jahreseinkommen | Single, 40 Jahre, 50.000 Euro Brutto-Jahreseinkommen | |
mit 75 Jahren | -4,1 / 0,2 | -4,3 / -0,2 | -4,3 / -0,2 | -5,4 / -1,2 |
mit 85 Jahren | 0,0 / 3,1 | -0,3 / 2,8 | -0,3 / 2,8 | -0,4 / 2,6 |
mit 95 Jahren | 1,4 / 4,1 | 1,2 / 3,7 | 1,2 / 3,7 | 1,3 / 3,9 |
Verheiratet, 40 Jahre, 60.000Euro Brutto-Haushaltsjahreseinkommen, 2 Kinder (2 und 4 Jahre) | Verheiratet, 40 Jahre, 80.000 Euro Brutto-Haushaltsjahreseinkommen, 2 Kinder (2 und 4 Jahre) | Single, 50 Jahre, 60.000 Euro Brutto-Jahreseinkommen | |
mit 75 Jahren | -5,5 / -1,2 | -5,5 / -1,4 | -7,3 / -3,0 |
mit 85 Jahren | -0,3 / 2,7 | -0,4 / 2,6 | -0,5 / 2,6 |
mit 95 Jahren | 1,4 / 3,9 | 1,3 / 3,8 | 1,6 / 4,2 |
Angaben gelten für eine kostengünstige Riester-Rentenversicherung, jeweils 2100 Euro Einzahlung pro Jahr, die staatlichen Zulagen (Kinderzulagen bis zum 18. Lebensjahr des Kindes) und ein eventueller steuerlicher Vorteil auf Einzahlungen sind berücksichtigt, für die Auszahlungsphase wurde ein um zehn Prozentpunkte niedrigerer Steuersatz als während der Einzahlungsphase angenommen; Quelle: Versicherer, eigene Berechnung |
Der Vergleich (212 zu 182 Euro im Monat; 494 Euro zu 438 Euro (Modellwerte)) zeigt es schon, die Netto-Riester-Renten wären tatsächlich höher und das bei gleichen angenommenen Sparbeiträgen aus eigener Tasche. Je nach angenommener Lebensdauer (75, 85 oder 95 Jahre) würde die Renditedifferenz bei der garantierten Rente zwischen 0,5 Prozentpunkten (mit 95 Jahren) und 0,9 Prozentpunkten (mit 75 Jahren) liegen. Mit Blick auf die Ergebnisse aller Musterfälle bietet die Riester-Rente zwischen 0,4 und 1,7 Prozentpunkten mehr Rendite pro Jahr.
Das klingt gut. Und dürfte von Riester-Befürwortern als Beleg dafür gesehen werden, dass Riester sich eben doch lohnt. Was diese Betrachtung der Renditeunterschiede allerdings verschweigt ist, wie hoch die Renditen überhaupt sind. Wie bei jeder Rentenversicherung gilt: Je länger ein Versicherter lebt, desto höher ist die Rendite. Die Versicherungen sind letztlich eine Wette auf ein langes Leben. Doch bei einer relativ langen Lebensdauer sollten unter dem Strich schon ansehnliche Renditen herauskommen.
Nicht komplett übertragbar
Die garantierten Renditen mit einer, nicht gerade kurzen, Lebensdauer von 95 Jahren liegt bei der Riester-Rente und über alle Musterfälle hinweg zwischen 1,2 und 1,6 Prozent. Die Renditen aus der unverbindlichen, höheren Modellrente ergäben bei der Riester-Rente Werte zwischen 3,7 und 4,2 Prozent. Würden Riester-Rentner ihre Rente nur 85 Jahre lang kassieren, wären sie in den meisten Fällen noch auf negative Renditen gekommen.
Bestimmte Einzelfälle, in denen sich die Riester-Rente sehr stark lohnt, bilden die möglichst repräsentativ ausgewählten Musterfälle nicht ab. So würde eine 30-jährige Sparerin, die drei Kinder (2, 4 und 6 Jahre alt) hat und dauerhaft nur 30.000 Euro brutto im Jahr verdient, mit Riester auf hohe Renditen kommen, vor allem wenn sie - anders als bei den Musterfällen angenommen - nur den Mindestbeitrag leistet, um vollen Anspruch auf die staatlichen Zulagen zu haben. Von den zu leistenden 1200 Euro Mindestjahresbeitrag (4% der 30.000 Euro) müsste die Frau anfangs selbst nur 146 Euro im Jahr übernehmen, der Rest würde über die Zulagen (allein 900 Euro Kinderzulagen) abgedeckt.
Die Rendite aus den garantierten Renten würde in diesem Fall mit 85 Jahren schon bei 1,1 Prozent pro Jahr liegen, mit 95 Jahren bei 2,6 Prozent - mit den unverbindlichen Modellwerten wären es gar 4,8 Prozent (85 Jahre) und 5,7 Prozent (95) Rendite pro Jahr. Im Vergleich zu einer ungeförderten, privaten Rentenversicherung, in den die Frau den Durchschnitt ihrer bei der Riester-Rente aus eigener Tasche zu leistenden Beiträge einzahlen würde, läge der Renditevorteil hier bei über zwei Prozentpunkten. Beeindruckend! Allerdings sollte die hohe Rendite hier nicht täuschen: Da die Frau nur den Mindestbeitrag geleistet hätte, würde die absolute, garantierte Riester-Rentenhöhe von netto nur 128 Euro im Monat der Frau später keine großen finanziellen Sprünge ermöglichen.
Tristes Bild
Rendite nach Steuern einer klassischen Rentenversicherung je nach Lebensalter (in Prozent pro Jahr, garantiert / prognostiziert)
Single, 30 Jahre, 30.000 Euro Bruttojahreseinkommen, 3 Kinder (2, 4 und 6 Jahre) | Single, 30 Jahre, 40.000 Euro Brutto-Jahreseinkommen | Single, 30 Jahre, 60.000 Euro Brutto-Jahreseinkommen | Single, 40 Jahre, 50.000 Euro Brutto-Jahreseinkommen | |
mit 75 Jahren | -5,4 / -0,8 | -5,2 / -0,8 | -5,2 / -0,8 | -6,6 / -2,3 |
mit 85 Jahren | -0,9 / 2,4 | -0,9 / 2,2 | -0,9 / 2,2 | -1,2 / 1,9 |
mit 95 Jahren | 0,7 / 3,5 | 0,6 / 3,3 | 0,6 / 3,3 | 0,6 / 3,2 |
Verheiratet, 40 Jahre, 60.000 Euro Brutto-Haushaltsjahreseinkommen, 2 Kinder (2 und 4 Jahre) | Verheiratet, 40 Jahre, 80.000 Euro Brutto-Haushaltsjahreseinkommen, 2 Kinder (2 und 4 Jahre) | Single, 50 Jahre, 60.000 Euro Brutto-Jahreseinkommen | |
mit 75 Jahren | -6,6 / -2,2 | -6,6 / -2,2 | -9,0 / -4,7 |
mit 85 Jahren | -1,2 / 2,0 | -1,2 / 1,9 | -1,6 / 1,4 |
mit 95 Jahren | 0,7 / 3,3 | 0,7 / 3,2 | 0,7 / 3,1 |
Angaben gelten für eine kostengünstige Rentenversicherung (ohne staatliche Förderung), die Einzahlungen entsprechen den Einzahlungen aus eigener Tasche bei einer Riester-Rentenversicherung (nach Abzug von Zulagen und eventuellen Steuervorteilen), für die Auszahlungsphase wurde ein um zehn Prozentpunkte niedrigerer Steuersatz als während der Einzahlungsphase angenommen; Quelle: Versicherer, eigene Berechnung |
Auch Fälle, in denen die Grenzsteuersätze in der Sparphase sehr viel höher sind als später im Alter (also: hohe Einkünfte jetzt, geringe Einkünfte später), machen Riester tendenziell attraktiver. Trotzdem: Die niedrigen Renditen für die realistischeren Musterfälle dürften die Gegner der Riester-Rente als Beleg dafür werten, dass sich Riester eben doch nicht lohnt: So geringe Renditen? Lächerlich!
Tatsächlich sollten Sparer bei der Altersvorsorge darauf achten, aus ihrem meist knappen Einsatz möglichst viel herauszuholen. Ob ihnen dafür die in Aussicht gestellten Renditen reichen, muss jeder - auch mit Blick auf die eigene Risikobereitschaft - selbst beantworten. Andere Riester-Produkte, wie Riester-Fondssparpläne, bieten zumindest eine größere Chance auf höhere Renditen bei gleichzeitig etwas größerem Risiko.
Dass dieses Risiko durch die für Riester vorgeschriebene Garantie, dass zu Ruhestandsbeginn alle Einzahlungen als Guthaben vorliegen müssen, begrenzt wird, ist allerdings nicht unbedingt ein Vorteil. Sparer haben mit dem freien Sparen abseits von Riester, etwa mit Ratensparplänen auf Indexfonds, bessere Renditechancen. Wollen sie später dann unbedingt eine lebenslange Rente kassieren, können sie zu Rentenbeginn immer noch eine Sofortrente gegen Einmalzahlung abschließen.
Und die Debatte, ob sich Riester lohnt, schauen sich die Sparer dann entspannt von der Seitenlinie an.