Rohstoffe Wie Anleger von steigenden Agrarpreisen profitieren

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Grafik: Entwicklung von Wltbevölkerung, Molkereiprodukten und Grundnahrungsmitteln seit 1990

Spekulanten an den Agrarbörsen schaffen es nicht, bestehende Trends zu drehen. Sie springen aber auf einen bestehenden Trend auf und können ihn verstärken – dies durchaus in beide Richtungen. Aktuell signalisieren die Futures auf den Terminmärkten für Mais, Kaffee, Baumwolle oder Zucker auf Sicht von zwölf und mehr Monaten eine Entspannung – und wehe dem Spekulanten, der sich hier dagegenstemmt und verliert.

Spekulanten wurden auch für den Anstieg des Reispreises verantwortlich gemacht. Dabei wird Reis an Terminmärkten kaum gehandelt. Im Dezember 2010 etwa wurden an der CBoT 700-mal mehr Orders auf Mais als auf Reis abgegeben.

In der Praxis wird das Reisgeschäft von einer Handvoll Händlern und den Regierungen Südostasiens kontrolliert. Nicht die Spekulanten gaben 2007 den Startschuss zur Reis-Rally, sondern die Regierungen. Die Philippinen, einer der weltweit größten Reisexporteure, horteten riesige Mengen Reis aus Angst vor Hungeraufständen. Thailand und Indien verhängten ein Exportverbot. Der Reispreis stieg weiter, in Ägypten und Kamerun kam es deswegen zu Unruhen. Als sich abzeichnete, dass genug Reis auf dem Weltmarkt war, er nur falsch verteilt war, leerten die Asiaten ihre Lager, und der Reispreis brach ein – ganz ohne Spekulanten.

Schwer kalkulierbare Faktoren

Ähnliches wiederholt sich aktuell in Nordafrika, wo Regierungen aus Angst vor weiteren Protesten jetzt Getreide einkaufen und so den Weizenpreis treiben.

Preise an den Agrarmärkten, und das macht die Spekulation riskant, werden von einer Unmenge schwer kalkulierbarer Faktoren bestimmt: Lagerbestände, Handelsbeschränkungen, politische Einflussnahme, Veränderung von Verbrauchsgewohnheiten. Dominierend aber sind Hitze, Frost und Niederschläge. "Ernteerträge werden zu 70 Prozent vom Wetter beeinflusst", sagt Ralf Oberbannscheidt, Geschäftsführer des Vermögensverwalters Global Thematic Partners.

So geht der jüngste Preisanstieg bei Weizen auf Ernteausfälle nach der Dürre in Russland und den Überschwemmungen in Australien zurück. Trockenes Wetter in Südamerika und dem Westen der USA könnten die Knappheit weiter verschärfen. Die Wetterereignisse stehen im Zusammenhang mit dem Phänomen La Niña, das durch niedrige Temperaturen an der Meeresoberfläche ausgelöst wird.

Knappheit durch Biosprit

"La Niña sorgt im westlichen Pazifik für starke Regenfälle und Trockenheit in Südamerika und ist so stark wie etwa seit 40 Jahren nicht mehr", sagt Eliane Tanner, Rohstoffanalystin bei der Schweizer Bank Sarasin.

Klimaforscher sagen generell eine Zunahme von Dürreperioden, Überschwemmungen und Stürmen voraus, begleitet von Ernteausfällen und Transportproblemen.

Die Bekämpfung von Klimaveränderung führt zu neuen Knappheiten: Für eine 100-Liter-Tankfüllung eines Geländewagens mit Ethanol etwa werden 240 Kilogramm Mais benötigt. Damit könnte ein Mensch ein Jahr lang ernährt werden. Wird er aber nicht, weil höhere Energiepreise und Subventionen die Produktion von Biokraftstoffen immer weiter in die Höhe treiben. Die Agrarsupermacht Brasilien verarbeitet bereits die Hälfte ihrer Zuckerrohrproduktion zu Bioethanol, die USA rund 40 Prozent ihrer Maisernte.

Weltweit, vom deutschen Raps bis zum asiatischen Palmöl, entstehen problematische Monokulturen. Der Anbau von Nutzpflanzen für Energiezwecke konkurriert mit der Nahrungsmittelproduktion um das knappe Gut Boden – ein preistreibender und ethisch kaum vertretbarer Faktor.

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