Seat billiger, Jeep teurer So teuer wird die Auto-Versicherung 2018

Die Kfz-Versicherer passen ihre Tarife an die neuen Typ- und Regionalklassen an. Ungefähr jeder dritte Autobesitzer muss dabei mit einer Neueinstufung rechnen. Für wen es günstiger oder teurer wird.

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Schadenfreiheitsklasse Kfz-Versicherung. Quelle: Getty Images

Die Deutschen bewegen gut 40 Millionen Autos über die Straßen und jedes einzelne davon braucht eine Kfz-Versicherung. Der Gesamtverband der Versicherungswirtschaft (GDV) zählt dabei rund 27.000 verschiedene Fahrzeugtypen in 413 Zulassungsbezirken. Warum der GDV das zählt? Weil für die Höhe der Versicherungsbeiträge neben Faktoren wie dem Alter des Fahrers und dem Schadenfreiheitsrabatt entscheidend ist, welches Auto der Versicherte fährt und wo es zugelassen ist. Schließlich ist das Unfallrisiko bei einem 300-PS-Sportwagen größer als mit einem alten VW-Bully, zudem wird der Sportwagen in einer Großstadt tendenziell schneller geklaut, als im Dorf auf dem Land.

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Der GDV legt deshalb jedes Jahr die sogenannten Typ- und Regionalklassen neu fest und stellt diese Liste den Kfz-Versicherern zur Verfügung. Die Klassen weisen dabei jedem Fahrzeugtyp und dem Wohnort des Autohalters Risikostufen zu. Zwar sind die Einstufungen dort unverbindlich, aber alle Versicherungen orientieren sich daran, um das Schadenrisiko für jedes versicherte Auto in der Beitragskalkulation zu berücksichtigen. Die nun in den vergangenen zwei Wochen veröffentlichten, neuen Typ- und Regionalklassen, ändern somit den Versicherungsbeitrag bei etwa jedem dritten Autofahrer – oft nur geringfügig, manchmal aber doch erheblich, vor allem wenn ein Fahrzeugtyp oder eine Region gleich um mehr als eine Stufe nach oben oder unten geändert werden.

Da die Kfz-Versicherungen in aller Regel bis zum Jahresende laufen und die neuen Typ- und Regionalklassen ab dem 1. Januar 2018 gelten, ändert sich für etwa jeden dritten Autofahrer durch die Neusortierung mit dem Jahreswechsel auch der Versicherungsbeitrag. Versicherte können bei Kündigung ihres Vertrags bis spätestens zum 30. November für das kommende Jahr auf einen anderen Versicherungstarif ausweichen, sollte ihnen der alte Tarif zu teuer werden. Davon abgesehen haben Autofahrer ein Sonderkündigungsrecht mit einmonatiger Frist, sofern die Versicherung die Beiträge erhöhen will und dies schriftlich schon mitgeteilt hat. Dem Wechsel in eine günstigere Versicherung steht also nichts im Wege

Die niedrigsten und höchsten Typklassen der Kfz-Versicherer

Haftpflicht teuer, Kasko billiger

Die neuen Typklassen, die der GDV Anfang September bekannt machte, stellen die Tarifwelt zwar nicht auf den Kopf, bringen jedoch bei mehr als einem Viertel der aufgeführten 27.000 Fahrzeugtypen Änderungen mit sich. Für eine Hälfte der Autos mit neuer Typklasse wird es teurer, für die andere Hälfte billiger.

Der Grund für die Änderungen liegt in den Schadenfällen der vergangenen drei Jahre. Haben sich Schadenhäufigkeit und Schadenhöhe bei einem Autotyp geändert, passt der GDV die Typklasse für Haftpflicht, Teilkasko oder Vollkaskoversicherung an. So kann es auch vorkommen, dass die Typklasse eine Autos für die Haftpflichtversicherung deutlich steigt, die Versicherung aber in der Vollkasko günstiger wird, weil zwar mehr Haftpflichtschäden vorkamen, aber weniger selbst verschuldete Unfälle.

Ein Beispiel dafür ist der Jeep Renegade 1,4 T. In der Kfz-Haftpflicht wurde der Renegade gleich um drei Klassen heraufgestuft. In der Vollkasko ging es aber um eine, in der Teilkasko sogar um zwei Klassen runter. Ob die Kfz-Versicherung für den Renegade unter dem Strich tatsächlich teurer wird, hängt vom Versicherungsumfang und von den Tarifangeboten einzelner Versicherer ab.

Aufgepasst beim Wohnsitzwechsel

Das Vergleichsportal Check24 hat einige Beispielrechnungen angestellt. Demnach verteuert sich die Haftpflichtversicherung für den Renegade im Durchschnitt (Stand 6.9.2017) um stolze 22 Prozent, im Beispielfall sind das 86,13 Euro im Jahr, vorausgesetzt andere Tarifmerkmale ändern sich nicht und es gibt keine Voll- oder Teilkasko.

Die größten Änderungen bei den Kfz-Typklassen

Im ungünstigsten Fall (Mercedes C 180 Coupé mit Haftpflicht und Vollkasko), wird die Kfz-Versicherung um knapp 300 Euro teurer, was einer Beitragserhöhung um 21 Prozent entspricht. Der Grund: Beim Mercedes wurde die Vollkaskotypklasse um zwei Stufen angehoben, außerdem ging es auch in der Haftpflicht um eine Stufe nach oben. Die starke Änderung der Risikoeinstufung in der Vollkasko schlägt beim teuren Mercedes voll durch.

Günstiger wird es hingegen beispielsweise für Fahrer eines Audi Avant 2.0 TDI. Für ihn ging es in der Haftpflicht gleich um drei Stufen runter, bei Teil- und Vollkasko gelten weiter die alten Risikoklassen. Im Musterfall wird dadurch die Kfz-Versicherung für den Diesel-Kombi um 20 Prozent oder 77,71 Euro im Jahr günstiger. .

Vorteilhafter sind aber Herabstufungen in den teuren Vollkaskotarifen. Beim Seat Leon St 1.4 TSI etwa senkte der GDV die Risikoklasse in der Vollkasko gleich um drei Stufen, zusätzlich ging es auch bei der Haftpflicht um eine Stufe runter. Ergebnis: Die Kfz-Versicherung wird um knapp 200 Euro und damit um 22 Prozent billiger.

Die Deutschen versichern sich gegen alle möglichen Risiken. Kommt es zum Schadensfall, gibt es aber oft ein böses Erwachen – es fließt weniger Geld als erwartet. Meistens hätten die Versicherten damit rechnen können.
von Andreas Toller

Nach Berechnungen des Vergleichsportals Verivox kann eine Änderung der Typklasse um zwei Stufen den Versicherungsbeitrag um rund 15 Prozent erhöhen, sowohl was die Kfz-Haftpflicht, als auch was eine Vollkaskoversicherung angeht. Wer genau wissen will, wie die Typklassen seines Fahrzeugs lauten, kann das Abfragetool des GDV nutzen. Gut für Versicherte: Jede Typ- und Regionalklassenänderung hat ein Sonderkündigungsrecht für den Kunden zur Folge.

Regionalklassen: Aufgepasst beim Wohnsitzwechsel

Ebenfalls 200 Euro im Jahr kann sich eine Kfz-Versicherung verteuern oder verbilligen, wenn sich die Regionalklasse ändert. Hier sortiert die Versicherungsbranche Städte und Gemeinden nach ihrem regionalen Schadenrisiko. Sind in einem Zulassungsbezirk in den vorangegangenen drei Jahren mehr Unfälle mit insgesamt höheren Schadensummen vorgekommen, steigt die Regionalklasse und die Versicherer verlangen entsprechend höhere Beiträge. Dabei spielen aber nicht die Unfallorte die zentrale Rolle, sondern die Wohnsitze der Autofahrer sind entscheidend.

Große Unterschiede bei Kfz-Regionalklassen

Mit Beginn des kommenden Jahres ändern sich die Regionalklassen für neun Millionen Autofahrer. In 67 Bezirken verbessert sich die Regionalklasse, in 41 verschlechtert sie sich. Für 305 Zulassungsbezirke bleibt alles beim Alten. Autofahrer können sich die Regionalklassen auf den GDV-Seiten raussuchen, nach Bundesländern sortiert.

Die höchsten – und damit teuersten – Regionalklassen weisen die Großstädte auf. Aufgrund der Verkehrsdichte geschehen hier besonders viele Unfälle. An der Spitze stehen dabei die Autofahrer in Berlin. Die Hauptstadt erreicht sowohl in der Haftpflicht als auch in der Vollkasko die höchste Risikostufe und damit auch die höchstmögliche Regionalklasse.

Versicherungswechsel im November

Dem stehen besonders günstige Regionen in Brandenburg, Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern gegenüber. Als Region mit der niedrigsten Risikoeinstufung gelten etwa die Zulassungsbezirke Elbe-Elster in Brandenburg (Regionalklasse 1 in der Kfz-Haftpflicht) oder Wittmund in Niedersachsen (Regionalklasse 1 in der Vollkaskoversicherung). Zahl und Höhe der Versicherungsschäden liegen hier 30 Prozent unter dem Bundesdurchschnitt. Für Teilkaskoversicherte ist es in Bayern am günstigsten und am teuersten. In Bamberg ist der Schadenindex um 45 Prozent unter Durchschnitt, im Ostallgäu liegt er hingegen bei mehr als dem Doppelten des Durchschnitts.

Regionalklassen der Städte mit mehr als 300.000 Einwohnern

Ein Umzug in eine andere Stadt kann sich also auch beim Kfz-Versicherungsbeitrag deutlich bemerkbar machen. Nach Berechnungen von Verivox liegt zwischen der niedrigsten und der höchsten Regionalklasse ein Prämienunterschied von 145 Euro im Jahr bei der Haftpflicht (Beispiel eines Gold IV 1,6 Plus) und rund 230 Euro bei der Vollkasko. Demnach ist Berlin für Vollkaskoversicherte 74 Prozent teurer als das thüringische Nordhausen, bei der Haftpflicht zahlen Berliner sogar 88 Prozent mehr. Das Vergleichsportal Check24 kommt bei der Vollkaskoversicherung je nach Kundenprofil auf Preisunterschiede zwischen 26 und 46 Prozent.

Versicherungswechsel im November

Wer seinen Umzug plant oder ein anderes Auto kaufen will, kann sich natürlich auch vorher bei seiner Versicherung erkundigen, ob und wie sich das auf die Versicherungsbeiträge auswirkt und das in seine Überlegungen einbeziehen. Dabei dürfen Kfz-Versicherte aber nicht vergessen, dass es im Schnitt um die fünfzig Kriterien gibt, die die Beitragshöhe bestimmen. Dazu gehören neben den Typ- und Regionalklassen vor allem Alter und Fahrerfahrung des Autohalters, die Frage, ob auch andere Personen das Fahrzeug nutzen, die Höhe der Schadenfreiheitsrabatte, der Stellplatz des Autos und etliche mehr. Sich nur auf Typ- und Regionalklassen zu fokussieren, springt also zu kurz. Vielmehr geht es darum, bei der Suche nach einer günstigen Versicherung auch genau darauf zu achten, wie umfangreich die Versicherungsleistungen sind und ob Voll- oder Teilkaskoschutz überhaupt sinnvoll sind.

Wer nach einem günstigeren Tarif sucht, sollte aber bis November warten. Rechtzeitig zum Beginn der Kündigungsfrist am 1. November haben nämlich viele Versicherer besondere Angebote im Programm, die speziell auf wechselwillige Versicherungskunden abzielen. Dann werden viele Autofahrer feststellen, dass sie auch ein paar hundert Euro sparen können, wenn sie den Anbieter wechseln – ganz ohne Leistungsverzicht und bei gleichbleibender Typ- und Regionalklasse.

Zehn nützliche Tipps zur Autoversicherung

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