Streit mit der Versicherung Versicherer drücken sich um Zahlungen

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Enttäuschung zu Rentenbeginn

Streit um die Altersvorsorge

Streit gibt es häufig, wenn bei Ablauf einer Kapitallebensversicherung viel weniger ausgezahlt wird als erwartet. Versicherungsvertreter werben Kunden gern mit dem Hinweis auf hohe Überschüsse in der Vergangenheit. Doch die sagen wenig darüber aus, ob der Versicherte auch in Zukunft mehr als die gesetzlich garantierte Auszahlungssumme erwarten kann. Meist steht das auch im Kleingedruckten. „Wenn aber nachweislich utopische hohe Zinsen versprochen wurden und diese nicht eingehalten werden, lässt sich der Vertrag anfechten“, sagt Höra.

Aufwendige Klagen gegen angeblich falsche Berechnungen der Überschüsse sind laut Höra selten erfolgreich. „Meiner Erfahrung nach wurde bei der Nachberechnung durch einen Sachverständigen noch nie eine gravierende Abweichung festgestellt.“ Verbraucherschützer Rudnik ergänzt: „Einen Fauxpas könnten sich die Lebensversicherer hier nicht leisten. Bei einer Ungenauigkeit könnte der Fehler in ihren mathematischen Modellen liegen und eine Nachberechnung aller Leistungen für alle Verträge erfordern.“

Auf mehr Geld klagen

Mehr Erfolg versprechen Klagen gegen zu wenig Geld bei vorzeitiger Kündigung: Wer seine Lebensversicherung vor Ende der Laufzeit kündigt, erhält meist deutlich weniger als die eingezahlten Beiträge zurück. Das liegt daran, dass in der ersten Sparphase ein Großteil der Beiträge in Verwaltungs- und Abschlusskosten fließt. Dass aber in den ersten Jahren die gesamten Prämien für die Gebühren draufgehen und der Kunde bei Kündigung keinen Cent erhält, hat der Bundesgerichtshof (BGH) im Jahr 2005 für unzulässig erklärt. Seitdem gibt es einen Mindestrückkaufswert (IV ZR 162/03, IV ZR 177/03, IV ZR 245/03). Für klassische Policen liegt dieser bei rund 50 Prozent des Sparanteils, also der Prämie minus Verwaltungskosten. Wer eine Fondspolice kündigt, erhält etwa die Hälfte des Fondsguthabens ohne Abzug der Abschlusskosten (IV ZR 321/05).

Versicherungen verweisen darauf, dass für Verträge, die vor der Jahrtausendwende zurückgekauft wurden, die Ansprüche bereits verjährt seien. Der Bund der Versicherten sieht das anders. Da Kunden erst seit dem Urteil des BGH von dem Mindestrückkaufswert wissen könnten, beginne die Verjährungsfrist 2005 noch einmal neu. Noch gibt es dazu kein Grundsatzurteil. Ein Kunde, der seine Police bei der Bayerischen Beamten Lebensversicherung (BBV) schon 1997 gekündigt hatte, klagte auf Anerkennung der Frist bis vor dem BGH. Kurz vor der Anhörung im Juni jedoch machte die BBV ein Angebot und stockte den Auszahlungspreis nachträglich auf den Mindestrückkaufswert auf. Zwei ähnliche Klagen gegen andere Versicherer laufen noch. Rudnik rät: „Wer seine Versicherung schon vor Jahren gekündigt hat, sollte ruhig noch einmal nachrechnen.“

Ohne Rechtsschutz

Neben der Lebens- birgt vor allem die Rechtsschutzversicherung Konfliktpotenzial. Viele Kunden unterschreiben eine Police erst, wenn bereits eine gerichtliche Auseinandersetzung droht – zum Beispiel, wenn sie vom Arbeitgeber eine Abmahnung bekommen oder feststellen, dass in ihrem Mietvertrag die rechtswidrige Klausel steht, dass bestimmte Räume alle drei Jahre renoviert werden müssen.

Doch dann ist es meist zu spät. Tritt der erste Rechtsverstoß vor Vertragsabschluss auf, zahlt die Versicherung nicht. Einige Versicherer pochen zudem bei Arbeitsrechts- oder Steuerrechtsstreitigkeiten auf eine zusätzliche Wartezeit von drei Monaten nach Vertragsabschluss. Stehen diese Fristen im Vertrag, helfen Beschwerden nicht.

Anders sieht es aus, wenn die Versicherung im Rechtsschutzfall nicht die gesamten Kosten übernehmen will. Wenn sich Versicherter und Prozessgegner vergleichen – die Prozesskosten werden dann üblicherweise geteilt – sperrten sich teilweise Versicherer, die Kosten zu übernehmen, berichtet Rembert Brieske, Anwalt aus Bremen mit Spezialisierung auf Rechtsschutz. In der Regel kommen sie damit aber nicht durch.

Ärger machen auch angeblich zu hohe Anwaltsgebühren. Für Anwälte gilt außergerichtlich ein Gebührenrahmen, den sie je nach Aufwand ausschöpfen können. Liegt die Rechnung am Ende über den Erwartungen der Rechtsschutzversicherung, versucht diese gern, die Kosten auf den Kunden abzuwälzen. Hier hilft nur eine detaillierte Auflistung der Tätigkeiten. Brieske: „Weisen die Anwälte nach, dass sie den Rahmen eingehalten haben, muss die Versicherung auch zahlen.“

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