




Zwischen dem gewünschten und dem realistischen Renteneintrittsalter liegt in Deutschland eine tiefe Kluft, wie aktuelle Ergebnisse der repräsentativen Studie des Direktversicherers Hannoversche zeigen, die von dem internationalen Marktforschungs- und Beratungsinstitut YouGov durchgeführt wurde. Über die Hälfte der Bundesbürger wünscht sich vor dem 60. Lebensjahr in Rente zu gehen, aber nur rund jeder Fünfte hält dies auch für realistisch.
Die wichtigsten Fakten zum Rentenpaket
Wer mindestens 45 Jahre in die Rentenversicherung eingezahlt hat, kann vom 1. Juli an ab 63 Jahren ohne Abschlag in Rente gehen. Begünstigt sind aber nur die Geburtsjahrgänge zwischen Mitte 1951 und 1963 - mit schrittweise abnehmendem Vorteil. Phasen vorübergehender Arbeitslosigkeit werden auf die Beitragsjahre angerechnet, nicht jedoch die letzten zwei Jahre vor Beginn der Frührente. Der Stichtag dafür ist jeweils der 61. Geburtstag. Selbstständige, die mindestens 18 Jahre lang Rentenpflichtbeiträge bezahlt und sich dann mindestens 27 Jahre freiwillig weiterversichert haben, können ab 63 ebenfalls abschlagfrei in Frührente gehen. Von der Regelung profitieren in vollem Umfang aber nur die Jahrgänge 1951 und 1952. Jeder spätere Jahrgang muss jeweils zwei Monate über den 63. Geburtstag hinaus arbeiten. Das Modell kostet zwischen 2 und 3 Milliarden Euro pro Jahr.
Etwa 9,5 Millionen Frauen, deren Kinder vor 1992 zur Welt kamen, bekommen Kindererziehungszeiten in der Rente künftig mit einem zusätzlichen Rentenpunkt honoriert. Pro Kind erhalten sie ab 1. Juli dann brutto bis zu 57 Euro monatlich im Westen, im Osten bis zu 53 Euro. Das entspricht einer Verdoppelung des bisherigen Betrages. Dies kostet etwa 6,5 Milliarden Euro pro Jahr zusätzlich.
Wer aus gesundheitlichen Gründen vermindert oder nicht mehr arbeiten kann, erhält brutto bis zu 40 Euro mehr Rente im Monat. Die Betroffenen werden so gestellt, als ob sie mit ihrem früheren durchschnittlichen Einkommen bis 62 - und damit zwei Jahre länger als bisher - in die Rentenkasse eingezahlt haben. Dies kostet zwischen 200 Millionen und 2,1 Milliarden Euro.
Um Frühverrentungen zu verhindern, sollen die bislang gedeckelten Mittel für Rehabilitationsleistungen dynamisiert werden. Dafür sind Mehrausgaben zwischen 100 und 200 Millionen Euro veranschlagt.
Nicht Teil des Pakets, aber von Union und SPD fest vereinbart ist, den Renteneintritt flexibler zu gestalten - und zwar auch nach Erreichen der gesetzlichen Regelaltersgrenze.
Die größte Gruppe der Befragten (44 Prozent) hält einen Renteneintritt bis 65 Jahre für realistisch, jeder Fünfte bis 67 und 14 Prozent nach 68.
Besonders realistisch scheint die jüngere Generation zu sein. Gerade zwischen 18 bis 24 Jahren gehen die Deutschen davon aus, dass sie auch ab einem Alter von 68 oder mehr noch weiter arbeiten müssen. Je jünger die Befragten sind, desto höher schätzen sie die Wahrscheinlichkeit ein, noch bis ins hohe Alter ihrer beruflichen Tätigkeit nachgehen zu müssen. Bezogen auf die Gesamtbevölkerung erwarten dies lediglich 14 Prozent. "Viele junge Menschen sind sich sehr bewusst, dass sie später in Rente gehen werden als ihre Eltern. Erstaunlich dabei ist, dass lediglich jeder Achte von ihnen keine oder nur sehr geringe Angst hat, zu wenig Rente zur Verfügung zu haben.
Die sieben größten Ängste der Deutschen
41 Prozent fürchten sich vor einer schlechten Wirtschaftslage.
Quelle: R+V-Langzeitstudie „Die Ängste der Deutschen“
43 Prozent sorgen sich vor Spannungen durch Ausländer.
Skeptisch bewerten die Deutschen die handelnden Politiker: 44 Prozent haben Angst, dass diese überfordert sind.
47 Prozent fürchten sich vor schweren Erkrankungen.
Rund 2,5 Millionen Pflegebedürftige gibt es in Deutschland – Tendenz steigend. Dementsprechend hoch ist auch die Besorgnis der Deutschen, im Alter anderen als Pflegefall zur Last zu fallen. Mit 51 Prozent liegt dieses Thema gemeinsam mit der Furcht vor Naturkatastrophen auf Platz 2.
Überschwemmungen durch Starkregen, Hagel, Stürme: Mit 51 Prozent liegt die Furcht vor zunehmenden Naturkatastrophen auf Platz 2 der Ängste-Skala – gleichauf mit der Angst vor Pflegebedürftigkeit.
Die Furcht vor steigenden Lebenshaltungskosten steht mit 58 Prozent an der Spitze.
Die fehlende Beschäftigung mit der Altersvorsorge führt zu Unkenntnis und leider in zu vielen Fällen zu einer dramatischen Unterschätzung des Handlungsbedarfs", sagt Oliver Gaedeke, Vorstand und Leiter der Finanzmarktforschung bei YouGov.
Deutschland
Dabei würden - gemessen an der Gesamtbevölkerung - 42 Prozent würden gerne bis 60 in Rente gehen, 38 Prozent bis 65. Auch die Höhe des Einkommens spielt beim Renteneintritt eine Rolle. Vielverdiener können sich eher einen späteren Renteneintritt vorstellen als diejenigen mit niedrigeren Haushaltsnettoeinkommen. Auffällig ist, dass fast jeder Zweite (49 Prozent) mit Realschulabschluss bereits bis zum 60. Lebensjahr in Rente gehen möchten, was lediglich jeder vierte Befragte für realistisch hält