Tagesgeld / Festgeld Fallstricke bei hohen Zinsangeboten

Die Zinsen auf Tagesgeld und Festgeld fallen. Einige Banken bieten aber noch attraktive Konditionen. Welche Risiken drohen, wo Geld sicher und gut angelegt ist.

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Lloyd-Sitz in Edinburgh Die Tochter Bank of Scotland geht in Deutschland auf Kundenfang Quelle: rtr

Klaus Bierle aus Frankfurt staunte nicht schlecht, als er in einer Vergleichstabelle für Tagesgeld-Zinsen über ein Angebot der Bank of Scotland stolperte. 4,5 Prozent versprachen ihm die Schotten. Bierle war skeptisch: „Ich ging davon aus, dass dies ein Ableger der Royal Bank of Scotland ist.“ Die war zuletzt in Schieflage geraten und musste mit britischen Staatsgeldern gestützt werden.

Mittlerweile weiß Bierle, dass die Bank of Scotland zur britischen Lloyds-Gruppe gehört und mit der Royal Bank of Scotland rein gar nichts zu tun hat. Mit ihrem schottischen Ableger geht die Lloyds-Gruppe aber tatsächlich in Deutschland auf Kundensuche.

Eine Kundenbetreuerin erklärte Bierle am Telefon die Hintergründe – auch, dass die Bank nur Mitglied im britischen Einlagensicherungssystem sei. Bis zu 50.000 Pfund, rund 53.000 Euro, sind im Fall von finanziellen Problemen abgesichert. Bierle ließ sich überzeugen und eröffnete im Internet ein Tagesgeld-Konto.

Solide Geldanlagen stehen in Zeiten der Finanzkrise hoch in der Sparergunst. Nach Berechnungen der DZ Bank dürfte die Sparquote in Deutschland 2009 auf 11,5 Prozent steigen, so hoch wie seit 15 Jahren nicht mehr. Allein im Oktober 2008, kurz nach der Pleite der US-Bank Lehman Brothers, flossen 37,5 Milliarden Euro private Anlagegelder auf Girokonten und in täglich verfügbares Tages- und längerfristig angelegtes Festgeld, 22-mal so viel wie im Oktober-Schnitt der vergangenen zehn Jahre. Um geschätzt 60 Milliarden werden deutsche Sparer ihre Einlagen 2009 aufstocken, auf insgesamt 1760 Milliarden Euro.

Zinsen über drei Prozent nur noch selten

Doch da der Leitzins der Europäischen Zentralbank (EZB), zu dem sich Banken Geld beschaffen können, in den vergangenen Monaten auf 1,5 Prozent gefallen ist, haben die Banken ihre Zinsangebote ebenfalls gestutzt. Besserung ist nicht in Sicht, die EZB hat weitere Zinssenkungen angedeutet. Viele Sparer sehen sich nun nach den letzten guten Angeboten um, laufen dabei aber Gefahr, Fallstricke zu übersehen.

Banken mit hoher Sicherheit bieten nur noch selten Zinsen von mehr als drei Prozent. Die Deutsche Bank preist ihr 18-Monats-Festgeld mit einem Jahreszins von 2,6 Prozent als „wirklich attraktives Zinsangebot“. Bei der Postbank kassieren Kunden für 2500 Euro nach einem Jahr 1,6 Prozent. Nur wer frisches Geld auf fünf Jahre fest anlegt, bekommt bis zum 31. März 4,2 Prozent pro Jahr. Direktbanken bieten nicht mehr: Immerhin noch vier Prozent auf Tagesgeld gibt es bei der ING-Diba, aber nur für Neuanlagen und nur bis Ende April. Danach sinkt der Zins nach derzeitigem Stand auf 2,25 Prozent.

Andere Banken locken mit Zinsturbo

Attraktive Angebote ohne Haken

Um den Zinsturbo zu zünden, müssen Sparer auf andere Banken ausweichen. Einzelne locken nämlich immer noch mit vier Prozent und mehr. Oft sind deren Namen aber nur wenigen bekannt. Das Lockangebot von Cortal Consors ist da die Ausnahme: Der Direktbroker zahlt Neukunden sechs Prozent auf Tagesgeld – aber nur bei gleichzeitigem Depotübertrag und zeitlich begrenzt. Immerhin ist das Geld über die deutsche Einlagensicherung geschützt, auch die deutsche Staatsgarantie für Sparguthaben greift.

Dieses Sicherheitsnetz gibt es bei einigen anderen Hochzins-Banken nicht. Sie bieten bis zu 4,8 Prozent auf Tagesgeld — ein Zinssatz, der aber kurzfristig geändert werden kann. Auf Zwölf-Monats-Festgeld gibt es bei NIBC Direct und Amsterdam Trade Bank noch knapp über fünf Prozent. Kunden von NIBC Direct, Amsterdam Trade Bank und Credit Europe Bank sind im Krisenfall aber nur über das niederländische Sicherungssystem geschützt. Dort wurde das abgesicherte Sparguthaben vor dem Hintergrund der Finanzkrise angehoben, von 20.000 auf 100.000 Euro, die nun pro Person und Bank geschützt sind. Bis Kunden ihr Geld bekommen, kann es im Fall der Fälle jedoch bis zu zwölf Monate dauern.

Hochprozentiges: Das Kleingedruckte im Vergleich

Sparer sollten sich über solche Banken daher gut informieren. In der Vergangenheit machte zum Beispiel der Mutterkonzern der NIBC Direct, die niederländische NIBC Bank, Schlagzeilen. Hinter ihr steht der Milliardär Christopher Flowers, der auch einen bedeutenden Anteil an der in Schieflage geratenen Hypo Real Estate hält. Flowers wollte die NIBC Bank 2007 eigentlich an die isländische Kaupthing Bank verkaufen. Die war im Herbst 2008 zahlungsunfähig. Der Deal scheiterte Anfang 2008. NIBC hat nach eigenen Angaben heute eine solide finanzielle Basis. Niels Nauhauser von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg rät bei Banken ohne deutsche Einlagensicherung zur Zurückhaltung: „Im Krisenfall kann es für deutsche Kunden kompliziert sein, an ihr Geld zu kommen.“ Wahrscheinlich gehe zwar alles gut – aber eben nur wahrscheinlich.

Mit mageren Zinsen abfinden wollen sich viele Kunden aber trotz des Wunschs nach Sicherheit nicht. Ein 36-Jähriger aus Rheinbach bei Bonn nutzt das geschickt aus. Unter dem Internet-Namen „Ferris Becker“ wirbt er Kunden für Banken, die für Neukunden eine Prämie zahlen. 25 Euro zahlte etwa die Mercedes-Benz-Bank, die noch Anfang des Jahres mit 5,4 Prozent auf Festgeld lockte. Über 20 Interessenten meldeten sich bei Becker. „20 Euro Prämie habe ich Neukunden zurücküberwiesen“, sagt Becker. Seinen echten Namen will er nicht gedruckt sehen: „Nicht jede Bank ist über diese Prämien-Geschäfte erfreut.“

Die Angebote der Autobanken waren nicht nur bei Becker der Renner. Vier Milliarden Euro Sparguthaben sammelte allein die Mercedes-Benz-Bank im Januar und Februar ein und steigerte ihre Einlagen im Vergleich zu Ende 2008 um mehr als 60 Prozent. Rund 38.000 Neukunden gewann sie in den zwei Monaten, fast so viele wie im gesamten Vorjahr. Etwa sieben Wochen lang nahm die Bank keine Kunden mehr auf, da die Betreuer überlastet waren. Auch die BMW-Bank musste angesichts von Milliarden-Neuanlagen einen Monat lang Neukunden ablehnen.

Autobanken stehen wieder Neukunden offen

Mittlerweile stehen die Autobanken zwar auch wieder Neukunden offen, doch die Zeiten besonders hoher Zinsen sind vorbei. Unter den Finanztöchtern der großen Autohersteller hat die Mercedes-Benz-Bank mit ihrem Zinssatz von 3,25 Prozent auf Zwölfmonats-Festgeld nun die Nase vorn. Auf Tagesgeld zahlen die Autobanken noch zwischen 2,4 und 3,0 Prozent. Nur auf neu angelegtes Geld und bis zum einem Gesamtwert von 30.000 Euro zahlt die VW Bank bis Ende Juni vier Prozent.

Gegen diese Angebote hat Verbraucherschützer Nauhauser nichts einzuwenden. Die Banken gehören der deutschen Einlagensicherung an, die Staatsgarantie gilt. Zumindest solche Anlagen seien auch sicherheitsorientierten Zinsjägern zu empfehlen. Wem das nicht reicht, der kann ja mit dem Teilen der Neukunden-Prämie seinen Jagdtrieb stillen.

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