Tagesgeld und Festgeld Die Angst vor dem Strafzins geht um

Seit dem Wochenende zieht die erste Bank ihren Kunden Geld ab, wenn sie ein größeres Sparguthaben auf ihr Konto tragen. Die Bankenaufsicht will sich aber nicht einmischen. Werden Deutsche fürs Sparen bestraft?

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Das Ende eines Sparschweins: Marktbeobachter warnen vor Negativzinsen bei Tagesgeldern. Quelle: getty images

So sieht der Alptraum der deutschen Sparer aus: Wer sein Geld bei der Bank anlegt, muss dafür zahlen. Genau diese Befürchtung wurde dieses Wochenende Realität. Die Deutsche Skatbank konfrontierte als erste deutsche Bank ihre vermögenden Kunden mit sogenannten negativen Zinsen bei Tagesgeldern.

Und prompt schlagen Marktbeobachter Alarm. Bundesbank-Vorstandsmitglied Andreas Dombret warnt die deutschen Banken vor der Einführung von solchen Strafzinsen mit deutlichen Worten. Verbraucher damit zu schrecken, wäre „negativ für die Sparkultur“, erklärte Dombret auf der Handelsblatt-Tagung zur Bankenaufsicht, die am Montag in Mainz stattfindet.

Eine Entwarnung für die Sparer kann der Bundesbanker aber nicht geben. Die Entscheidung, ob Negativzinsen eingeführt werden, liege bei jeder Bank allein. Denn kein Sparer hat ein Recht auf positive Zinsen. „Die Aufsicht wird sich hier nicht einmischen“, betonte Dombret. Ob und für welche Beträge deutsche Institute die von der Europäischen Zentralbank (EZB) verlangten Strafzinsen an die Kunden weiterreichten, sei völlig unklar.

Zuletzt war die Sparquote der Deutschen auf 9,2 Prozent gesunken. Anfang der neunziger Jahre lag sie noch bei 12,7 Prozent. Die genossenschaftliche Deutsche Skatbank hatte ein Tabu gebrochen. Sie verlangt seit Samstag für Tagesgelder über 500.000 Euro einen Strafzins von 0,25 Prozent, sieht davon aber Privatkunden kaum betroffen.

Nach den Vorstellungen des Raiffeisen- und Volksbanken-Verbandes BVR und des Sparkassenverbands DSGV soll der Tabubruch der Deutschen Skatbank ein Einzelfall bleiben. „Der BVR spricht sich weiterhin gegen negative Zinssätze für Einlagen von Privatkunden aus“, sagte eine BVR-Sprecherin vor wenigen Tagen. In Deutschland sei der Wettbewerb so intensiv, dass er Strafzinsen nicht zulasse, hatte ein DSGV-Sprecher gesagt.

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Asoka Wöhrmann, Chefanlagestratege der Deutschen Asset & Wealth Management, glaubt, dass das Beispiel der Skatbank trotz aller Warnungen Schule machen wird. „Das dürfte angesichts der Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank bald keine Seltenheit mehr sein“, sagte Wöhrmann der Welt am Sonntag. „Dann wird hoffentlich jedem klar, dass es sich nicht lohnt, immer mehr Geld auf Sparkonten herumliegen zu lassen.“

Auch Verbraucherschützer rechnen nicht damit, dass Millionen Sparern Negativzinsen für ihre Guthaben bei Banken und Sparkassen drohen. „Negativzinsen im großen Stil kann sich die Branche vor dem Hintergrund des Vertrauensverlustes durch die Finanzkrise nicht leisten“, sagte Christian Ahlers vom Verbraucherzentrale Bundesverband.

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Eine Lupe vergrößert das Wort Kontoauszug Quelle: dpa

Nach Einschätzung des obersten Vermögensverwalters der Deutschen Bank werden Strafzinsen auf Konten und Sparbüchern bald zur Normalität. „Einige wenige Banken berechnen ihren Kunden jetzt schon negative Zinsen“, sagte Wöhrmann. „Das dürfte angesichts der Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank bald keine Seltenheit mehr sein“.

Auch Max Herbst, Inhaber der FMH Finanzberatung, die regelmäßig die Konditionen von Sparkonten vergleicht, kann sich vorstellen, dass einzelne Banken dem Beispiel der Skatbank folgen. Das gelte vor allem für Konten mit hohen Tagesgeldanlagen ab einer Million Euro. „Diese sehr vermögenden Kunden möchten einfach nur Ihr Geld parken und das möglichst sicher“, sagt Herbst.

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Die deutsche Einlagensicherung der privaten Banken gebe eine Garantie dafür. „Auch Sparkassen und Volksbanken versprechen unbegrenzte Sicherheit“, sagt Herbst. Sehr Vermögende hätten angesichts der ohnehin niedrigen Zinsen kein großes Problem mit den Strafzinsen. „In Staatsanleihen könnte der Verlust innerhalb von Tagen wesentlich größer sein, das gilt auch für Geldmarktfonds“, erklärt Herbst.

Dem Normalsparer dürften Negativzinsen aber erspart bleiben. „Kunden mit geringeren Einlagen würden die Minuszinsen nicht klaglos hinnehmen und die Gelegenheit nutzen, zu einer faireren Bank zu wechseln“, sagt Herbst.

Wie die Kunden der Deutschen Skatbank reagieren ist bislang noch nicht bekannt. Bei dem Institut zahlen nur diejenigen Kunden den Strafzins, die mehr als 500.000 Euro auf dem Tagesgeld-Konto haben. Bei Girokonten gilt der Negativsatz für Summen über zwei Millionen Euro. Die kleine Direktbank aus Thüringen war bisher vor allem dafür bekannt, dass sie mit 4,8 Prozent einen der niedrigsten Dispo-Zinsen für die Konto-Überziehung verlangt. In einem anderen Bereich sind Strafzinsen schon marktgängig. Einem Bericht der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ zufolge erheben inzwischen auch Depotbanken Strafgebühren und treffen somit Anleger, die beispielsweise in Aktienfonds investieren.

Banken hätten einzelne Fondsmanager und Vermögensverwalter darüber informiert, dass sie nun negative Einlagenzinsen zahlen müssen - und zwar auf all jene Kundengelder, die die jeweilige Bank als Depotbank für die Investmentfonds verwaltet, berichtete die Zeitung unter Berufung auf ihr vorliegende Schreiben. In unruhigen Börsenzeiten halten manche Fondsmanager bis zu zehn Prozent der ihnen anvertrauten Gelder in bar - auf diese Gelder, die schnell Millionen ausmachen können, müssten sie Strafzinsen zahlen.

Mit Material von Reuters.

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