Tool der Woche – Strompreisvergleich Günstiger geht eigentlich immer

Wer sich noch nie aktiv für einen neuen Stromtarif entschieden hat, der zahlt mehr als nötig. Das Sparpotenzial ist enorm, gerade in der kurzen Frist. Worauf Verbraucher achten müssen – ein Selbstversuch zum Nachmachen.

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Wer den Stromanbieter wechselt, kann viel Geld sparen. Und einfach ist es obendrein. Quelle: dpa

Düsseldorf Am Anfang steht ein Schock: Mein Stromverbrauch ist mehr als doppelt so hoch wie der eines durchschnittlichen Single-Haushalts. Der Grund ist schnell gefunden: Wer wie ich sehr oft badet und dabei den etwas in die Jahre gekommenen Durchlauferhitzer regelmäßig zum Glühen bringt, muss sich nicht wundern. Wundern muss ich mich aber, als ich meinen Stromverbrauch in den Stromrechner auf Handelsblatt.com eingebe: Die mögliche Ersparnis ist riesig.

Damit geht es mir wie vielen. Experten zufolge zahlt mindestens ein Drittel der Haushalte in Deutschland zu viel für Strom. Wer wie ich noch nie den Stromtarif gewechselt hat, zählt auf jeden Fall drauf. Wer nämlich noch nie aktiv wurde, bezieht die Elektrizität aus der Grundversorgung. „Das Sparpotenzial ist enorm“, sagt auch Lundquist Neubauer von Verivox. Die Grundversorgung ist nämlich ein relativ teurer Tarif, den der Stromanbieter den meisten Kunden vor Ort garantiert. Auch wenn kein Vertrag zur Stromlieferung existiert, wird jeder Haushalt beliefert. Diesen Service lassen sich – wie in meinem Fall die Stadtwerke Düsseldorf – teuer bezahlen. Seine Nutzung sollte aber nur die Notlösung sein, denn man zahlt auf jeden Fall mehr als nötig.

Das soll sich bei mir jetzt ändern, schließlich kann ich meinen Anbieter frei wählen. Das geht übrigens schon seit der Liberalisierung des Strommarkts im Jahr 1998. Gut 75 Prozent aller Haushalte bleiben allerdings auch fast 20 Jahre nach Einführung dieser neuen Freiheit ihrem lokalen Grundversorger treu, ein Drittel nutzen den teuren Grundtarif. Heute gibt es dabei mehr als 1.000 Stromlieferanten, und jeder bietet im Durchschnitt mehr als zehn Tarife an. Da allein den Überblick zu behalten, ist natürlich völlig unmöglich. Aber dafür gibt es den Stromrechner im Internet.

Die Abfrage ist denkbar einfach: Postleitzahl plus jährlichen Verbrauch – den findet man auf der letzten Rechnung des Anbieters – eingeben, und schon geht es los. Die Überraschung ist groß. Mehr als 250 Euro könnte ich sparen, beim Top-Anbieter sogar gut 290 Euro. Das klingt super – und ist wirklich eine Menge Geld, wenn man bedenkt, dass ich aktuell gut 980 Euro jährlich zahle – fast 30 Prozent mehr. Ich bin begeistert.

Nur der Zusatz „im 1. Jahr“ macht mich stutzig. Denn in der Tat: bei genauem Hinschauen wird die monatliche Zahlung gar nicht wirklich günstiger. Ein paar Cent, maximal zwei Euro zahle ich weniger, manchmal muss ich aber auch mehr bezahlen. Eine Mogelpackung? Nein, der Wechsel lohnt sich trotzdem. Mit bis zu 220 Euro Sofortbonus lockt mich der neue Anbieter, auch mit einem Neukundenbonus werde ich geködert: Je nach Anbieter beträgt dieser bis zu 160 Euro. Diese Boni fallen mal höher und mal niedriger aus, und irgendwie komme ich bei den Top-Angeboten immer auf ungefähr dieselbe Summe: fast 300 Euro.



Ohne Bonus monatlich kräftig sparen

Spart man also vor allem nur durch Sofort- und Neukundenboni? Wie so oft heißt es: ins Kleingedruckte schauen. Die Boni gibt es nur bei Vertragsabschluss durch Neukunden. Nach einem Jahr zahle ich also wieder in etwa so viel wie aktuell. In einigen Fällen ist die monatliche Zahlung sogar einige Euro höher als bisher. Denn den Sofortbonus gibt es, wie der Name schon sagt, sofort aufs Konto; der Neukundenbonus wird erst bei der jährlichen Rechnung fällig.

Heißt im Klartext: Ich spare nur im ersten Jahr, oder genauer nach dem ersten Jahr – mit der Endabrechnung. Soweit, so gut; und dann? Dann wird es wieder teurer. Es sei denn, ich mache mich erneut auf die Suche nach einem günstigen Anbieter – und lasse mir einen neuerlichen Wechsel wieder fürstlich vergüten.

Aber es geht auch anders: Wem das ständige Anbieter-Hopping zu anstrengend ist, der nimmt unter „weitere Einstellungen“ in unserem Rechner einfach den Haken bei „Einmaligen Bonus in die Gesamtkosten einrechnen“ heraus. Die Ersparnis ist dann zwar deutlich geringer – rund 140 und 165 Euro bei den beiden besten Angeboten –, aber sie macht sich eben auch Monat für Monate bemerkbar, und das hoffentlich über das erste Jahr hinaus. Denn auch hier gilt die Preisgarantie nur für ein Jahr.

Das ist übrigens bei allen Angeboten in meiner Ergebnisliste so. Und der Preis ist auch innerhalb der zwölf Monate nur eingeschränkt garantiert. Eingeschränkt, da natürlich Steuern, staatliche Abgaben und Umlagen steigen könnten.

Bleibt die Frage: Mit oder ohne Bonus – wofür soll ich mich entscheiden? „Wer regelmäßig nach Ende der Laufzeit Angebote vergleicht, kann ruhig ein Angebot mit Neukundenbonus wählen“, sagt Neubauer. „Wer es bequemer mag und nicht so wechselfreudig ist, wählt einen Tarif ohne Neukundenbonus und mit geringem monatlichem Abschlag.“ Damit sei man aber nicht davor sicher, dass der Strompreis irgendwann steige. Doch darüber müsste der Anbieter informieren und ein Sonderkündigungsrecht einräumen. Außerdem: „Auch bei den heimischen Stadtwerken kann der Preis natürlich steigen.“


Eigentlich kann nichts schief gehen

Egal, wie ich mich entscheide: Ich muss noch nicht einmal meinen alten Versorger kündigen – das erledigt der neue Stromanbieter nämlich beim Wechsel in der Regel automatisch. Auch sonst läuft alles wie von selbst: „Technische Arbeiten oder gar ein neuer Zähler sind nicht erforderlich“, heißt es bei der Energieberatung der Verbraucherzentrale Bundesverband. „Es entstehen keine Wechselgebühren.“ Der Aufwand hält sich also in engen Grenzen.

Worauf muss ich noch achten? Auf eine möglichst lange Preisgarantie und begrenzte Anschlusslaufzeiten oder Bedingungen für Vertragsverlängerungen, raten Experten. Wer skeptisch ist, sollte auf die Kundenzufriedenheit und die Bewertungen im Vergleichsrechner achten. Das beruhigt, auch weil gilt: „Zufrieden ist man in der Regel vor allem dann, wenn der Strom fließt“, sagt Verivox-Experte Neubauer. „Und das tut er immer. Angst vor Versorgungslücken braucht kein Verbraucher zu haben.“

Aber kann wirklich nichts schief gehen? Was, wenn zum Beispiel der neue Billiganbieter pleitegeht? Die Verbraucherzentrale gibt Entwarnung: „Auch wenn sich der neue Anbieter einmal vom Markt zurückzieht oder in Konkurs fällt oder der neue Vertrag gekündigt wird: Die Lichter gehen nicht aus“, so die Experten. „Der Haushaltskunde wird in der Ersatzversorgung unverzüglich zu dem Grundpreis vom örtlichen Anbieter versorgt. Und es sind keine Strafentgelte zu befürchten.“ Der Wechsel ist also praktisch risikolos. „Wer nicht wechseln möchte, aber noch in der Grundversorgung ist, sollte zumindest bei seinem Anbieter nach einem günstigeren Tarif fragen“, so Neubauer. Einen solchen gebe es eigentlich immer.

Meine Entscheidung zumindest steht: Ich wechsele, nehme die Variante mit Bonus und schreibe den nächsten Wechseltermin gleich in den Terminkalender. Der Zeitaufwand ist im Vergleich zur Ersparnis wirklich minimal. Also: Fortsetzung folgt, in einem Jahr.

Ach so, und vielleicht lasse ich auch das ein oder andere Vollbad aus.

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