Vergleich Private Krankenversicherungen Günstige PKV-Tarife in schwierigen Zeiten

VerdecktVersicherer verbergen günstigere Tarife, mit denen Kunden Prämie sparen. Quelle: Getty Images

Die private Krankenversicherung steht weiter unter Druck. Sechs Gründe, warum es für Versicherte ungemütlicher wird – und was sie dagegen tun können.

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Heinrich Cordes*, 63, wünscht sich, er könnte die Uhr 20 Jahre zurückdrehen. Dann wäre der Kölner bei seiner gesetzlichen Krankenkasse (GKV) geblieben. Er aber wechselte – und zahlt so ein Viertel seines Nettoeinkommens als leitender Angestellter für die private Krankenpolice der DKV: 895 Euro monatlich. Zurück in die GKV kann er nicht. Dafür ist es zu spät. Jetzt bleibt ihm nur, auf Leistungen zu verzichten, um die Prämie zu drücken.

Die Versicherer benötigen jeden Euro. Denn es kommen kaum neue Versicherte nach. Bei 20 von 31 Krankenversicherern schrumpft oder stagniert die Zahl der Vollversicherten. Derzeit versichern sich noch 8,75 Millionen Deutsche privat, 226.000 weniger als 2011. Die hohen Prämien für ältere Versicherte schrecken ab. Ein 50-Jähriger zahlt im selben PKV-Tarif doppelt so viel wie ein 30-Jähriger. Anders als die gesetzlichen Kassen (GKV) kalkuliert die PKV ihre Prämien nach dem Krankheitsrisiko, das mit dem Alter steigt. Zwar bilden die Versicherer Rückstellungen, um Beitragszuschläge für Senioren zu begrenzen. Doch die reichen dafür oft nicht aus. „Es häufen sich bei uns Anfragen von Privatversicherten, die zurück in die GKV wollen“, sagt Dirk Steinmetz, Makler vom Fairsicherungsbüro in Berlin.

Gesetzliche Krankenversicherung wird attraktiver

2017 wechselten netto drei Mal mehr von der PKV zur GKV als noch 2016. Künftig könnten es noch mehr werden, denn die GKV wird attraktiver. Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) kündigte an, der Zusatzbeitrag könne 2019 stärker sinken als geplant. Zudem zahlen die Arbeitgeber künftig die Hälfte des Zusatzbeitrags (im Schnitt 0,9 Prozent des Einkommens). Arbeitnehmer und Rentner werden so um 6,9 Milliarden Euro jährlich entlastet.

Bei der PKV drohen dagegen höhere Beiträge wegen des Niedrigzinses. Denn mit dem Anlagezins sinkt auch der Satz, mit dem Versicherer Rückstellungen für künftige Leistungen abzinsen. Sie müssen daher mehr Geld aus den Beiträgen abzweigen. Experten rechnen mit Zuschlägen von bis zu drei Prozent auf die Prämien.

Umso wichtiger ist die Wahl des richtigen PKV-Tarifs. Das Analysehaus Softfair hat aus 220 Tarifkombinationen die besten herausgefiltert (siehe Tabelle zum Download). Wer sich privat versichert, sollte Beitragserhöhungen einplanen. Denn die Probleme der privaten Krankenversicherer werden sich zuspitzen.

1. Niedrigzins schmälert Erträge

Wie die Lebensversicherer haben die privaten Krankenversicherer ihr Geld vor allem in Zinspapiere investiert. Mit dem Niedrigzins sinkt die Rendite ihrer Kapitalanlagen: zuletzt von 3,5 auf 3,3 Prozent. Und die 3,3 Prozent schafften die Krankenversicherer nur, weil sie stille Reserven heben.

Auch die aber sind begrenzt, und so steigen die Prämien: Signal Iduna und LVM etwa heben bis zu 13 Prozent an, die Arag sogar bis zu 25 Prozent. Im Branchenschnitt zogen die Beiträge 2017 um 3,8 Prozent an, der höchste Zuwachs seit 2010.

Für Versicherte besonders ärgerlich: Weil Anbieter erst erhöhen dürfen, wenn die tatsächlichen Kosten die kalkulierten Ausgaben um einen fixen Prozentsatz übersteigen, steigen die Prämien meist sprunghaft.

2. Tarif-Wirrwarr schadet Kunden

Die PKV-Branche steht zwar nicht vor dem Aus, aber sie driftet auseinander. Das liegt vor allem an der unterschiedlichen Produktpolitik. In der PKV muss sich jeder Tarif selbst finanzieren. Je mehr Versicherte in einem Tarif sind, desto besser verteilen sich die finanziellen Risiken durch Kranke. Die Beiträge steigen langsamer.

Weniger VersicherteZahl der Vollversicherten in der PKV* * ohne ZusatzpolicenQuelle: PKV-Verband

Anbieter, die sich auf wenige, konservativ kalkulierte Tarife stützen, gewinnen daher Marktanteile. Marktführer Debeka beispielsweise erhöhte die Prämien in den vergangenen zehn Jahren im Schnitt nur um 2,9 Prozent (ohne Beamten-Tarife). Das liegt unter den 3,4 Prozent Beitragsplus der gesetzlichen Kassen. Debeka konnte den Marktanteil zuletzt von 26,6 auf 27,0 Prozent ausbauen. Im Softfair-Ranking sind gleich zwei Debeka-Tarife Klassensieger.

Anders sieht es bei Versicherern aus, die mit immer neuen Tarifen versuchen, ihr Neugeschäft zu pushen. Oft werden derartige Tarife schnell für neue Kunden geschlossen. Folge: Die Beiträge steigen sprunghaft, die Versicherer verlieren Marktanteile. So war es etwa bei der DKV und der Central. Beide verwalten viele Tarife mit wenigen Versicherten und relativ vielen Kranken. Marciano Koslowsky, Honorarberater von Maiwerk Finanzpartner in Köln, empfiehlt daher Anbieter mit wenigen Tarifen, so etwa die Alte Oldenburger und die Debeka.

3. Politiker stützen die GKV

Bisher sind fast alle Beamten in der PKV, weil die öffentliche Hand ihnen dafür Beihilfen zahlt. Das könnte sich ändern. Als erstes Bundesland unterstützt Hamburg seine Beamten seit 1. August, wenn sie sich in der GKV versichern. Eine pauschale Beihilfe ersetzt den Arbeitgeberanteil. Brandenburg, Bremen und Thüringen arbeiten an ähnlichen Modellen. Ohne Beamte, die rund die Hälfte aller Privatpatienten stellen, wäre die Vollversicherung der PKV bedroht. Gesetzliche Kassen frohlocken bereits. Barbara Steffens, Chefin der Techniker Krankenkasse in Nordrhein-Westfalen, sagte der „Rheinischen Post“, das Ende der PKV sei nur eine Frage der Zeit. Steffens war zuvor für die Grünen NRW-Gesundheitsministerin.

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