Vermögensschutz Gold - das bessere Geld

Währungskrise, Staatsbankrott, Inflationsangst – warum jeder Bürger Münzen und Barren besitzen sollte, welche Chancen Goldaktien bieten.

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Bundeskanzlerin Angela Merkel Quelle: dpa

Das Undenkbare wird denkbar: ein Aufbrechen der Europäischen Währungsunion. "Der Euro steht vor seiner stärksten Herausforderung, die er je zu bewältigen hatte", sagt Bundeskanzlerin Angela Merkel und fordert ein Vertragswerk, „in dem es in der Ultima Ratio sogar möglich ist, ein Land aus dem Euro-Raum auszuschließen“. Wann und wie die Europäer das hoch verschuldete Griechenland unterstützen, ist noch längst nicht klar. Michael Meister, finanzpolitischer Sprecher der CDU/CSU-Fraktion, empfiehlt Griechenland, sich zunächst an den Internationalen Währungsfonds (IWF) zu wenden. Jean-Claude Trichet, Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB), und der französische Präsident Nicolas Sarkozy wollen dagegen, dass die EU einspringt. Trichet hatte zuvor betont, dass er es für eine „absurde Hypothese“ halte, dass ein Land aus der Währungsunion austritt.

Dass die EU-Staats- und Regierungschefs sich am kommenden Freitag auf Zusagen einigen werden, ist unwahrscheinlich. Merkel will keine Ad-hoc-Entscheidung. 80 Milliarden Euro Neuverschuldung und ein bis Jahresende auf knapp 1,8 Billionen Euro anschwellender Schuldenberg dürften sie in ihrer Ablehnung von Hilfen bestärken.

Hyperinflation in zehn Jahren?

„Ich bin sicher, dass das System entweder zusammenbrechen wird oder dass ein oder mehrere Mitgliedstaaten austreten werden, was dann im Grunde auf dasselbe hinausläuft“, sagt Albert Edwards, Chefstratege der französischen Großbank Société Générale, einen Crash der Währungsunion voraus. Edwards ist bekennender Pessimist, aber einer, der schon oft recht behalten hat. Er glaube, dass im Grunde alle Regierungen pleite seien. Sie würden die Notenpresse wieder anwerfen und versuchen, sich via Inflation aus der Schuldenkrise zu retten. Das wahrscheinlichste Szenario ist für ihn "Hyperinflation mit Teuerungsraten von bis zu 30 Prozent", spätestens in zehn Jahren.

Besser als alle Währungen

Anleger bereiten sich auf dieses Szenario vor. In Frankfurt wird zunehmend über Banker gewispert, die sich Gold in den heimischen Tresor gelegt hätten. Zahlen stützen die Gerüchte: 2009 kauften Investoren weltweit 1775 Tonnen Gold – 50 Prozent mehr als 2008. Sie alle halten Gold für das bessere Geld, besser als Dollar, Euro, Pfund oder Yen. „Intelligente Menschen sehen schon, dass, wenn man die Geldmenge erhöht, eine Papierwährung gegenüber einer Währung, deren Menge nicht erhöht werden kann, verliert“, sagt Marc Faber. Der Investmentprofi, dessen "Gloom, Boom & Doom Report" bei Anlegern auf der ganzen Welt Kultstatus genießt, rät seit Jahren zum Aufbau einer eisernen Reserve in physischem Gold.

Dass die Lage ernst ist, bestreiten auch weniger pessimistische Naturen nicht. Peter Bernholz etwa, Professor Emeritus an der Universität Basel, der frühere Hyperinflationen untersucht hat. Alle seien das Ergebnis von gewaltigen öffentlichen Haushaltsdefiziten gewesen, die finanziert wurden durch Geld druckende Notenbanken. Die Schwelle zur Hyperinflation war stets erreicht, sobald Regierungen etwa 40 Prozent ihrer Ausgaben über neue Defizite finanzierten. 2009 hat die US-Regierung unter Präsident Barack Obama diese Schwelle überschritten. 2010 wird sie das erneut tun: Das Weiße Haus rechnet mit einem Defizit von gut zehn Prozent der US-Wirtschaftsleistung – etwa 40 Prozent der geplanten Regierungsausgaben.

Plakette auf dem Quelle: REUTERS

Die Schlüsselfrage ist: Wie lange werden Investoren den USA und anderen klammen Staaten zu den aktuell niedrigen Zinsen noch Geld leihen? Besitzern von US-Staatsanleihen bliebe schon nach Abzug der offiziellen, mehrfach durch Berechnungsänderungen gedrückten Inflationsrate nur eine reale Rendite von einem Prozent. Société-Générale-Stratege Edwards rät Anlegern von langlaufenden Staatsanleihen ab – aus guten Gründen.

Edwards ist ein Außenseiter, noch kaufen Anleger und Überschuss-Staaten weltweit – allen voran China – Staatspapiere. Selbst griechische Bonds gingen zuletzt gut weg, wohl auch, weil Anleger auf EU-Hilfen hofften. Sobald Investoren aber beginnen, den Regierungen die Kreditlinien zu kappen, bleiben denen nur noch die Notenbanken als Käufer der letzen Instanz.

Japan und Großbritannien mit dem Rücken zur Wand

Noch näher am Ruin als die USA ist Großbritannien. Die Bank of England dürfte die erste Zentralbank sein, die ihre Notenpresse erneut anwerfen wird, um die Inselwirtschaft über Wasser und die Londoner City spekulationsfähig zu halten. Auch Japan steht mit dem Rücken zur Wand. Die Staatsschulden konnten dort nur deshalb auf 200 Prozent der Wirtschaftsleistung anschwellen, weil Japans Sparer ihre Regierung fleißig finanzierten. Doch nun braucht die alternde Bevölkerung ihre Ersparnisse für den Ruhestand. Die Regierung wird sich nicht ewig billig finanzieren können. Sollten die Zinsen in Japan steigen, droht dort ziemlich rasch der Staatsbankrott – oder eine hyperinflationäre Abwärtsspirale des Yen.

Wer genau rechnet, sieht auch, dass die Regierungen der Industrieländer ihren Bürgern auch außerhalb ihrer Staatshaushalte ungedeckte Schecks auf die Zukunft ausgestellt haben. Dazu zählen künftige Renten- und Pensionsleistungen, deren Finanzierung in den Sternen steht. Addiert man all diese Verpflichtungen zu den Schulden und setzt diese Summe ins Verhältnis zur Wirtschaftsleistung (BIP), dann sind viele Industrieländer heute schon praktisch insolvent. In den USA betragen die Gesamtschulden gut 500 Prozent des BIPs, in der EU im Durchschnitt rund 450 Prozent, in Deutschland etwa 420 Prozent.

Gold-Skepsis überwiegt - noch

Sichtbar wird Insolvenz aber erst, wenn die Liquidität versiegt. In der Finanzkrise haben die Notenbanken demonstriert, dass sie beliebig Geld und Kredit schaffen können. Gefährlich wird es, wenn die vor allem im Finanzsystem gestaute Liquidität in Umlauf kommt, wenn Preise anziehen und Inflationserwartungen sich verfestigen. Dann wird sich die Umlaufgeschwindigkeit des Papiergelds schlagartig erhöhen, weil Menschen, weitere Inflation fürchtend, sich rasch von ihm trennen wollen. Spätestens dann wird die Investment-Nachfrage nach Gold steil ansteigen.

Noch, und das ist beruhigend für Gold-Anleger, steht die Masse dem gelben Metall kritisch gegenüber: "Gold, hören Sie auf damit, das hat doch keinen Nutzen." Christoph Bruns reagiert gereizt auf das Stichwort. Gold sei keine dynamische Anlageklasse, überhaupt kein Vergleich zu Aktien, sagt der ehemalige Star-Fondsmanager von Union Investment, heute Vorstand des Oldenburger Investmenthauses Loys. Genüsslich zitiert Bruns einen Spruch aus der Phrasenkiste von Warren Buffett: Auch der erfolgreichste Investor aller Zeiten sehe keinen Nutzen "in einem Metall, das irgendwo in Afrika aus dem Boden gebuddelt, danach eingeschmolzen und in Barren gegossen wird" – nur um dann in einem anderen Loch vergraben und teuer bewacht zu werden. „Jemand, der dies vom Mars aus beobachtet, würde sich am Kopf kratzen.“ Buffett-Verehrer Bruns wertet das zunehmende Interesse an Gold deshalb als „Aufmerksamkeitsanomalie“.

Grafik: Entwicklung von Papierwährungen im Vergleich zu Gold

Richtig ist: Gold ist kein Randthema mehr, ist vorgedrungen bis in die Spots der Billig-TV-Sender. Wenn sich dort Ex-Fußballmanager Reiner Calmund zu Gold äußert, geht es allerdings nur darum, wie man alte Klunker verkaufen kann – weil Gold ja gerade so teuer sei. Die wahre Bedeutung von Gold wird von Konsumenten und Anlegern weiter ignoriert. Auf den Punkt gebracht hat diese 1912 der legendäre US-Banker John Pierpont Morgan: "Gold ist Geld – und sonst nichts." Tatsächlich ist Gold seit Jahrtausenden konstanter Wertspeicher und deshalb auch stabiles Wertmaß. Es hat bisher noch jede Papierwährung, jeden Staatsbankrott und jeden Krieg überlebt. Gold ist an kein Schuldversprechen einer Regierung gebunden, Gold geht nie pleite. Nicht Gold gewinnt, es sind die Papierwährungen, in denen Gold gemessen wird, die den Bach runtergehen.

Gold bleibt konstant

Sicher, in den Achtziger- und Neunzigerjahren wurde der Status von Gold reduziert, auf den eines Rohstoffs, aus dem Juweliere Schmuck herstellen und Zahnärzte Kronen. Schuld daran war der Boom in den Jahren zuvor: Zwei Ölkrisen, steigende Staatsverschuldung und hohe Inflationsraten hatten in den Siebzigerjahren eine Flucht in Sachwerte ausgelöst. Beim Gold mündete diese Entwicklung in eine Spekulationsblase, die am 21. Januar 1980 bei einem Goldpreis von 850 Dollar platzte. Der Unterschied zu anderen Anlageblasen: Selbst wer zum Höchstkurs kaufte, hat bis heute kein Gold verloren. Viele Aktionäre, etwa vom Neuen Markt, können das von ihren Investitionen nicht behaupten.

Mit massiven Leitzinserhöhungen der US-Notenbank Fed unter ihrem damaligen Vorsitzenden Paul Volcker, heute Berater von US-Präsident Obama, endete Anfang der Achtzigerjahre die Phase hoher Inflationsraten. Finanzanlagen brachten danach wieder reale Vermögenszuwächse. Schuldenkrisen und Hyperinflation gab es auch damals, aber weit entfernt, in Bananenrepubliken. Daheim konnte man sich verlassen auf die Bundesbank, auf die Deutsche Mark, auf solide Schuldner und auf Aktien, die allem Anschein nach nur steigen konnten.

Gold als "ultimative Währung"

Grafik: Aufteilung des weltweit verwalteten Vermögens auf unterschiedliche Anlageklassen

Diese Epoche prägte eine ganze Generation von Anlageexperten, Ökonomen und Journalisten – und auch den erfolgreichen Fondsmanager Bruns. Doch die "Jahrhunderhausse"-Generation tut sich schwer daran, zu erkennen, dass sich die Zeiten geändert haben, dass Gold dabei ist, sich wieder als "ultimative Währung" zu etablieren, wie der ehemalige Fed-Chef Alan Greenspan einst formulierte.

Immer mehr Anleger erklären Gold zwar zu ihrer persönlichen Leitwährung. Doch noch sind sie eine Minderheit. Nur etwa ein Prozent des weltweit verwalteten Vermögens steckt direkt – oder indirekt über Fonds – in Gold. Das sei die eigentliche Anomalie, sagt John Embry. Der Chefstratege des kanadischen Vermögensverwalters Sprott Asset Management glaubt, dass die Mehrheit der Investoren die historische Gold-Hausse noch gar nicht erkannt habe. Vor zehn Jahren habe die begonnen – und sei lange nicht vorbei. Bevor dieser Aufschwung startete, durchlief Gold eine fast 20 Jahre andauernde Baisse. Von seinem Hoch bei 850 Dollar 1980 fiel der Unzenpreis bis auf 252 Dollar am 20. Juli 1999. Heute heißt dieses Tief von 1999 auch „Brown-Boden“, benannt nach dem jetzigen britischen Premierminister Gordon Brown. Der war damals Finanzminister und verschleuderte die Hälfte der britischen Goldreserven – zu Niedrigpreisen.

Der ehemalige Quelle: AP

Auch in Deutschland versuchten Finanzminister, Zugriff auf das Gold der Bundesbank zu bekommen. Sie scheiterten: Theo Waigel etwa, der 1997 die Goldreserven neu bewerten und mit dem Aufwertungsgewinn seine Neuverschuldung drücken wollte. Hans Eichel kritisierte 2004 die Bundesbank, weil sie nicht die ihr im Rahmen des internationalen Goldabkommens zugeteilte Option zum Verkauf von 120 Tonnen Gold ausschöpfte. Das sei kein verantwortungsvoller Umgang mit Volksvermögen. Im Nachhinein lag Eichel falsch: 2004 kostete eine Unze 380 Euro, heute 821 Euro.

Zuletzt geisterte das Bundesbank-Gold durch die Debatte um einen geplanten Europäischen Währungsfonds (EWF). Der könnte künftig nach dem Vorbild des IWF Euro-Staaten mit Zahlungsproblemen Kredite gewähren – und im Gegenzug Reformen einfordern.

Bundesbank gegen EWF

Merkel und Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble sind dafür, auch wenn die Kanzlerin wohl noch nicht weiß, woher das Geld für den Fonds kommen soll. Aus der Spitze der EZB dagegen dringen Disharmonien: Chefvolkswirt Jürgen Stark und Bundesbankchef Axel Weber lehnten einen EWF zunächst glatt ab, EZB-Direktoriumsmitglied Lorenzo Bini Smaghi sagte dagegen, es sei „wichtig, an solch einem Mechanismus zu arbeiten“.

Fester stehen die Reihen in der Frage, ob man nicht das Gold der Bundesbank in den Fonds packen könne. „Sollten sich die Pläne bestätigen, würden sie auf entschiedenen Widerstand der Bundesbank stoßen“, heißt es aus der Notenbank. „Das ist Unsinn“, so Merkels Sprecher Ulrich Wilhelm in Berlin. Gut so, sagt Jörg Krämer, Chefvolkswirt der Commerzbank. Wer jetzt an die Goldreserven gehen wolle, demontiere die Glaubwürdigkeit der Finanzpolitik: „Das Misstrauen der Menschen in diesen Zeiten ist hoch. Gold hat als letzter Stabilitätsanker wieder stark an Bedeutung gewonnen.“ Den zu beschädigen, sei gefährlich.

Bestände der Notenbanken und IWF sinken

Grafik: Konditionen für ausgewählte physische Goldanlagen

Viele westliche Zentralbanken, allen voran die Bank of England, begannen Anfang der Neunzigerjahre damit, ihre Goldbestände auf den Markt zu bringen. Das Gold stammt aus der Zeit, als Papierwährungen noch mit Gold gedeckt sein mussten. Die offiziell ausgewiesenen Bestände von Notenbanken und IWF schrumpften zwischen 1989 und 2008 um gut 6000 Tonnen.

Gerechtfertigt werden Verkäufe von Staatsgold bis heute damit, dass die Staaten ihre Währungsreserven breiter streuen müssten. Außerdem bringe Gold keine regelmäßigen Einnahmen im Vergleich zu verzinsten Papieranlagen. Die Notenbankverkäufe veranlassten viele Goldproduzenten, aus Furcht vor weiter fallenden Preisen immer größere Mengen ihrer zukünftigen Produktion vorab zu verkaufen. Das Goldangebot stieg. Zugleich ermöglichten die Notenbanken ausgewählten Geschäftsbanken ein lukratives Geschäft mit Gold: Die Banken leihen gegen eine minimale Gebühr Gold bei einer Zentralbank , verkaufen es am Markt und legen den Erlös verzinst an. Später kaufen sie das Gold wieder ein, um es der Zentralbank zurückzugeben – so die Theorie. Solange der Goldpreis fällt, ist das ein narrensicheres Geschäft. Verluste drohen, sobald der Goldpreis rasant steigt – oder wenn am Markt nicht genügend Gold aufzutreiben ist, um die Gold-Schuld bei der Notenbank wieder begleichen zu können.

Grafik: Wo das bisher auf der Welt geförderte Geld steckt

Im Leihgeschäft könne sie Einnahmen erzielen und somit einen Beitrag zur Deckung der Lagerkosten generieren, sagt die Bundesbank. Der Anteil des verliehenen Goldes an den gesamten ausgewiesenen Goldbeständen – zuletzt gut 3400 Tonnen mit einem Marktwert von 90 Milliarden Euro – bewege sich im niedrigen einstelligen Prozentbereich. Nachprüfen lässt sich das nicht: Der IWF hat den Notenbanken geraten, in ihren Bilanzen Gold und Goldforderungen nicht zu trennen. Dabei unterscheiden sich Goldforderungen aus verliehenem Gold in ihrer Qualität ganz erheblich von Goldeigentum. Gold bleibt, Goldforderungen aber können Not leidend werden. Die Notenbank von Portugal etwa verlor in den Achtzigerjahren 17 Tonnen Gold, als ihre Vertragspartnerin, die US-Investmentbank Drexel Burnham, in Konkurs ging.

Steckt also hinter den Aktionen der Notenbanken mehr als nur das Management der Reserven und die Finanzierung der Lagerkosten? Man muss nicht zu den für Verschwörungstheorien anfälligen Goldfanatikern gehören, um zu erkennen, dass ein steigender Goldpreis nachlassendes Vertrauen in Papierwährungen signalisiert – und dass weder Regierungen noch Zentral- und Geschäftsbanken daran ein Interesse haben.

Systematische Eingriffe in den Goldmarkt

Verkäufe und Leihgeschäfte sollten vor allem einen Anstieg des Goldpreises verhindern – oder ihn zumindest abschwächen, sagt Dimitri Speck. Der Entwickler von Handelssystemen für institutionelle Anleger trägt in seinem gerade erschienenen Buch mit dem Titel "Geheime Goldpolitik – Warum die Zentralbanken den Goldpreis steuern" Fakten zusammen, die belegen, dass seit den Neunzigerjahren systematisch in den Goldmarkt eingegriffen wird.

Zur Praxis der Goldleihe als Instrument zur Preisbeeinflussung äußerte sich zum Beispiel der ehemalige US-Notenbankchef Alan Greenspan am 30. Juli 1998 vor einem Senatsausschuss: "Auch können private Kontraktpartner das Angebot von Gold, einer weiteren Ware, die oft im Interbankenhandel gehandelt wird, nicht beschränken, denn die Zentralbanken sind bereit, Gold in steigender Menge zu verleihen, sollte sein Preis steigen."

Fed intervenierte gegen Gold

Fünf Jahre zuvor, am 18. Mai 1993, hatte Greenspan auf einem Treffen der US-Notenbank Fed über Goldverkäufe gesprochen, die einen Goldpreisanstieg verhindern sollten. Fed-Treffen werden protokolliert, die Protokolle nach fünf Jahren veröffentlicht. Im Protokoll des besagten Treffens entdeckte Speck ein Zitat von Greenspan über ein Gespräch mit seinem Vize David Mullins, der im Jahr darauf beim späteren Pleite-Hedgefonds Long Term Capital Management anheuerte. Von diesem Gespräch berichtete Greenspan den übrigen Kollegen: „Wenn wir es hier mit Psychologie zu tun haben, dann hat das Thermometer, das man zum Messen verwendet, einen Einfluss. Ich habe die Frage am Rande des Treffens mit Gouverneur Mullins aufgeworfen, was passieren würde, wenn das Schatzamt etwas Gold in diesem Markt verkaufte.“

Wenn der Goldpreis im aktuellen Umfeld nach oben ausbrechen würde, so Greenspan weiter, „wäre das Thermometer nicht nur ein Messgerät. Es würde fundamental die zugrunde liegende Psychologie beeinflussen“. Die Fed stand damals vor dem Problem, dass in einem schwachen wirtschaftlichen Umfeld die Inflationsrate zu steigen drohte. Steigende Goldpreise hätten zunehmende Inflationserwartungen signalisiert und so der Fed ihre Aufgabe – Inflation in Grenzen zu halten – zusätzlich erschwert. Speck: „Die Interventionen gegen Gold wurden eingeleitet, damit das Thermometer niedrige Werte aufweist – und kein Fieber.“

Grafik: Entwicklung von Invest- und Schmucknachfrage nach Gold

Mit ihren Markteingriffen legten die westlichen Notenbanken aber letztlich den Grundstein für die nach 2001 gestartete Gold-Hausse. Am Ende setzen sich die freien Marktkräfte stets gegen staatliche Eingriffe durch. Bei Gold zeigte sich dies zuletzt nach dem Zusammenbruch des 1944 gegründeten Währungssystems von Bretton Woods.

In diesem System fester Wechselkurse waren alle beteiligten Währungen an den Dollar gekoppelt. Die USA verpflichteten sich, jederzeit Gold zum festen Preis von 35 Dollar pro Feinunze Gold zu kaufen und zu verkaufen, der Dollar stieg zur wichtigsten Währung auf. Weil die Fed die Dollar-Geldmenge aber über den Goldbestand der USA hinaus erhöhte, konnten die USA Ende der Sechzigerjahre ihre Verpflichtung, Dollar-Reserven gegen Gold einzulösen, nicht mehr erfüllen. Die westlichen Notenbanken verkauften rund 3000 Tonnen, um das Verhältnis von Gold zu Dollar zu stützen.

Bernanke will "positive Inflation"

Das half nicht: Im August 1971 gab Präsident Richard Nixon das Ende der Einlöseverpflichtung bekannt. Die Schöpfung neuer Dollar wurde nicht mehr gebremst. Der Dollar wurde schwächer, der Goldpreis stieg im Gegenzug um bis zu 2300 Prozent.

„Seit 1992 ist eine Beschleunigung des Kreditwachstums die Standardantwort auf jeden befürchteten Abschwung der US-Wirtschaft“, sagt Investment-Profi Marc Faber. Wie das im Notfall abläuft, skizzierte der seit 2006 amtierende US-Notenbankchef Ben Bernanke in einer berühmt gewordenen Rede im November 2002 in Washington: „Wie Gold haben US-Dollar nur in dem Maß einen Wert, wie sie in ihrem Angebot strikt limitiert sind. Aber die US-Regierung hat die Druckerpresse, die es ihr ermöglicht, so viele Dollar zu produzieren, wie sie wünscht.“ Bernanke weiter: „In einem Papiergeldsystem ohne Edelmetalldeckung kann eine Regierung jederzeit die Ausgaben erhöhen und somit eine positive Inflation schaffen.“

US-Notenbank-Chef Ben Benanke Quelle: AP

Ein Mann, ein Wort. Bernanke hat es damit zur Person des Jahres 2009 ("Time") gebracht, Inflationspolitik trägt das akademische Gütesiegel "Quantitative Lockerung". Nur ändert das Siegel nichts daran, dass diese Politik für faktisch unlimitiertes Gelddrucken steht.

Bernanke und seine geistigen Verwandten bewegen sich im Widerspruch zu der Lehre der Österreichischen Schule der Nationalökonomie, deren Vertreter Ludwig von Mises bemerkte: „Es gibt keinen Weg, den finalen Kollaps eines durch Kreditexpansion ausgelösten Booms zu vermeiden. Die Frage ist nur, ob die Krise früher durch freiwillige Aufgabe einer weiteren Kreditexpansion kommen soll oder später zusammen mit einer finalen und totalen Katastrophe des Währungssystems.“

Grafik: Entwicklung offizieller/alternativer Inflation in den USA

Bernanke & Co. haben den zweiten Weg eingeschlagen, und sie werden nicht auf halber Strecke kehrtmachen – trotz aller Gedankenspiele über mögliche Strategien, die es den Notenbanken ermöglichen sollen, das locker geschöpfte Geld irgendwann wieder einzuziehen.

So überrascht es nicht, dass nun versucht wird, Inflationspolitik gesellschaftsfähig zu machen. IWF-Chefvolkswirt Olivier Blanchard ließ unlängst einen Versuchsballon los, indem er den Notenbanken nahelegte, statt rund zwei Prozent künftig etwa vier Prozent Inflation zuzulassen. Der unabhängige US-Statistiker John Williams ermittelt die Inflation noch mit den statistischen Methoden von 1980. Nach dieser Lesart wären die US-Verbraucherpreise im Januar 2010 im Jahresvergleich nicht um 2,6 Prozent, sondern tatsächlich um fast zehn Prozent gestiegen. Anleger tun gut daran, sich auf längere Sicht auf eine höhere Entwertung ihres Vermögens gefasst zu machen.

Der Produktion von Papiergeld sind keine Grenzen gesetzt, der Produktion von Gold dagegen schon.

Gipfel der Produktion

Noch überwiegt Werbung à la Calmund, die zum Tausch von Altgold in Papiergeld animieren will, gegenüber derjenigen der Goldanbieter, die zum Kauf von Barren und Münzen animieren wollen. Für Goldanleger ist das positiv – ein Zeichen dafür, dass sich bei Gold noch keine Anlageblase aufgebaut hat. Diese Gefahr besteht frühestens, wenn das breite Anlegerpublikum aufgesprungen ist.

Weit mehr Bedeutung als Altgold hat für das Goldangebot die Minenproduktion. Etwa zwei Drittel des jährlich angebotenen Goldes kommen neu aus dem Boden. Die Produktion aber geht, trotz des Preisanstiegs seit 2001, im Trend zurück. Aaron Regent, Chef des weltgrößten Goldkonzerns Barrick Gold, spricht deshalb schon von „Peak Gold“ – wie beim Öl könnte der Gipfel der Produktion schon überschritten sein. Es sei immer schwieriger, neues Gold aufzuspüren, sagt Regent.

Das Gold geht aus

Grafik: Entwicklung der Jahresfördermenge seit 1900

Wenn tatsächlich neue Vorkommen entdeckt werden, sind es solche mit sehr geringem Goldgehalt im Gestein.

In Goldbergwerken in Australien, Kanada und den USA verringerte sich der Goldanteil seit 1950 von durchschnittlich zwölf Gramm pro Tonne auf heute knapp drei Gramm pro Tonne.

Im einst wichtigsten Förderland Südafrika wurden 1970 noch 1000 Tonnen Gold gefördert, zuletzt waren es nur noch etwas mehr als 200 Tonnen. Der südafrikanische Geologe Chris Hartnady schätzt, dass die Produktion am Kap binnen zehn Jahren dauerhaft unter 100 Tonnen fallen wird.

Nach Angaben des US Geological Survey betragen die wirtschaftlich abbaubaren Goldreserven auf der Welt noch 47.000 Tonnen. Gemessen an der Förderung der Minen, reichten die noch rund 20 Jahre. Rechnet man dazu noch 53.000 Tonnen, die zu heutigen Preisen und mit heutiger Technik noch nicht förderbar sind, plus die geschätzt 165.000 Tonnen, die bisher auf der Welt gefördert wurden, kommt man auf 265.000 Tonnen.

Mehr Gold gibt es nicht auf der Erde – es sei denn, Warren Buffetts Marsmännchen schicken neues Gold auf den Planeten.

Aktien, Barren, Münzen

Grafik: Kennzahlen ausgewählter Goldaktien und Goldfördererfonds

Anleger können auch über Goldminenaktien Gold kaufen – Gold, das noch im Boden liegt. In einer Goldhausse steigt der Wert dieser Aktien noch stärker als der von physischem Gold. Das belegen die Zahlen aus dem Inflationsjahrzehnt der Siebzigerjahre. Damals gewannen die im US-Index S&P 500 notierten Goldaktien nominal 560 Prozent, nach Abzug der Inflation, also real, 250 Prozent. Besser schnitten damals nur Aktien von Ölservice-Gesellschaften ab. Für langfristig orientierte Anleger besonders interessant sind Minengesellschaften, die Zugriff auf langlebige Reserven in politisch stabilen Regionen bieten – und die sich nicht gegen fallende Goldpreise abgesichert haben. In dieses Profil passen die Giganten Barrick und Newmont.

Viele etablierte Goldproduzenten stehen allerdings vor dem Problem, ihre Reserven adäquat aufzufüllen. „Sie werden ihr Heil noch stärker als bisher im Zukauf von kleinen Wettbewerbern suchen“, prognostiziert Werner Ullmann. Der Chef des Rohstoff-Beratungshauses ERA Resources bevorzugt deshalb erfolgreiche Explorationsunternehmen, Minenentwickler und junge Produzenten, die Reserven und Produktion in den nächsten Jahren hochfahren können. In dem unübersichtlichen Markt die Spreu vom Weizen zu trennen erfordert viel Fachwissen. Für diese spekulativste Variante der Goldanlage empfiehlt sich deshalb ein eher klein dosierter Kauf eines aktiv gesteuerten Goldminenfonds.

Gold – der neue Standard

Unmittelbar Zugriff auf Gold aber haben Anleger nur über Barren und Münzen. Barren ab einem Gewicht von 100 Gramm und weltweit bekannte Anlagemünzen wie das 60 Millionen Mal aufgelegte Unzenstück des Krügerrand sind Basis jeder Goldanlage. Für sie zahlen Anleger bei seriösen Händlern wie Pro Aurum, Taurus Edelmetalle und Westgold beim Kauf einen Aufpreis zwischen zwei und fünf Prozent auf den reinen Goldwert. Nach einem Jahr Haltedauer wären Gewinne steuerfrei.

Mit Gold besicherte Wertpapiere dagegen unterliegen der 25-prozentigen Abgeltungsteuer – auch wenn der Emittent ihren Wert mit echtem Gold hinterlegt. Neben dem Steuernachteil stören auch 0,5 Prozent Gebühren, die den Goldanspruch Jahr für Jahr schrumpfen lassen.

Wenn Regierungen und Notenbanken es über Jahrzehnte versäumen, zu einem tragfähigen Währungssystem zurückzufinden, sucht sich der Markt einen eigenen Standard. Die Wahl des Marktes, darauf deutet vieles hin, ist auf Gold gefallen. Gut möglich, dass der Markt den Regierungen irgendwann keine andere Wahl mehr lässt, als zu einer Währungsordnung zurückzufinden, in der Gold wieder eine zentrale Rolle einnimmt.

IWF hat die Kontrolle über Gold verloren

Grafik: Bestandsveränderungen der offiziell ausgewiesenen Goldreserven von Zentralbanken und internationalen Organisationen

Notenbanken aus Ländern, deren Regierungen, Unternehmen und Bürger noch nicht in Schulden ertrinken und in denen keine ungedeckten Schecks auf die Zukunft ausgestellt wurden, bereiten sich auf diesen Tag vor. Große Schwellenländer wie Indien, China und Russland haben damit begonnen, ihre Währungsreserven durch den Kauf von Gold auf eine breitere Basis zu stellen. Ihre Käufe sorgten 2009 dafür, dass die offiziell gemeldeten weltweiten Goldbestände der Notenbanken erstmals seit 20 Jahren wieder gestiegen sind – per saldo um gut 390 Tonnen.

Wenn allein China den offiziell ausgewiesenen Goldanteil an seinen Währungsreserven auf den internationalen Schnitt von gut zehn Prozent bringen wollte, müsste es drei Jahresproduktionen der Minen aufkaufen. Deshalb dürften zukünftige Käufe lautlos abgewickelt werden. Durch die Ankündigung großer Goldkäufe würden diese Länder sonst den Preis in die Höhe treiben.

Hoffnungen dieser Staaten, noch einmal sehr viel preiswerter zum Zuge zu kommen, dürften sich allerdings auch nicht erfüllen. Die Ankündigung des IWF von Mitte Februar, 191,3 Tonnen Gold in den Markt zu geben, verpuffte ohne Wirkung auf den Goldpreis. Insgesamt will der IWF 403,3 Tonnen verkaufen. Aus der ersten Tranche sicherte sich im Herbst 2009 Indien 200 Tonnen, zwölf Tonnen gingen nach Mauritius und Sri Lanka.

Die westlichen Notenbanken und der von den USA kontrollierte IWF haben, so scheint es, die Kontrolle über den Goldpreis verloren.

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