
Wer nach Krankheit oder Unfall berufsunfähig wird, hat neben gesundheitlichen schnell auch finanzielle Probleme, wenn das Arbeitseinkommen auf Dauer fehlt. Glücklich kann sich schätzen, wer dann zu den Beziehern einer Berufsunfähigkeitsrente zählt. Aber das sind relativ wenige Arbeitnehmer.
Für die 42 Millionen Erwerbtätigen in Deutschland gibt es gerade mal 17 Millionen Policen gegen Berufsunfähigkeit (BU) - und die ist oft zu gering und erreicht nicht einmal Grundversorgungsniveau. Im Jahr 2012 wurden 250.000 BU-Renten mit einem Gesamtvolumen von 1,7 Milliarden Euro ausgezahlt. Zum Vergleich: Die gesetzliche Rentenversicherungen zahlten im gleichen Jahr 216 Milliarden Euro an Renten aus.
Das soll nach dem Willen der Bundesregierung besser werden. Denn Berufsunfähigkeit gilt unter Fachleuten als ein existenzielles Risiko, jeder Vierte wird im Laufe seines Arbeitslebens berufsunfähig. Vor allem für Familien mit nur einem Hauptverdiener und Immobilieneigentümer mit hohen Kreditlasten ist der Verlust des Arbeitseinkommens schnell mit drastischen Einbußen an Lebensqualität verbunden.
Die Hauptgründe für eine Berufsunfähigkeit
Die Mehrheit, nämlich 28,67 Prozent, wird wegen psychischer Erkrankungen wie Burnout berufsunfähig.
(Angaben mit Stand April 2013)
Auf Platz zwei der Erkrankungen, die die Deutschen vorzeitig aus dem Berufsleben wirft, sind Erkrankungen des Skeletts und der Muskulatur. Mehr als 22 Prozent können wegen "Rücken" nicht mehr in ihrem Beruf oder auch gar nicht mehr arbeiten.
15,51 Prozent nehmen ihre Berufsunfähigkeitsversicherung wegen nicht näher kategorisierter Krankheiten in Anspruch.
Krebs und andere bösartige Geschwüre sind bei gut 15 Prozent der Grund für eine Berufsunfähigkeit.
Bei gut zehn Prozent sind Unfälle beziehungsweise deren Spätfolgen dafür verantwortlich, dass sie ihren Beruf nicht mehr ausüben können.
Bei fast acht Prozent aller Deutschen, die im letzten Jahr berufsunfähig wurden, spielten Erkrankungen von Herz und Gefäßen eine Rolle.
Dass die Abdeckung mit BU-Policen unzureichend ist, wollte die Bundesregierung eigentlich mit staatlicher Förderung bekämpfen. Seit Januar 2014 gibt es die staatlich geförderte Berufsunfähigkeitsversicherung - mit strengen Kriterien für den Leistungsfall sowie an die Mindestleistungen im Fall einer Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit.
Allerdings ist seitdem nicht viel passiert. Vor allem wegen der hohen Anforderungen des Gesetzgebers an eine förderfähige BU-Police halten sich die Versicherer mit dem Angebot passender Tarife zurück. Gerade die Bedingung einer lebenslang auszuzahlenden BU-Rente sorgt - neben anderen Anforderungen des Gesetzgebers - dafür, dass die Versicherer keine passenden Versicherungsprodukte anbieten. Eine gewöhnliche BU-Versicherung hingegen zahlt nur bis zum Renteneintritt.
Die Ursachen für eine Berufsunfähigkeit 2008 und 2013
2013: 28,7 Prozent
2008: 20,6 Prozent
Quelle: Morgen & Morgen
2013: 22,7 Prozent
2008: 27,0 Prozent
2013: 15,1 Prozent
2008: 15,4 Prozent
2013: 10,1 Prozent
2008: 11,3 Prozent
2013: 8,0 Prozent
2008: 15,6 Prozent
2013: 15,5 Prozent
2008: 11,2 Prozent
Der Versicherungsmakler MLP schätzt, dass die förderfähigen Tarife nur für die doppelte bis dreifache Versicherungsprämie zu haben wären. Damit wäre der Versicherungsschutz für viele trotz höherer Leistungen einfach unerschwinglich. Die staatliche Förderung dürfte bei Gering- und Normalverdienern deutlich niedriger ausfallen als die höheren Beiträge im Vergleich zum Standard-BU-Schutz ohne Steuervorteil. Lediglich bei den hohen Einkommensgruppen mit hohem persönlichen Steuersatz könnte die Förderung auf Interesse stoßen, schätzen Experten.
Der erhoffte Ansturm auf die BU-Versicherer ist somit ausgeblieben, die Lücken in der Absicherung bleiben unverändert hoch. Vor allem Arbeitnehmer in riskanten oder gesundheitlich fordernden Berufen wie etwa Dachdecker oder Krankenschwestern bekommen eine BU-Police nur gegen Zahlung eines deutlich höheren Beitrags. Wer bei Abschluss der Police schon Vorerkrankungen hat, bekommt unter Umständen gar keinen Versicherungsschutz angeboten - oder nur gegen Zahlung eines hohen Aufschlags auf den Monatsbeitrag.