Versicherungen Kunden wollen mehr Bargeld schützen

Der Chef des Rückversicherers Munich Re hatte für Aufsehen gesorgt, als er sagte, das Unternehmen wolle Geldscheine und Gold horten. Tatsächlich klettert die Nachfrage nach Versicherungen für große Bargeldbestände.

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Vor allem der 1000-Franken-Schein ist beliebt, um Bargeld zu lagern. Quelle: dpa

Zürich Im März hatte Munich-Re-Chef Nikolaus von Bomhard für Aufsehen gesorgt. Der Versicherer bunkere einen zweistelligen Millionenbetrag in bar, um den negativen Einlagezinsen der Europäischen Zentralbank (EZB) zu entkommen. „Wir probieren das jetzt einfach mal aus. Daran sehen sie, wie ernst die Situation ist“, sagte er. Auch Gold solle in den Tresor gelegt werden.

Was einst ziemlich skurril wirkte, entwickelt sich langsam zur Norm in einer Zeit negativer Zentralbank-Zinsen. Banken und Versicherungen, die bei der EZB Geld parken, zahlen 0,4 Prozent Einlagezins statt Geld dafür zu kassieren. In der Schweiz liegt der entsprechende Zins sogar bei minus 0,75 Prozent. In der Schweiz schließen immer mehr Unternehmen Versicherungen ab, um ihre Bargeldberge vor Diebstahl oder Schaden zu schützen.

„Aufgrund des tiefen Zins-Niveaus stellen wir eine höhere Nachfrage nach Versicherungslösungen für das Einlagern von Bargeld fest“, sagte Philipp Surholt von Zurich Insurance. „Die angefragten Versicherungssummen bewegen sich im Rahmen von 100 bis 500 Millionen Franken.“

Die Schweizerische Nationalbank (SNB) hatte Anfang 2015 Zinsen unter null eingeführt. Damit verlangt sie praktisch Geld von den Finanzkonzernen für überschüssige Einlagen. Viele Banken wie UBS und Credit Suisse haben zumindest einen Teil der Belastungen an vermögende Kunden wie Asset Manager oder große Unternehmen weitergereicht. Wie viel genau, das legen die Banken nicht offen.

Die SNB versucht zwar, die Aufwertung des Franken zu begrenzen. Doch negative Zinsen entwickeln Nebeneffekte, welche über einen längeren Zeitraum die Vorteile aufwiegen können. Das Risiko beschäftigt möglicherweise die SNB-Währungshüter, wenn sie sich am Donnerstag zur Beurteilung der geldpolitischen Lage treffen. Volkswirte erwarten, dass sie den Zinssatz bei minus 0,75 Prozent belassen werden - das niedrigste Niveau unter allen wichtigen Notenbank.

„Das Dilemma der SNB ist, dass sie es nicht jedem recht machen kann“, sagte Alexander Koch, ein Volkswirt bei der Raiffeisen Schweiz. „Bei ihrem Versuch, das Beste für die Schweizer Wirtschaft herauszuholen, hat sie auch Verlierer und Kollateralschaden verursacht.“


1000-Franken-Schein gut zum Horten geeignet

Helvetia berechnet nach eigenen Angaben rund 1000 Franken (912 Euro) pro Jahr, um 1 Millionen Franken zu versichern. Das ist nur ein Bruchteil jener 7500 Franken, die ein Unternehmen für das Parken desselben Betrags pro Jahr bei einer Bank zahlen würde - vorausgesetzt, die Bank reicht die vollen Kosten weiter. Doch die Summe beinhaltet nicht die Logistik-Kosten wie etwa den Transport sowie Sicherheitsvorkehrungen wie verstärkte Wände, Wachmänner und Alarmsysteme.

Roberto Brunazzi, Sprecher von Baloise, berichtete, dass sein Unternehmen seit langem derartige Policen anbietet, „doch es hat einen merklichen Anstieg gegeben und jetzt wird es alltäglich“.

Das Festhalten der Schweiz an Banknoten mit hohem Nennwert trägt zum Anreiz des Selbstlagerung von Barmitteln bei: Rund eine Million Franken bestehend aus 1000-Franken-Scheinen können in eine kleine Kiste passen.

„Verbraucher werden bislang von den negativen Zinsen verschont“, sagte Oliver Adler, Volkswirt der Credit Suisse, unlängst in einem Interview mit Bloomberg Television. „Große institutionelle Investoren mussten zahlen. Aber im Gesamtkontext ist es nicht dramatisch.“

Fürs Erste hat die SNB nach eigenen Angaben keine Belege für ein breites Horten von Bargeld in der Schweiz gesehen.

Die Politik der negativen Zinsen sei notwendig und funktioniere, sagte SNB-Vize-Präsident Fritz Zurbrügg vor kurzem in Lugano, wie Corriere del Ticino berichtete. Die Notenbank beobachte fortwährend die positiven und negativen Aspekte der Politik. Und derzeit sei sie der Überzeugung, dass die positiven Aspekte überwiegen würden.

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