Aber Zweifel sind durchaus angebracht. „Ein Berufsunfähigkeitsrisiko von 40 Prozent und mehr haut überhaupt nicht hin – schon allein, weil die besonders riskanten Berufe immer seltener werden. Kopfarbeiter mit deutlich niedrigeren Risiken sind hingegen auf dem Vormarsch“, sagt etwa Géza Huber, BU-Experte beim Bund der Versicherten. Er rät Berufstätigen, die mit einer BU-Police liebäugeln, diese Entscheidung nicht aufgrund von pauschalen Wahrscheinlichkeiten zu treffen.
Denn in der Tat fällt das Risiko, berufsunfähig zu werden, je nach Art der Tätigkeit sehr unterschiedlich aus. So werden etwa 52 Prozent der Gerüstbauer im Laufe ihres Arbeitslebens berufsunfähig. Bei Dachdeckern sind es 51 Prozent, bei Pflasterern 42 Prozent und selbst bei Krankenschwestern immer noch 38 Prozent. Zu den Berufen mit den geringsten Risiken gehören hingegen Physiker, Ärzte, Maschinenbau-Ingenieure, Rechtsanwälte oder Architekten. Ihr Risiko liegt nur zwischen 3,5 und sieben Prozent. „Die gefährdetsten Berufe sind die, deren Beschäftigungszahlen sinken“, sagt Huber.
Aber noch mehr Argumente sprechen dagegen, dass der Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung für jeden dringend zu empfehlen sei. Denn was in der Diskussion über das hohe Risiko nur allzu gerne ausgeblendet wird, ist die Tatsache, dass die meisten Betroffenen nur vorübergehend berufsunfähig sind. „Im Durchschnitt dauert eine Berufsunfähigkeit drei Jahre“, so Huber vom Bund der Versicherten. Auch das ist zwar nur eine statistische Größe, die den dauerhaft Berufsunfähigen nicht tröstet. Allerdings sollten potenzielle Versicherungsnehmer wissen, dass die Mehrheit der Versicherer eine BU-Rente überhaupt erst zahlen, wenn der Versicherte aller Voraussicht nach mindestens drei Jahre lang seinen Beruf nicht ausüben kann.
Wann Kunden den Vertrag kündigen dürfen
Versicherte sollten sich gut überlegen, wie lange sie sich an eine Gesellschaft binden. Wer trotzdem vorher aus dem Vertrag raus möchte, muss sich an das Versicherungsvertragsgesetz halten. Dort gibt es klare gesetzliche Regelungen, die aber je nach Versicherungssparte unterschiedlich ausfallen.
Sind keine Vertragslaufzeiten vereinbart, können Policen grundsätzlich von beiden Vertragsparteien – Versicherer und Versicherungsnehmer – nur für den Schluss der laufenden Versicherungsperiode (in der Regel das Kalenderjahr) gekündigt werden. Werden Policen nicht rechtzeitig in der Versicherungsperiode gekündigt, beträgt die folgende Vertragsperiode maximal ein Jahr. Ein Versicherungsvertrag, der für die Dauer von mehr als drei Jahren geschlossen worden ist, kann vom Versicherungsnehmer zum Schluss des dritten oder jedes darauf folgenden Jahres unter Einhaltung einer Frist von drei Monaten gekündigt werden.
„Sind laufende Prämien zu zahlen, kann der Versicherungsnehmer das Versicherungsverhältnis jederzeit für den Schluss der laufenden Versicherungsperiode kündigen.“ (§ 168 VVG). Zu den Lebensversicherungen zählen Kapitallebensversicherungen, Rentenversicherungen und Risikolebensversicherungen, die nur im Todesfall des Versicherten zahlen.
Im Falle der Kündigung durch den Versicherungsnehmer, ist ihm vom Lebensversicherer – dies trifft in der Regel für Kapitallebensversicherungen und die meisten Rentenversicherungen zu – dann ein Rückkaufswert zu zahlen. Die Regelung dazu ist im § 169 VVG festgelegt.
Es gibt nach der Einführung der aktuellen Gesundheitsreform, dem GKV WSG nur noch zwei Kündigungsrechte der Mitgliedschaft in der GKV. Einmal wegen des Wechsels von einer GKV zu einer anderen GKV zum anderen wegen des Wechsels von der GKV zur privaten Krankenversicherung (PKV). Die Kündigung ohne den Nachweiß einer neuen Krankenversicherung ist nicht mehr möglich.
Kündigung wegen eines Wechsels zu einer anderen Gesetzlichen Krankenkasse: Es besteht die reguläre Kündigungsfrist von zwei Monaten zum Monatsende, weitere Voraussetzung für eine Kündigung der GKV ist, dass die bisherige Mitgliedschaft bereits 18 Monate bei der bisherigen GKV bestanden hat. Wer also zum 01.04. seine Kasse wechseln möchte, muss spätestens im Januar zum 31.01. kündigen. Die alte GKV ist verpflichtet, diese Kündigung innerhalb von 14 Tagen zu bestätigen. Nach dem Wechsel der GKV, ist der Versicherte nach SGB V § 175 (4) 18 Monate an diese neue Kasse gebunden.
Wechseln dürfen nur Angestellte mit einem Verdienst oberhalb der Versicherungspflichtgrenze, Beamte, Freiberufler und Selbständige sowie Studenten. Für Angestellte hat sich seit 2011 die Wechselmöglichkeit in die PKV erleichtern. Zum einen können Angestellte bereits bei einmaligem Überschreiten der Pflichtgrenze (bisher drei Jahre in Folge) in die private Krankenversicherung wechseln.
Für die anderen Personengruppen existiert keine Einkommensgrenze. Damit können auch Berufsanfänger mit einem Gehalt oberhalb der Jahresarbeitsentgeltgrenze (kurz: JAEG. Für 2011: 49.500 Euro, für 2012 wird nun ein Anstieg auf 50.850 Euro erwartet) sofort in die PKV wechseln. Zudem können Selbständige, die in ein Angestelltenverhätlnis wechseln, mit einem Gehalt oberhalb der JAEG ihren PKV-Vertrag aufrecht erhalten.
Der Versicherungsnehmer kann den Vertrag, den er für die Dauer von mehr als einem Jahr eingegangen ist, zum Ende des ersten Jahres oder jedes darauf folgenden Jahres unter Einhaltung einer Frist von drei Monaten kündigen. Die Kündigung kann auf einzelne Tarife beschränkt werden.
Wird eine versicherte Person kraft Gesetzes kranken- oder pflegeversicherungspflichtig in der Gesetzlichen Krankenversicherung, kann der Versicherungsnehmer binnen drei Monaten nach Eintritt der Versicherungspflicht eine Krankheitskosten-, eine Krankentagegeld- oder eine Pflegekrankenversicherung sowie eine für diese Versicherungen bestehende Anwartschaftsversicherung rückwirkend zum Eintritt der Versicherungspflicht kündigen (näheres im § 205 VVG).
Der Versicherungsnehmer kann bei fast allen Sachversicherungen grundsätzlich nach jedem Versicherungsschaden sofort kündigen. Hier empfiehlt es sich aber, die Kündigung zwar sofort aber erst mit Wirkung zum Jahresende auszusprechen, um zuviel gezahlte Beiträge zurückerstattet zu bekommen.
Ebenfalls außerordentlich gekündigt werden kann beim Verkauf des versicherten Objektes. So muss kein Versicherungsnehmer beim Verkauf seines Autos erst bis zum Jahresende warten, ehe er seine Kfz-Versicherung kündigen kann. Hier gilt ein außerordentliches Kündigungsrecht zum Datum des Verkaufes.
Zudem besteht ein Sonderkündigungsrecht bei jeder Form von Erhöhungen der Versicherungsprämie (sofern die Erhöhung nicht über eine Progression vereinbart wurde).
„Bei Verletzung einer vertraglichen Obliegenheit, die vom Versicherungsnehmer vor Eintritt des Versicherungsfalles gegenüber dem Versicherer zu erfüllen ist, kann der Versicherer den Vertrag innerhalb eines Monats, nachdem er von der Verletzung Kenntnis erlangt hat, ohne Einhaltung einer Frist kündigen, es sei denn, die Verletzung beruht nicht auf Vorsatz oder auf grober Fahrlässigkeit.“ (§ 28 VVG).
Sonst können auch die Versicherer unter Einhaltung der Vertragslaufzeiten und Kündigungsfristen die Verträge grundsätzlich kündigen. Eine Ausnahme stellt die Krankenvollversicherung dar. Kündigungen vom Versicherer sind im Wesentlichen nur für Versicherungen möglich, die über dem Umfang des gesetzlich definierten Pflichtversicherungsschutz (Krankenvollversicherung, Pflegeversicherung) hinausgehen. „Eine Krankentagegeldversicherung, für die kein gesetzlicher Anspruch auf einen Beitragszuschuss des Arbeitgebers besteht, kann der Versicherer ... in den ersten drei Jahren unter Einhaltung einer Frist von drei Monaten zum Ende eines jeden Versicherungsjahres kündigen.“ (§ 206 VVG)
Eine private Krankenversicherung (PKV darf aber trotz der allgemeinen Versicherungspflicht in Sonderfällen einem Versicherten kündigen. Dies gilt bei arglistiger Täuschung, Betrug sowie anderen strafrechtlich relevanten Handlungen, so der Bundesgerichtshof (BGH). Der BGH gab damit der Klage der Continentale und der Hallesche Krankenversicherung Recht (Az.: IV ZR 50/11 und IV ZR 105/11).
Für Versicherte hängt das Für und Wider einer BU-Versicherung vor allem von der individuellen Kosten-Nutzen-Relation ab. Obwohl die Versicherungsbedingungen bei Berufsunfähigkeitsversicherungen in den vergangenen Jahren insgesamt verbessert wurden, gibt es laut Michelsen von MLP doch noch einige wichtige Qualitätsunterschiede. „Einige Tarife enthalten zum Beispiel die Option auf eine jährliche Steigerung der Rente im BU-Fall von drei Prozent, oder die Arztprognose zur Berufsunfähigkeit muss sich nur auf sechs Monate beziehen statt auf drei Jahre“, so Michelsen. Auch die vorübergehende Aussetzung der monatlichen Beiträge sei in einigen Tarifen möglich, ohne dass der Versicherungsschutz dauerhaft verloren gehe.
Ob ein potenzieller Versicherungsnehmer einen persönlichen Nutzen im BU-Schutz erkennt, hängt nicht zuletzt von der individuellen Lebenssituation, den veranschlagten monatlichen Ausgaben für die Police und vom Leistungsumfang des Versicherungstarifs ab. Denn ein Berufstätiger in den Mittvierzigern, der als Alleinverdiener eine Familie ernährt und die Raten für das Häuschen abstottert, kommt im Falle eines dauerhaften Verdienstausfalls viel schneller in die Bredouille, als der 30-jährige Single.