Derzeit trommeln die Versicherer wieder für ihren Schutz vor Berufsunfähigkeit – und zwar mit Blick auf die künftigen Unisex-Tarife. Die Umstellung auf die neuen Einheitstarife, die keinen Unterschied mehr zwischen den beiden Geschlechtern machen dürfen, erfolgt kurz vor Weihnachten aufgrund von Vorgaben des Europäischen Gerichtshofs. Der hatte unterschiedliche Versicherungsbeiträge für Männer und Frauen 2011 für unzulässig erklärt.
Und mit den Unisex-Tarifen wird es für Männer aller Voraussicht nach teurer. Das nutzen Versicherungen und ihre Vermittler werbewirksam für eine Art Schlussverkauf beim Schutz vor Berufsunfähigkeit (BU). Berufsunfähigkeitsversicherungen versprechen dem Beitragszahler eine monatliche Rente, wenn er seinen Beruf für einen längeren Zeitraum oder dauerhaft nicht mehr ausüben kann.
Beim Finanz- und Vermögensberater MLP hat man in der Konzernzentrale Hochrechnungen zu den kommenden Beitragserhöhungen von rund 30 Versicherern anlässlich der neuen Unisex-Tarife angestellt. Laut Miriam Michelsen, Leiterin Vorsorge bei MLP, werden auf männliche Versicherungskunden, die nach dem 21. Dezember 2012 eine BU-Police abschließen wollen, Beitragserhöhungen zukommen. „Bei den einzelnen Versicherern wird es weiterhin Unterschiede bei den Versicherungsprämien geben. Aber im Mittel müssen Männer im Alter von 30 bis 45 Jahren bei einem Abschluss nach dem 21. Dezember mit einem Aufschlag von acht bis zehn Prozent rechnen.“ Für Frauen wird es den MLP-Zahlen zufolge wohl im Gegenzug zu Preisnachlässen um die zwei Prozent kommen.
Für viele Arbeitnehmer stellt sich also erneut die Frage, ob nun der richtige Zeitpunkt zum Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung gekommen ist. Denn die Fähigkeit zu verlieren, den eigenen Beruf weiter auszuüben, gilt als existenzielles Risiko. Schließlich ist mit Berufsunfähigkeit die Angst vor massiven Einkommensverlusten und Altersarmut verbunden. Nach einer Umfrage des F.A.Z.-Instituts fürchten 61 Prozent der Berufstätigen in diesem Zusammenhang um die Aufrechterhaltung ihres Lebensstandards.
Zahlen, die zu den Risiken kursieren, schüren diese Angst. Den Studien zufolge, die in der Versicherungswirtschaft gerne zitiert werden, beträgt das Risiko, durch Krankheit oder Unfall berufsunfähig zu werden, bei Männern 43 Prozent. Bei Frauen lautet die Prognose, dass mehr als jede Dritte ihren Beruf vor Rentenbeginn nicht mehr wird ausüben können. Anderen Statistiken zufolge wird jeder vierte Berufstätige in seinem Arbeitsleben einmal berufsunfähig. Die hohen Quoten alarmieren.
Das Geschäft mit der Angst
Aber Zweifel sind durchaus angebracht. „Ein Berufsunfähigkeitsrisiko von 40 Prozent und mehr haut überhaupt nicht hin – schon allein, weil die besonders riskanten Berufe immer seltener werden. Kopfarbeiter mit deutlich niedrigeren Risiken sind hingegen auf dem Vormarsch“, sagt etwa Géza Huber, BU-Experte beim Bund der Versicherten. Er rät Berufstätigen, die mit einer BU-Police liebäugeln, diese Entscheidung nicht aufgrund von pauschalen Wahrscheinlichkeiten zu treffen.
Denn in der Tat fällt das Risiko, berufsunfähig zu werden, je nach Art der Tätigkeit sehr unterschiedlich aus. So werden etwa 52 Prozent der Gerüstbauer im Laufe ihres Arbeitslebens berufsunfähig. Bei Dachdeckern sind es 51 Prozent, bei Pflasterern 42 Prozent und selbst bei Krankenschwestern immer noch 38 Prozent. Zu den Berufen mit den geringsten Risiken gehören hingegen Physiker, Ärzte, Maschinenbau-Ingenieure, Rechtsanwälte oder Architekten. Ihr Risiko liegt nur zwischen 3,5 und sieben Prozent. „Die gefährdetsten Berufe sind die, deren Beschäftigungszahlen sinken“, sagt Huber.
Aber noch mehr Argumente sprechen dagegen, dass der Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung für jeden dringend zu empfehlen sei. Denn was in der Diskussion über das hohe Risiko nur allzu gerne ausgeblendet wird, ist die Tatsache, dass die meisten Betroffenen nur vorübergehend berufsunfähig sind. „Im Durchschnitt dauert eine Berufsunfähigkeit drei Jahre“, so Huber vom Bund der Versicherten. Auch das ist zwar nur eine statistische Größe, die den dauerhaft Berufsunfähigen nicht tröstet. Allerdings sollten potenzielle Versicherungsnehmer wissen, dass die Mehrheit der Versicherer eine BU-Rente überhaupt erst zahlen, wenn der Versicherte aller Voraussicht nach mindestens drei Jahre lang seinen Beruf nicht ausüben kann.
Wann Kunden den Vertrag kündigen dürfen
Versicherte sollten sich gut überlegen, wie lange sie sich an eine Gesellschaft binden. Wer trotzdem vorher aus dem Vertrag raus möchte, muss sich an das Versicherungsvertragsgesetz halten. Dort gibt es klare gesetzliche Regelungen, die aber je nach Versicherungssparte unterschiedlich ausfallen.
Sind keine Vertragslaufzeiten vereinbart, können Policen grundsätzlich von beiden Vertragsparteien – Versicherer und Versicherungsnehmer – nur für den Schluss der laufenden Versicherungsperiode (in der Regel das Kalenderjahr) gekündigt werden. Werden Policen nicht rechtzeitig in der Versicherungsperiode gekündigt, beträgt die folgende Vertragsperiode maximal ein Jahr. Ein Versicherungsvertrag, der für die Dauer von mehr als drei Jahren geschlossen worden ist, kann vom Versicherungsnehmer zum Schluss des dritten oder jedes darauf folgenden Jahres unter Einhaltung einer Frist von drei Monaten gekündigt werden.
„Sind laufende Prämien zu zahlen, kann der Versicherungsnehmer das Versicherungsverhältnis jederzeit für den Schluss der laufenden Versicherungsperiode kündigen.“ (§ 168 VVG). Zu den Lebensversicherungen zählen Kapitallebensversicherungen, Rentenversicherungen und Risikolebensversicherungen, die nur im Todesfall des Versicherten zahlen.
Im Falle der Kündigung durch den Versicherungsnehmer, ist ihm vom Lebensversicherer – dies trifft in der Regel für Kapitallebensversicherungen und die meisten Rentenversicherungen zu – dann ein Rückkaufswert zu zahlen. Die Regelung dazu ist im § 169 VVG festgelegt.
Es gibt nach der Einführung der aktuellen Gesundheitsreform, dem GKV WSG nur noch zwei Kündigungsrechte der Mitgliedschaft in der GKV. Einmal wegen des Wechsels von einer GKV zu einer anderen GKV zum anderen wegen des Wechsels von der GKV zur privaten Krankenversicherung (PKV). Die Kündigung ohne den Nachweiß einer neuen Krankenversicherung ist nicht mehr möglich.
Kündigung wegen eines Wechsels zu einer anderen Gesetzlichen Krankenkasse: Es besteht die reguläre Kündigungsfrist von zwei Monaten zum Monatsende, weitere Voraussetzung für eine Kündigung der GKV ist, dass die bisherige Mitgliedschaft bereits 18 Monate bei der bisherigen GKV bestanden hat. Wer also zum 01.04. seine Kasse wechseln möchte, muss spätestens im Januar zum 31.01. kündigen. Die alte GKV ist verpflichtet, diese Kündigung innerhalb von 14 Tagen zu bestätigen. Nach dem Wechsel der GKV, ist der Versicherte nach SGB V § 175 (4) 18 Monate an diese neue Kasse gebunden.
Wechseln dürfen nur Angestellte mit einem Verdienst oberhalb der Versicherungspflichtgrenze, Beamte, Freiberufler und Selbständige sowie Studenten. Für Angestellte hat sich seit 2011 die Wechselmöglichkeit in die PKV erleichtern. Zum einen können Angestellte bereits bei einmaligem Überschreiten der Pflichtgrenze (bisher drei Jahre in Folge) in die private Krankenversicherung wechseln.
Für die anderen Personengruppen existiert keine Einkommensgrenze. Damit können auch Berufsanfänger mit einem Gehalt oberhalb der Jahresarbeitsentgeltgrenze (kurz: JAEG. Für 2011: 49.500 Euro, für 2012 wird nun ein Anstieg auf 50.850 Euro erwartet) sofort in die PKV wechseln. Zudem können Selbständige, die in ein Angestelltenverhätlnis wechseln, mit einem Gehalt oberhalb der JAEG ihren PKV-Vertrag aufrecht erhalten.
Der Versicherungsnehmer kann den Vertrag, den er für die Dauer von mehr als einem Jahr eingegangen ist, zum Ende des ersten Jahres oder jedes darauf folgenden Jahres unter Einhaltung einer Frist von drei Monaten kündigen. Die Kündigung kann auf einzelne Tarife beschränkt werden.
Wird eine versicherte Person kraft Gesetzes kranken- oder pflegeversicherungspflichtig in der Gesetzlichen Krankenversicherung, kann der Versicherungsnehmer binnen drei Monaten nach Eintritt der Versicherungspflicht eine Krankheitskosten-, eine Krankentagegeld- oder eine Pflegekrankenversicherung sowie eine für diese Versicherungen bestehende Anwartschaftsversicherung rückwirkend zum Eintritt der Versicherungspflicht kündigen (näheres im § 205 VVG).
Der Versicherungsnehmer kann bei fast allen Sachversicherungen grundsätzlich nach jedem Versicherungsschaden sofort kündigen. Hier empfiehlt es sich aber, die Kündigung zwar sofort aber erst mit Wirkung zum Jahresende auszusprechen, um zuviel gezahlte Beiträge zurückerstattet zu bekommen.
Ebenfalls außerordentlich gekündigt werden kann beim Verkauf des versicherten Objektes. So muss kein Versicherungsnehmer beim Verkauf seines Autos erst bis zum Jahresende warten, ehe er seine Kfz-Versicherung kündigen kann. Hier gilt ein außerordentliches Kündigungsrecht zum Datum des Verkaufes.
Zudem besteht ein Sonderkündigungsrecht bei jeder Form von Erhöhungen der Versicherungsprämie (sofern die Erhöhung nicht über eine Progression vereinbart wurde).
„Bei Verletzung einer vertraglichen Obliegenheit, die vom Versicherungsnehmer vor Eintritt des Versicherungsfalles gegenüber dem Versicherer zu erfüllen ist, kann der Versicherer den Vertrag innerhalb eines Monats, nachdem er von der Verletzung Kenntnis erlangt hat, ohne Einhaltung einer Frist kündigen, es sei denn, die Verletzung beruht nicht auf Vorsatz oder auf grober Fahrlässigkeit.“ (§ 28 VVG).
Sonst können auch die Versicherer unter Einhaltung der Vertragslaufzeiten und Kündigungsfristen die Verträge grundsätzlich kündigen. Eine Ausnahme stellt die Krankenvollversicherung dar. Kündigungen vom Versicherer sind im Wesentlichen nur für Versicherungen möglich, die über dem Umfang des gesetzlich definierten Pflichtversicherungsschutz (Krankenvollversicherung, Pflegeversicherung) hinausgehen. „Eine Krankentagegeldversicherung, für die kein gesetzlicher Anspruch auf einen Beitragszuschuss des Arbeitgebers besteht, kann der Versicherer ... in den ersten drei Jahren unter Einhaltung einer Frist von drei Monaten zum Ende eines jeden Versicherungsjahres kündigen.“ (§ 206 VVG)
Eine private Krankenversicherung (PKV darf aber trotz der allgemeinen Versicherungspflicht in Sonderfällen einem Versicherten kündigen. Dies gilt bei arglistiger Täuschung, Betrug sowie anderen strafrechtlich relevanten Handlungen, so der Bundesgerichtshof (BGH). Der BGH gab damit der Klage der Continentale und der Hallesche Krankenversicherung Recht (Az.: IV ZR 50/11 und IV ZR 105/11).
Für Versicherte hängt das Für und Wider einer BU-Versicherung vor allem von der individuellen Kosten-Nutzen-Relation ab. Obwohl die Versicherungsbedingungen bei Berufsunfähigkeitsversicherungen in den vergangenen Jahren insgesamt verbessert wurden, gibt es laut Michelsen von MLP doch noch einige wichtige Qualitätsunterschiede. „Einige Tarife enthalten zum Beispiel die Option auf eine jährliche Steigerung der Rente im BU-Fall von drei Prozent, oder die Arztprognose zur Berufsunfähigkeit muss sich nur auf sechs Monate beziehen statt auf drei Jahre“, so Michelsen. Auch die vorübergehende Aussetzung der monatlichen Beiträge sei in einigen Tarifen möglich, ohne dass der Versicherungsschutz dauerhaft verloren gehe.
Ob ein potenzieller Versicherungsnehmer einen persönlichen Nutzen im BU-Schutz erkennt, hängt nicht zuletzt von der individuellen Lebenssituation, den veranschlagten monatlichen Ausgaben für die Police und vom Leistungsumfang des Versicherungstarifs ab. Denn ein Berufstätiger in den Mittvierzigern, der als Alleinverdiener eine Familie ernährt und die Raten für das Häuschen abstottert, kommt im Falle eines dauerhaften Verdienstausfalls viel schneller in die Bredouille, als der 30-jährige Single.
Wettbewerb über den Preis
Eine BU-Police ist ein reiner Risikoschutz. Ein Kapitalstock für den Versicherten wird nicht gebildet, die Beiträge dienen der gesamten Versichertengemeinschaft. Die Höhe der monatlichen Prämie hängt dabei von vielen Faktoren ab: der Höhe der angestrebten BU-Rente, dem Alter und den gesundheitlichen Risiken des Versicherungsnehmers sowie den Leistungsmerkmalen des Tarifs. Zudem kalkulieren die Versicherungen die Beitragshöhe auch nach den Schadensfallwahrscheinlichkeiten all ihrer Kunden.
Versicherungen, die vor allem Akademiker oder kaufmännische Berufe versichern, können Kostenvorteile in Form günstigerer Tarife an neue Versicherte weitergeben. Sind viele der besonders gefährdeten handwerklichen Berufe in der Versichertengemeinschaft, wird es für die Assekuranz teuer. „Die Bedingungen der Berufsunfähigkeitsversicherungen sind im Wesentlichen festgeschrieben. Der Wettbewerb der Versicherer findet hier weniger über die Leistungen, sondern mehr über den Preis statt", resümiert Huber vom Bund der Versicherten.
Hinzu kommt, dass längst nicht jeder, der sie braucht, auch eine Berufsunfähigkeitsversicherung bekommt. Wer in die Gruppe mit hohem BU-Risiko fällt und vielleicht auch schon Vorerkrankungen angeben muss, erhält unter Umständen eine Ablehnung von der Versicherung. Untersuchungen haben ergeben, dass zwischen einem Viertel und einem Drittel der Anträge auf BU-Schutz von den Versicherungskonzernen abgelehnt werden. „Den Berufsunfähigkeitsschutz aus der gesetzlichen Rentenversicherung herauszunehmen war ein Fehler. Damit hat der Bund das Solidaritätsprinzip aufgekündigt. Heute sehen wir, dass viele Versicherte durch das Raster fallen, etwa weil sie einen riskanten Beruf ausüben, aber keine Versicherung zu tragbaren Konditionen bekommen“, bemängelt Huber.
In vielen anderen Fällen ist der BU-Schutz einfach teuer. Wer wie von vielen Beratern empfohlen 70 bis 80 Prozent seines bisherigen Nettoeinkommens im Fall der Fälle als BU-Rente beziehen will, gesundheitliche Vorbelastungen hat und gut verdient, zahlt monatlich schnell einen dreistelligen Betrag für seinen BU-Schutz - und bekommt, wenn alles gut geht und keine Berufsunfähigkeit eintritt, nichts.
Aber selbst, wenn der schlimmste Schadenfall eintritt und der Versicherte bereits in vergleichsweise jungen Jahren bis zur Rente seinen Beruf nicht mehr ausüben kann, ist der Bezug der Versicherungsleistung in voller Höhe noch keine ausgemachte Sache. „Die Leistung aus einer Berufsunfähigkeitsversicherung abzurufen, stellt in der Tat ein gewichtiges Problem dar. Die Schadensquoten der Versicherer sind sehr niedrig", konstatiert Huber. Nach Angaben des Branchendienstes Map-Report wurde 2011 bei jedem 300sten Vertrag im Bestand der Versicherungen ein Antrag auf eine BU-Rente gestellt, aber nur für jeden 400sten Vertrag bewilligt.
Die häufigsten Gründe für eine Verweigerung der Versicherungsleistung sind Falschangaben bei den Gesundheitsfragen beim Abschluss der Police (23 Prozent der Fälle), eine Berufsunfähigkeit unterhalb der Hürde von 50 Prozent (28 Prozent der Fälle) sowie die fehlende Rückmeldung des Versicherten nach Zusendung der Antragsformulare (32 Prozent der Fälle). Im letzten Beispiel vermutet der Bund der Versicherten eine Überforderung der Versicherungsnehmer angesichts des 20-seitigen Formularstapels. Eine neutrale Beratungsstelle, wie es sie etwa für Patienten gibt, fehlt im Bereich der Berufsunfähigkeit bislang.
Viele Versicherungen, keine Garantien
Ohne fachkundige Beratung sind die Versicherungsbedingungen der BU-Policen kaum zu verstehen. Und die haben trotz all ihrer Standardbedingen durchaus ihre Tücken. So sollten Neukunden etwa darauf achten, dass die Versicherung auch rückwirkend Leistungen gewährt und zudem auf den sogenannten abstrakten Verweis verzichtet. Sonst kann die Versicherung die BU-Rente verweigern und den Antragsteller auf einen neuen Beruf verweisen. Der abstrakte Verweis ist allerdings nur noch selten in den Versicherungsbedingungen zu finden. Auch sollte eine BU-Police wie erwähnt bereits zahlen, wenn der Versicherte laut Arztprognose nur sechs Monate lang berufsunfähig wird.
Die Berufsunfähigkeitsversicherung überschneidet sich auch mit anderen Versicherungen, die viele Angestellte bereits haben. Die Erwerbsminderungsrente der gesetzlichen Rentenversicherung etwa zahlt, wenn der Beitragszahler gar nicht mehr oder nur noch stundenweise arbeiten kann. Damit es zu einer Auszahlung im Schadenfall kommt, sind allerdings hohe Anforderungen zu erfüllen. Im Zweifel verweist die Rentenversicherung auf andere Berufe, die der Beitragszahler noch ausüben kann und zahlt gar nicht.
Da außerdem die gezahlten Renten vergleichsweise niedrig sind, taugt die Erwerbsminderungsrente nur sehr bedingt als Alternative. „Die Voraussetzungen für den Bezug einer Erwerbsminderungsrente stellen hohe Hürden dar. Darauf sollten sich Versicherte nicht allein verlassen“, empfiehlt BU-Experte Huber. Auch eine eventuell vorhandene Unfallversicherung springt ein, wenn jemand nach einem Unfall berufsunfähig wird. Allerdings passiert das nur in zehn Prozent der Fälle. Weit häufiger sind inzwischen psychische Erkrankungen sowie Herz-Kreislauf-Leiden.
Da viele Versicherer den Berufsunfähigkeitsschutz auch in Kombination mit einer Altersvorsorge wie der Rürup-Rente verknüpfen, lassen sich die BU-Beiträge auch in gewissem Maß von der Steuer als Vorsorgeaufwendungen absetzen. Allerdings plant der Gesetzgeber, die BU-Versicherung generell steuerlich absetzbar zu machen. Zwar gibt es erst einen Gesetzentwurf mit einigen Ungereimtheiten, aber das Steuerargument für Kombiprodukte dürfte früher oder später in den Hintergrund treten. „Kombiprodukte mit der Basisrente bieten nicht nur einen Steuervorteil, auch ist der Berufsunfähigkeitsschutz hier rund zehn Prozent günstiger zu haben, als bei einer reinen BU-Versicherung“, sagt MLP-Managerin Michelsen.
Wann also ist der Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung sinnvoll?
Versicherungsnehmer sollten sich der Nachteile und Unzulänglichkeiten der BU-Versicherung bewusst sein. Wer aber ohne BU-Schutz nicht ruhig schlafen kann, sollte sich genau überlegen, welche Risiken seine Lebenssituation birgt und wie viel Schutz er wirklich braucht. Je jünger und gesünder ein Versicherter ist, umso niedriger ist der dauerhaft gleichbleibende monatliche Beitrag. Allerdings ist dann die berufliche Zukunft auch weniger absehbar. Wer sich früh für eine BU-Versicherung entscheidet, sollte also Wert darauf legen, dass das Vertragswerk flexibel genug auf Job- und Berufswechsel sowie vorübergehende Arbeitslosigkeit reagiert.
Von Angebotspreisen oder Steuervorteilen sollte sich jedoch kein Beschäftigter dazu hinreißen lassen, sich womöglich auf Jahrzehnte an eine Versicherung mit hohen Monatsbeiträgen zu binden. Der Schritt in die BU-Versicherung will gut abgewägt werden und sollte erst erfolgen, wenn etwa Haftpflichtrisiken bereits hinreichend abgesichert sind.
Die Preisunterschiede vor und nach Einführung der Unisex-Tarife taugen deshalb nicht als Argument für eine Berufsunfähigkeitsversicherung - weder für Männer, noch für Frauen.