Versicherungsvergleich Das sind die besten Policen bei Berufsunfähigkeit

Nahezu jeder vierte Arbeitnehmer wird im Laufe seines Berufslebens zumindest zeitweise berufsunfähig. Zunehmend auch aus psychischen Gründen. Quelle: imago images

Vielen Menschen schätzen das Risiko der eigenen Berufsunfähigkeit als gering ein. Dabei ist es eines der größten Risiken überhaupt und sollte deshalb abgesichert sein. Ein exklusives Ranking kürt die besten Tarife.

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Je früher, desto besser – so lautet das Motto bei vielen Policen, auch bei der Berufsunfähigkeitsversicherung (BU). Das dachten sich auch zwei angehende Medizinerinnen, die kurz vor Abschluss ihres Studiums ihre Arbeitskraft absichern wollten. Eigentlich ein sehr guter Plan. „Es kann sinnvoll sein, bereits in Schulzeit, Ausbildung oder Studium eine BU abzuschließen“, sagt Bianca Boss vom Bund der Versicherten. „Je jünger und gesünder man bei Vertragsabschluss ist, desto niedriger sind grundsätzlich die Beiträge.“ Verschlechtert sich der Gesundheitszustand vor Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung, kann man sich gegebenenfalls nicht mehr, nur zu deutlich höheren Prämien oder nur mit Leistungsausschlüssen versichern.

Eigentlich waren die Studentinnen ziemlich fit, aber beide hatten sich im Krankenhaus mit dem Corona-Virus infiziert. Obwohl sie keine Langzeitfolgen haben, lehnten Versicherungen sie ab. Kein Einzelfall. „Schon heute beobachten wir das KundInnen – selbst mit auskurierter Erkrankung – für mindestens ein Jahr zurückgestellt werden“, sagt Samy Soyah, Bereichsleiter Vertrieb des unabhängigen Versicherungsmaklers Hoesch & Partner. Anschließend könne erneut angefragt werden. „Die Versicherer können aktuell noch nicht einschätzen, wie sich Long Covid auf die Versicherer und Prämien auswirken wird, da Langzeitfolgen der Erkrankung bislang nicht erforscht und bekannt sind.“

Sehr wohl bekannt und den Deutschen als Gefahr eines zumindest zeitweisen Einkommensausfalls durch Berufsunfähigkeit bewusst sind Rückenprobleme, Burnout oder Herz-Kreislauf-Krankheiten. Das Risiko ist nämlich größer, als viele glauben. Statistisch gesehen wird in kaufmännischen jeder Vierte und in handwerklichen Berufen jeder Dritte berufsunfähig. Trotzdem hat sich nur jeder Zweite abgesichert. „Auch ohne Covid zu bemühen – wer von seiner Hände Arbeit lebt, sollte sich mit der Berufsunfähigkeitsversicherung auseinandersetzen“, so Soyah Denn die staatliche Erwerbsminderungsrente bildet nur einen Teil der bislang erzielten Einkünfte ab. Hier greift die BU und sollte im besten Fall diese Lücke schließen.

Berufsunfähig zu sein bedeutet, dass der oder die Versicherte mindestens zu 50 Prozent den Beruf nicht mehr ausüben kann - und das voraussichtlich mindestens sechs Monate lang. Egal, wie und wodurch die Hälfte der Arbeitskraft verloren gegangen ist, wird die monatliche Rente bis zum versicherten Endalter gezahlt. Anders als die gesetzliche Erwerbsminderungsrente, sichert die Berufsunfähigkeitsversicherung den zuletzt ausgeübten Beruf ab.

Die BU ist eine der wenigen Policen, die jeder – vom Verbraucherschützer bis zum Versicherungsmakler – für unverzichtbar hält. Sie ist allerdings recht komplex und deshalb sehr beratungsintensiv. Interessierte sollten unbedingt mit einem guten Makler oder Versicherungsberater zusammenarbeiten. Einen ersten Überblick darüber, welche Policen gut sind und was sie leisten sollten, liefert das BU-Ranking des Analysehauses Morgen & Morgen für die WirtschaftsWoche.

Berechnet wurden zwei Musterfälle: Ein 45-jähriger Manager mit einem Jahresgehalt von 250.000 Euro versichert eine monatliche BU-Rente von 5.000 Euro. Ein 22-jähriger Student mit einem Einkommen von 12.000 Euro versichert eine Rente von 1.000 Euro im Monat. Beide sind Nichtraucher. In den Musterfällen wurde die BU mit und ohne Arbeitsunfähigkeitsklausel berechnet. Diese Klausel bedeutet eine große Beweislast-Erleichterung. Ist der Versicherte von einem Facharzt seit sechs Monate krankgeschrieben, zahlt der Versicherer grundsätzlich ohne eigene Prüfung - und das je nach Police für 18 bis 36 Monate. Parallel dazu kann die Prüfung der Berufsunfähigkeit laufen. Ohne diese Klausel muss die Berufsunfähigkeit erst geprüft werden, was Monate dauern kann. Vorher fließt kein Geld.

Der 45-Jährige hat die Wahl zwischen 15 Tarifen ohne Arbeitsunfähigkeitsklausel, die mit „Sehr gut“ ausgezeichnet wurden. Am besten schnitten Zurich Dt. Herold und LV 1871 ab. Der monatliche Zahlbetrag liegt bei 234,62 Euro beziehungsweise 275,81 Euro. Zwölf Policen mit Arbeitsunfähigkeitsklausel erhielten ebenfalls ein „Sehr gut“. Auch hier führen Zurich Dt. Herold und LV 1871 das Ranking an. Mit 242,74 beziehungsweise 301,95 Euro sind die Verträge etwas teurer.

Die Beispiele zeigen, dass die BU-Police eine relativ teure Versicherung ist. Die genannten Beiträge sind Nettobeiträge. Sie könnten aber bis zum Maximalbetrag, dem sogenannten Bruttobeitrag oder Tarifbeitrag, ansteigen, zu dem der Versicherte in jedem Fall seinen BU-Schutz bekommt. Der Nettobeitrag, auch Zahlbeitrag genannt, fällt in der Regel niedriger aus, weil die nicht garantierten Überschüsse des Versicherers den monatlich zu zahlenden Betrag im gewählten Versicherungstarif senken. Soyah rät, unbedingt auf den Unterschied zwischen Brutto- und Netto-Prämie zu achten. „Es kommt immer wieder vor, dass neue Versicherungsprodukte mit extrem niedriger Netto-Prämie auf den Markt kommen und über den Preis positioniert werden“, sagt er. „Nicht selten kommen dann eklatante Steigerungen von 30 und mehr Prozent innerhalb kürzester Zeit auf die KundInnen zu.“

Für den Studenten ist die Police aufgrund seines Alters und der geringeren BU-Rente deutlich günstiger. Er kann zwischen 13 sehr guten Policen ohne Arbeitsunfähigkeitsklausel wählen. Am besten schneidet die LV 1871 ab, hier liegt der monatliche Beitrag bei 33,54 Euro. Deutlich günstiger sind die zweitplatzierte Basler mit 26,55 Euro und die drittplatzierte Nürnberg mit 29,79 Euro. Entscheidet er sich für die Arbeitsunfähigkeitsklausel, hat er 14 Versicherungen zur Auswahl. Die Top-Policen kommen von der Allianz und der LV 1871 mit Beiträgen von 36,30 und 36,63 Euro. Gefolgt von der Basler, Nürnberger, Zurich Dt. Herold und Gothaer, die teilweise noch etwas günstiger sind.

Achten sollte vor allem aber der noch junge Student auf die sogenannte Nachversicherungsgarantie. „Bei Auszubildenden und Studierenden besteht bei Abschluss der Berufsausbildung beziehungsweise des Studiums die Möglichkeit der Nachversicherung“, sagt Boss. Dann kann die versicherte Rente jederzeit nach oben angepasst werden. Schließlich verdienen der Student oder auch ein Berufsanfänger in der Regel deutlich weniger als in späteren Jahren. „Die BU-Versicherung ist im besten Fall ein Arbeitsleben lang Begleiter und muss gepflegt und den jeweiligen Lebensumständen angepasst werden“, sagt auch der Experte von Hoesch & Partnern. Bei den Nachversicherungsgarantien werden momentan übrigens die Voraussetzungen verbessert: „Häufig wird die Frist zur Nachversicherung von sechs auf zwölf Monate ausgeweitet“, beobachtet Andreas Ludwig, Versicherungsexperte bei Morgen und Morgen. Das ist insbesondere relevant, da viele Makler jährlich mit ihren Kunden ein Bestandsgespräch führen. Im Zweifel kann die Frist bei sechs Monaten dann schon verstrichen sein. „Auch die mögliche maximale Höhe der durch die Nachversicherung zu erreichende Rente erhöhen immer mehr Gesellschaften“, ergänzt er. „In der Regel ist bei einer Monatsrente von 2.500 Euro Ende der Nachversicherung.“

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Experten empfehlen immer wieder, die Gesundheitsfragen vollständig und wahrheitsgemäß zu beantworten. „ Wer hier flunkert oder auch nur ungenau ist, findet sich schnell in einem Rechtsstreit wieder“, weiß Soyah. Wie alle Erkrankungen muss auch Covid 19 in der Gesundheitsprüfung angegeben werden. „Jede Erkrankung wird bei den Gesellschaften von den Risikoprüfern individuell geprüft und bewertet“, sagt Ludwig. „Bei noch nicht ausgeheilten Krankheiten oder relevanten dauerhaften Schäden wird der Versicherungsschutz in der Regel nicht gewährt.“ Er nennt als Beispiel den häufig beschriebenen Geruchs- und Geschmacksverlust. „Hiermit wäre beispielsweise ein Koch automatisch berufsunfähig“, sagt er. Eine wirkliche Datenlage gebe es jedoch zum Thema Covid 19 noch nicht, dazu sei das Thema noch zu neu. „Sehr wahrscheinlich werden sich die Spätfolgen auf die Policen und Kalkulation der Versicherer auswirken“, prognostiziert Soyah.

Auf den folgenden Seiten finden Sie die vier Ergebnistabellen.

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