Versorgungswerke Ärzten und Anwälten drohen Renteneinbußen

Angesichts der Niedrigzinsen rutschen immer mehr Versorgungswerke für Anwälte, Ärzte und andere Freiberufler unter ihr selbst gesetztes Zinsziel. Das kann gravierende Auswirkungen haben.

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Wegen des Niedrigzins könnten die Renten von Ärzten, Anwälten und anderen Freiberuflern einbrechen Quelle: dpa

Immer mehr Versorgungswerke für Anwälte, Ärzte und andere Freiberufler rutschen angesichts der Niedrigzinsen unter ihr selbst gesetztes Zinsziel, den Rechnungszins, der oft noch bei vier Prozent liegt. Von den zehn größten berufsständischen Versorgungswerken schafften es nach Recherchen der WirtschaftsWoche nur drei, seit 2012 immer über vier Prozent Rendite mit ihren Kapitalanlagen zu erwirtschaften. Weil die Rentenprognosen auf dem Rechnungszins beruhen, drohen den knapp eine Million Mitgliedern nun Renteneinbußen. „Leistungszusagen können gekürzt werden, ohne dass es für irgendwen eine Einstandspflicht oder Haftung gibt“, sagte der Finanzmathematiker Werner Siepe der WirtschaftsWoche.

Schon bei drei statt vier Prozent Rechnungszins könnten die Renten nach Berechnungen der WirtschaftsWoche um 20 Prozent sinken. Angesichts der angespannten Lage nimmt der Druck auf die Versorgungswerke zu. So forderte der Oberste Bayerische Rechnungshof von Versorgungswerken in Bayern explizit Kürzungen. Mitglieder seien im Krisenfall „unzureichend vor Vermögensverlusten geschützt“. Es müsse „alsbald über die Kürzung bestehender Anwartschaften entschieden werden. Der Rechnungszins ist kein Garantiezins“, teilte der Rechnungshof mit.

Erste Versorgungswerke reagieren, etwa das drittgrößte Versorgungswerk, die Nordrheinische Ärzteversorgung (NÄV). Die Rendite der NÄV war 2013 auf 2,6 Prozent eingebrochen und blieb seitdem unter der Marke von vier Prozent. Die „erhöhten Anforderung an die Bildung von Reservepositionen“ habe 2015 zu „weiteren wichtigen Maßnahmen geführt“, teilte die NÄV der WirtschaftsWoche mit. Weitere Details wollte sie mit Verweis auf ausstehende Beschlüsse noch nicht offenlegen.

Die 89 berufsständischen Versorgungswerke ersetzen für Ärzte, Apotheker, Architekten, Ingenieure, Anwälte und Steuerberater die gesetzliche Rente. Sie hatten Ende 2014 noch 58 Prozent ihrer Kapitalanlagen von 175 Milliarden Euro zu festen Zinsen angelegt, so dass der Zinsverfall sie besonders belastet.

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