Vorruhestand Diese Rechte haben Frührentner

Welche rechtlichen und versicherungstechnischen Klippen Angestellte überwinden müssen, wenn sie vorzeitig ihren Job quittieren.

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Rentenbescheid Quelle: Blumenbüro Holland/dpa/gms

Der Staat bietet Beschäftigten die Möglichkeit, frühzeitig in Rente zu gehen. Er knüpft das aber an Voraussetzungen. Der 57-jährige Maschinenbauingenieur Stefan Wiechert aus dem hessischen Friedrichsdorf hat sich das von der Deutschen Rentenversicherung erklären lassen. Seit vier Wochen hat er einen Altersteilzeitvertrag. Folgende Punkte waren wichtig:

- Rentenbeginn: Wiechert hätte normalerweise erst 2022 im Alter von 65 Jahren und zehn Monaten die Rente bekommen, die ihm die Deutsche Rentenversicherung jährlich in den Renteninformationen mitteilt. Durch den vorzeitigen Ausstieg mit 63 Jahren bekommt er weniger.

- Abschläge: Wer wie Wiechert bis dahin mindestens 35 Jahre rentenversichert war, gilt als langjährig Versicherter, muss aber trotzdem Abschläge in Kauf nehmen (siehe Grafik). Für jeden Monat, den er vor dem offiziellen Rentenbeginn aussteigt, zieht ihm die Rentenversicherung 0,3 Prozent von der Rente ab. In seinem Fall sind dies 10,2 Prozent für 34 Monate. Auch eine mögliche Witwenrente wird dadurch viel geringer ausfallen. Wer 45 Jahre Beitrag gezahlt hat, kann mit 65 ohne Abschlag in Rente.

Bis zu welchem Lebensjahr Beschäftigte arbeiten sollten; was sie einbüßen, wenn sie mit 63 in Rente gehen

- Altersteilzeit: Wiechert startet mit dem beliebten Blockmodell in die Altersteilzeit, das bei ihm über insgesamt sechs Jahre läuft. Bis zum 60. Lebensjahr arbeite er drei Jahre Vollzeit bei reduzierten Bezügen. Danach kann er drei Jahre zu Hause bleiben, bekommt das Geld aber von seinem Arbeitgeber in gleicher Höhe. Sein Arbeitgeber zahlt ihm 50 Prozent seines vorherigen Nettoeinkommens und stockt die noch um rund 25 Prozentpunkte auf, sodass Wiechert es unterm Strich auf 75 Prozent seines Nettoeinkommens bringt. Die Aufstockungsbeträge sind oft in Tarifverträgen geregelt. Auch Sozialabgaben werden weiter gezahlt. Für den Aufstockungsbetrag des Arbeitgebers wird keine Lohnsteuer fällig, er wird jedoch bei der Berechnung des Steuersatzes, der für das Gesamteinkommen des Ehepaares gilt, mitgezählt. Das kann zu Steuernachzahlungen führen. Dank der Aufstockung durch seinen Arbeitgeber auch bei den Renteneinzahlungen ergeben sich bei Wiecherts Rente durch die Altersteilzeit nur geringe Einbußen gegenüber einer sechs Jahre längeren vollen Einzahlung.

- Hinzuverdienst: Maximal 450 Euro monatlich könnte Wiechert in der Altersteilzeit hinzuverdienen. Verdient er mehr, könnte er den Aufstockungsbetrag des Arbeitgebers verlieren, er käme nur auf die 50 Prozent seines letzten Nettoeinkommens. Die Zuverdienstgrenze gilt auch, wenn er ab 63 Rente bekommt. Wer mehr verdienen will, muss eine Teilrente beantragen, diese wird individuell berechnet und bis zum regulären Rentenbeginn mit 65 bis 67 gezahlt. Für einen Durchschnittsrentner mit zuletzt 2839 Euro Gehalt gelten folgende Grenzen:

Bei 451 bis 1051 Euro monatlichem Hinzuverdienst wird die Rente um ein Drittel, bei 1052 bis 1535 Euro um die Hälfte und bei einem Zusatzverdienst von 1536 bis 2021 Euro um zwei Drittel gekürzt. Bei mehr als 2021 Euro bekäme der Durchschnittsrentner keine Rente mehr. Das alles gilt nur bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze. Wiechert etwa darf ab 10 Monaten nach seinem 65. Geburtstag so viel hinzuverdienen, wie er möchte.

- Krankenversicherung: Für privat Krankenversicherte kann der Vorruhestand teuer werden. Wiechert hat etwa zwei Töchter in Ausbildung, deren Beiträge er zahlen muss. Seinen Beitrag übernimmt der Arbeitgeber zur Hälfte während der Altersteilzeit. Wenn er Rente bekommt, zahlt der Rentenversicherungsträger für ihn einen Zuschuss zur privaten Krankenversicherung (PKV). Wer vor dem 63. Lebensjahr ohne Altersteilzeit aufhört zu arbeiten, muss aber den Arbeitgeberanteil an der PKV-Prämie finanzieren. Gesetzlich Versicherte, die vor 63 aufhören, können sich freiwillig in der GKV versichern. Die Höhe der Prämie richtet sich dann nach ihren Gesamteinkünften.

- Betriebsrenten: Zum Rentenbeginn mit 63 bekommt Wiechert auch die Betriebsrente. Sie wird beim vorzeitigen Ausstieg um den gleichen Betrag gekürzt wie die gesetzliche, bei Wiechert also um 10,2 Prozent. Und durch die vorherige Altersteilzeit wird auch die Betriebsrenteneinzahlung anteilig verringert. Private Policen werden wie vereinbart zum Fälligkeitstermin ausgezahlt. Jede betriebliche Altersvorsorge wird allerdings mit dem vollen Beitragssatz der GKV belastet. Gesetzlich Versicherten brachte die Rentenreform von 2004 also herbe Einbußen.

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