Zahllose Tarifvarianten Stolperfallen in der Rechtsschutzversicherung

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Selbstbeteiligung beruhigt Versicherer

Eine Selbstbeteiligung ist für private Versicherungsnehmer unbedingt sinnvoll. Denn häufen sich die Streitfälle, machen die Versicherer schnell von ihrem Kündigungsrecht Gebrauch. Oft genügen schon zwei Versicherungsfälle in einem Jahr. Nach einer Kündigung wird es für den Versicherten schwer, eine Rechtsschutzpolice bei einem anderen Versicherer abzuschließen, denn in der zentralen Datenbank HIS erfasst die Versicherungswirtschaft als kostspielig aufgefallene Kunden.

Mit einer Selbstbeteiligung vermeidet der Versicherungsnehmer den Eindruck, wegen jeder Bagatelle vor Gericht zu ziehen. Zudem senkt der Eigenanteil die Versicherungsprämie mitunter erheblich. Mit einer Selbstbeteiligung können Versicherte den Beitrag deutlich senken. Wer bei jedem Schaden 150 oder 250 Euro selbst bezahlt, kann beim Beitrag bis zu 30 Prozent sparen.

Das relativiert die ansonsten feststellbaren Preisunterschiede von bis zu 50 Prozent, die bei Rechtsschutzversicherungen gleichen Leistungsumfangs zwischen den Anbietern feststellbar sind.

Alternativen zum Gericht

Rechtsschutz ist Luxus

Verbraucherschützer, Experten und selbst die Versicherungslobby sind sich in einem Punkt weitgehend einig: Eine Rechtsschutzversicherung deckt kein existenzielles Risiko ab. Erst wenn diese etwa durch Haftpflicht-, Lebens-, Unfall- oder Berufsunfähigkeitsversicherung bereits abgedeckt seien, ist eine Rechtsschutzversicherung je nach individueller Lebenslage und Bedarf eine sinnvolle Investition. Selbst die Hausrat- oder Wohngebäudeversicherung erachten viele Experten als wichtiger.

Das hat seinen Grund. Denn einerseits sorgen auch andere Policen oder Mitgliedschaften für rechtlichen Beistand, zum Beispiel Automobilclubs wie der ADAC oder eine Gewerkschaft. Andererseits gehen die Kosten eines gewonnenen Gerichtsverfahrens zum Großteil zu Lasten der unterlegenen Partei.

Einzig die Vorfinanzierung eines langwierigen Rechtsstreits sorgt dann für ein hohes finanzielles Risiko. Spezialisierte Prozesskostenfinanzierer können helfen, seine Rechte durchzufechten. Dafür erhalten sie einen Anteil an der erstrittenen Summe. Bedürftige können auch Prozesskostenhilfe vom Staat beantragen.

„Manche Bereiche einer Rechtsschutzversicherung sind teilweise auch durch andere Versicherungen abgedeckt“, erklärt Bianca Boss vom Bund der Versicherten. „Vor allem, wenn es darum geht, Ansprüche an den Versicherten oder seine Haftpflichtversicherung abzuwehren.“ Beispiel Verkehrsrechtsschutz: Wird der Versicherte zum Beispiel nach einem Unfall ohne eigenes Verschulden auf Schadenersatz verklagt, greift auch die Kfz-Haftpflichtversicherung ein. Sie hat selbst ein Interesse an einem Verfahren zur Feststellung der Unschuld, da sie so ihre Schadenersatzzahlungen verhindern oder zumindest begrenzen kann.

Diese Versicherungen können Sie sich schenken
Platz zehn: Die GlasbruchversicherungEine Glasbruchversicherung lohnt sich eigentlich nur, wenn Sie einen Wintergarten besitzen oder ihr gesamtes Haus verglast ist – womöglich noch mit verspiegeltem Spezialglas. Andernfalls ist es deutlich günstiger, wenn Sie eine kaputte Scheibe selber bezahlen, als jeden Monat ein paar Euro dafür zu zahlen, dass Sie vielleicht einmal eine Scheibe ruinieren. Quelle: Bund der Versicherten e.V. Quelle: dpa
Platz neun: Die BrillenversicherungWer eine Brillenversicherung abschließt, bekommt den Wert seiner Brille im Schadensfall nicht vollständig ersetzt. Die Versicherung zahlt ein neues Gestell, wenn die Brille zerbrochen oder beschädigt oder mindestens zwei Jahre alt ist. Einfache Gläser gibt es nur bei Beschädigung oder einer deutlichen Sehstärkenveränderung (mindestens 0,5 Dioptrien). Wer spezielle Gläser oder eine schicke Fassung statt des Kassenmodells will, zahlt kräftig dazu. Also ganz so, wie beim Brillenkauf an sich auch. Quelle: dpa
Platz acht: Die KrankenhaustagegeldversicherungOb die Krankenhaustagegeldversicherung die finanzielle Grundlage fürs tägliche Obst oder für das Fernsehgerät im Krankenhaus sein muss, ist mehr als fraglich. Mit diesem Argument bieten jedenfalls Versicherer solche Policen an. Quelle: dpa
Platz sieben: Die ReisegepäckversicherungWer sein Reisegepäck gegen Diebstahl und Schaden versichern will, muss es trotzdem hüten, wie seinen Augapfel. Sonst zahlt die Versicherung nämlich nicht. Koffer dürfen nicht unbeaufsichtigt sein, Wertgegenstände sind in der Regel nur unzureichend mitversichert. Grundsätzlich werfen die Versicherer ihren Kunden gerne vor, grob fahrlässig mit dem Gepäck umgegangen zu sein. Der Geschädigte muss das Gegenteil beweisen können. Quelle: dapd
Platz sechs: Die Handyversicherung Wer ein Handy versichern möchte, sollte wissen, dass er bei Verlust oder Diebstahl nur den aktuellen Wert, nicht aber den Kaufpreis zurückerstattet bekommt – und den auch nicht vollständig. Ein neues Handy zu kaufen, dürfte nervenschonender sein. Quelle: AP
Platz fünf: Die Hochzeits-Rücktrittskostenversicherung Wenn eine Hochzeit platzt, ist das für alle Beteiligten schon unschön genug. Eine Versicherung, die die Stornokosten für Partylocation, Hochzeitstorte und Kleid anteilig übernimmt, macht es auch nicht besser. Schon gar nicht, wenn sie nur dann greift, wenn Braut oder Bräutigam schwer erkranken oder die Wohnung des Brautpaares am Hochzeitsmorgen in Flammen steht. Quelle: dpa
Platz vier: Die Versicherung gegen „häusliche Notfälle“ Sie haben sich ausgesperrt? Ihre Heizung ist ausgefallen? In solchen und anderen Fällen werden Sie vermutlich einen Notdienst rufen. Zwar kostet das mehr als der Handwerker üblicherweise, aber in finanzielle Not geraten Sie damit sicherlich nicht. Deshalb wird sich eine Versicherung gegen „häusliche Notfälle“ kaum für Sie auszahlen. Denn die träte auch nur begrenzt ein. Mieter müssen ohnehin nicht für Schäden an Mietsachen aufkommen, die sie nicht selbst verursacht haben. Quelle: dpa

Außergerichtliche Einigungen bevorzugt

Daneben bestehen attraktive Möglichkeiten, für eine außergerichtliche und damit deutlich günstigere Streitbeilegung: Es gibt zivilgerichtliche Schiedsgerichte, Schiedsämter für private Streitigkeiten und Ombudsmänner für verschiedene Branchen.

Darüber hinaus haben insbesondere Mediationsverfahren deutlich an Bedeutung gewonnen. Sie wurden 2012 eingeführt. Die unparteiischen Mediatoren unterliegen der Verschwiegenheitspflicht und sollen im Streit zwischen zwei Parteien vermitteln. Besonders qualifiziert sind zertifizierte Mediatoren. Die Kosten von rund 200 Euro pro Stunde teilen sich die Streitparteien.

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