Zu wenig Rente für Hausfrauen Warum die klassische Familie im Alter arm macht

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Abhängig vom Partner

Dass es in aller Regel Frauen sind, die der Kinder wegen zuhause bleiben, muss eigentlich nicht extra erwähnt werden. Häufig ist die Erziehungszeit nur für ein bis drei Jahre geplant. Doch viele Frauen steigen nicht wieder in den Beruf ein – entweder weil das nächste Kind kommt, oder weil sie schlicht nicht mehr wollen, wie eine Studie der Soziologen Markus Gangl und Andrea Ziefle von der Goethe-Universität Frankfurt auf Basis der Daten der Langzeitstudie Sozio-oekonomisches Panel (SOEP) zeigt. „Die subjektive Erwerbsorientierung von Müttern nimmt im Laufe der Zeit deutlich ab, das heißt, diese Frauen verlieren durch die längere Auszeit zunehmend das Interesse, an der eigenen beruflichen Perspektive zu arbeiten“, sagt Ziefle. Nach 18 Monaten Kinderbetreuung zuhause war den befragten Müttern die Erwerbsarbeit einfach nicht mehr so wichtig, stattdessen rangierte die Familie an erster Stelle.

Die 10 schlimmsten Fehler bei der Vorsorge
Schlecht informiertDie Deutschen kaufen Autos, Computer, Küchengeräte und gehen auf Reisen. Vor dem Kauf werden oft zahlreiche Testberichte gelesen. Geht es allerdings um Versicherungen und die eigene Vorsorge, sieht dies anders aus. Dabei sind ausreichende Informationen wichtig, um teure Fehlabschlüsse zu vermeiden. Quelle: Institut GenerationenBeratung IGB Quelle: Fotolia
Lückenhafte VorsorgeOft werden einzelne, wichtige Teile der Altersvorsorge vergessen. Dazu gehören: 1) individuelle Vorsorgevollmacht 2) Patientenverfügung 3) Klärung der Finanzen im Pflegefall 4) Testament Quelle: Fotolia
Die falschen Berater„Freunde, Familie und Bekannte in alle Vorsorgefragen einzubeziehen, ist wichtig und stärkt die Bindung zueinander. Doch sich allein auf ihren Rat zu verlassen, wäre fatal“, sagt Margit Winkler vom Institut GenerationenBeratung. Denn nur ausgebildete Finanzberater könnten auch in Haftung genommen werden. Sie sind verpflichtet, alle besprochenen Versicherungen und Vorsorgeprodukte zu dokumentieren. Quelle: Fotolia
Vorsorge ist nicht gleich VorsorgeJeder sollte seine Altersvorsorge an seine eigenen Bedürfnisse anpassen, pauschale Tipps von Beratern oder Freunden taugen in der Regel wenig. Je nach Familiensituation können andere Versicherung und Vorsorgeleistungen wichtig sein. „Vor allem in Patchwork-Situationen oder bei angeheirateten Ehepartnern gelten andere Spielregeln in der Vorsorge", sagt Winkler. Quelle: Fotolia
Schwarze Schafe Deshalb ist bei der Auswahl des Beraters Vorsicht geboten, in der Branche sind schwarze Schafe unterwegs. Geht ein Berater nicht auf die persönliche Situation ein oder preist ein bestimmtes Produkt besonders an, sollten die Kunden hellhörig werden.
Informiert ins GesprächWer Fehlern im Zuge von Falschberatung entgehen will, der muss sich vorher selber informieren. Je besser der Kunde im Beratungsgespräch selber informiert ist, desto eher kann er schlechte Berater enttarnen. Quelle: Fotolia
Vorsorge-FlickenteppichBeraterin Winkler warnt davor, zu viele Verträge bei vielen verschiedenen Beratern abzuschließen. Am Ende drohten Versicherte, den Überblick zu verlieren, besser sei eine ganzheitliche Lösung, die auf die individuelle Situation abgestimmt ist. Quelle: Fotolia

Hausfrauen und -männer sind finanziell vom Partner abhängig

Das schmerzt den Staat, dem Lohnsteuer entgeht, die Rentenkassen, die auf Beiträge verzichten müssen und vor allem die Homemakers selbst: Menschen, die überwiegend unentgeltlich zuhause arbeiten, tragen im Durchschnitt weniger als ein Fünftel zum Familieneinkommen bei und sind immer finanziell auf den Partner angewiesen. „Diese Abhängigkeit birgt Risiken: Bei Jobverlust oder frühzeitigem Tod des Partners sowie im Trennungsfall reicht das eigene Einkommen in der Regel nicht für die finanzielle Absicherung aus“, heißt es in der Studie. Zudem haben Frauen eine höhere Lebenserwartung als Männer. Die Witwen müssen dann Grundsicherung beantragen.

Das geänderte Scheidungs- und Unterhaltsrecht, das Elterngeld sowie letztlich auch der gesellschaftliche Wandel haben zwar dafür gesorgt, dass mehr Mütter nach der Geburt ihres Kindes wieder arbeiten gehen als noch vor 25 Jahren – eine Vollzeitstelle nehmen jedoch nur wenige wieder an. Laut einer Erhebung unter berufstätigen Müttern arbeiten 52,2 Prozent der Frauen, die zwei Kinder haben, Teilzeit, also 30 Wochenstunden und weniger. Mit drei oder mehr Kindern sind 57,6 Prozent in Teilzeit beschäftigt. Mit Teilzeitjobs lässt sich nur leider nicht das große Geld verdienen – was sich auch bei der Rente bemerkbar macht.

In welchen Branchen sich Teilzeitarbeit für Frauen lohnt - und in welchen nicht

Gut bezahlte Teilzeitstellen für Hochqualifizierte sind ohnehin Mangelware. Es sind nämlich nicht nur die Mütter daran schuld, wenn der Wiedereinstieg in den Job nicht so ertragreich ausfällt, wie geplant: „Als Grund für schlechte Jobs nach einer kinderbedingten Auszeit sah die bisherige Forschung eher das Verhalten der Arbeitergeber, die Müttern bei längeren Ausfallzeiten seltener mit anspruchsvollen Tätigkeiten oder wichtigen Aufgaben betrauen“, so Gangl und ergänzt: „Das nennen wir ‚statistische Diskriminierung‘.“

Immerhin: Wer Kinder großgezogen hat, kann sich das bei der Rente anrechnen lassen. Zu viel erwarten sollten Hausfrauen davon aber nicht. Ein Jahr Kindererziehung bringt einen Entgeltpunkt bei der späteren Rente. Aber nur weil das Kind 20 Jahre lang zuhause gelebt hat, gibt es keine 20 Punkte.

Mütterrente macht aus einem zwei Erziehungsjahre

Für Kinder, die nach 1992 zur Welt gekommen sind, kann sich der Elternteil, der den Löwenanteil bei der Erziehung übernommen hat, drei Jahre als Pflichtbeitragszeiten bei der gesetzlichen Rente anrechnen lassen. Kommt das Kind am 15. Oktober 2015 zur Welt, gilt die Zeit vom 1. November 2015 bis einschließlich Oktober 2018 als Erziehungszeit. Diese Kindererziehungsjahre zahlt der Bund allerdings auch nur dann, wenn Eltern beantragen, dass die Kindererziehung auf ihrem Rentenkonto gutgeschrieben wird. Automatisch passiert hier nichts.

Für Kinder, die vor 1992 zur Welt gekommen sind, gibt es seit einiger Zeit zwei Jahre. Das ist das Ergebnis der sogenannten Mütterrente, die Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles zum 1. Juli 2014 einführte: Hinter dem Begriff verbirgt sich eine bessere Anerkennung von Erziehungszeiten für Kinder, die vor 1992 geboren wurden. Bis letztes Jahr konnten sich Eltern nämlich nur ein Jahr für die Erziehung ihrer vor 1992 zur Welt gekommenen Kinder anrechnen lassen.

Wer also 1990, 1994 und 1997 Kinder auf die Welt gebracht hat, wird bei der Rente so behandelt, als habe er acht statt sieben Jahre lang in die Rentenkasse einbezahlt. Entsprechend fallen nachher die Bezüge für die Hausfrau und Mutter beziehungsweise den Hausmann und Vater ein bisschen höher aus, als vor Einführung der Mütterrente. Genauer gesagt: Seit dem 1. Juli 2014 gibt es für diese Fälle eine Erhöhung der Bruttorente von 28,61 Euro im Westen und 26,39 Euro im Osten. Zum Leben reicht es aber trotzdem nicht.

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