Dass es in aller Regel Frauen sind, die der Kinder wegen zuhause bleiben, muss eigentlich nicht extra erwähnt werden. Häufig ist die Erziehungszeit nur für ein bis drei Jahre geplant. Doch viele Frauen steigen nicht wieder in den Beruf ein – entweder weil das nächste Kind kommt, oder weil sie schlicht nicht mehr wollen, wie eine Studie der Soziologen Markus Gangl und Andrea Ziefle von der Goethe-Universität Frankfurt auf Basis der Daten der Langzeitstudie Sozio-oekonomisches Panel (SOEP) zeigt. „Die subjektive Erwerbsorientierung von Müttern nimmt im Laufe der Zeit deutlich ab, das heißt, diese Frauen verlieren durch die längere Auszeit zunehmend das Interesse, an der eigenen beruflichen Perspektive zu arbeiten“, sagt Ziefle. Nach 18 Monaten Kinderbetreuung zuhause war den befragten Müttern die Erwerbsarbeit einfach nicht mehr so wichtig, stattdessen rangierte die Familie an erster Stelle.
Hausfrauen und -männer sind finanziell vom Partner abhängig
Das schmerzt den Staat, dem Lohnsteuer entgeht, die Rentenkassen, die auf Beiträge verzichten müssen und vor allem die Homemakers selbst: Menschen, die überwiegend unentgeltlich zuhause arbeiten, tragen im Durchschnitt weniger als ein Fünftel zum Familieneinkommen bei und sind immer finanziell auf den Partner angewiesen. „Diese Abhängigkeit birgt Risiken: Bei Jobverlust oder frühzeitigem Tod des Partners sowie im Trennungsfall reicht das eigene Einkommen in der Regel nicht für die finanzielle Absicherung aus“, heißt es in der Studie. Zudem haben Frauen eine höhere Lebenserwartung als Männer. Die Witwen müssen dann Grundsicherung beantragen.
Das geänderte Scheidungs- und Unterhaltsrecht, das Elterngeld sowie letztlich auch der gesellschaftliche Wandel haben zwar dafür gesorgt, dass mehr Mütter nach der Geburt ihres Kindes wieder arbeiten gehen als noch vor 25 Jahren – eine Vollzeitstelle nehmen jedoch nur wenige wieder an. Laut einer Erhebung unter berufstätigen Müttern arbeiten 52,2 Prozent der Frauen, die zwei Kinder haben, Teilzeit, also 30 Wochenstunden und weniger. Mit drei oder mehr Kindern sind 57,6 Prozent in Teilzeit beschäftigt. Mit Teilzeitjobs lässt sich nur leider nicht das große Geld verdienen – was sich auch bei der Rente bemerkbar macht.
In welchen Branchen sich Teilzeitarbeit für Frauen lohnt - und in welchen nicht
In der Energieversorgung in Teilzeit zu arbeiten lohnt sich für Frauen: Gegenüber einem durchschnittlichen Bruttomonatsverdienst von 3962 Euro (Vollzeit) verdienen Sie immerhin 2529 Euro in Teilzeit - das sind gerade einmal 36 Prozent weniger.
Quelle: Adzuna-Studie, basierend auf einer Analyse der Verdienste und Arbeitskosten - Fachserie 16 Reihe 2.1, Statistisches Bundesamt, Wiesbaden 2015
Wer in den genannten Branchen des öffentlichen Dienstes arbeitet, hat als Frau bei einer Teilzeitstelle gegenüber einer Vollzeitstelle ebenfalls nur Verdiensteinbußen von 36 Prozent zu erwarten. (Vollzeit: 3335 Euro im Monat, Teilzeit: 2128 Euro im Monat).
Frauen in der industriellen Produktion verdienen in Deutschland in Vollzeit im Schnitt 3062 Euro, in Teilzeit 1895 Euro.
Auch in der Informations- und Kommunikationsbranche ist der Unterschied im Verdienst zwischen Voll- und Teilzeitangestellten nicht größer als 39 Prozentpunkte. In Vollzeit verdient eine Frau dort 3838 Euro im Monat, in Teilzeit 2360 Euro im Monat.
Auch Frauen in der Wasserversorgung und Abfallentsorgung bekommen in Teilzeit nur 39 Prozent weniger Gehalt als in Vollzeit (1953 Euro im Monat gegenüber 3203 Euro im Monat).
Lehrerinnen und Erzieherinnen in Teilzeit können damit rechnen, 40 Prozent weniger zu verdienen als ihre in Vollzeit angestellten Berufsgenossinnen. (Vollzeit: 3920 Euro im Monat, Teilzeit: 2336 Euro im Monat).
In Verkehr und Lagerei verdienen Frauen in Teilzeit 1697 Euro, in Vollzeit 2854 Euro.
Das Gesundheits- und Sozialwesen bietet Frauen in Teilzeit 1837 Euro, in Vollzeit 3095 Euro.
In der Finanzdienstleistungs- und Versicherungsbranche erhalten Frauen in Vollzeit im Schnitt 3924 Euro, in Teilzeit 2317 Euro.
Freiberuflerinnen in den genannten Dienstleistungsbranchen können bei einer Vollzeit-Tätigkeit mit 3382 Euro im Monat rechnen, arbeiten sie freiberuflich nur eine Teilzeit-Stundenzahl, können sie mit Brutto 1993 Euro im Monat rechnen.
Hier verdienen Frauen in Vollzeit 2720 Euro im Monat, in Teilzeit 1574 Euro im Monat.
Im Gastgewerbe bekommen Frauen in Vollzeit im Schnitt einen Bruttoverdienst von 1935 Euro im Monat, in Teilzeit 1094 Euro im Monat.
Im Grundstücks- und Wohnungswesen gibt es für weibliche Mitarbeiter 1837 Euro in Teilzeit und 3286 Euro in Vollzeit.
Im Bergbau verdienen Arbeiterinnen in Vollzeit 3790 Euro im Monat, in Teilzeit 2086 Euro im Monat.
1489 Euro gibt es für Frauen in Teilzeit im Handel, in Vollzeit 2741 Euro.
Im Baugewerbe lohnt es sich für Frauen nicht, in Teilzeit zu arbeiten. Sie verdienen dann 51 Prozent weniger als Vollzeitarbeiterinnen. (Vollzeitbeschäftige bekommen 2912 Euro, Teilzeitbeschäftigte bekommen 1437 Euro).
Gut bezahlte Teilzeitstellen für Hochqualifizierte sind ohnehin Mangelware. Es sind nämlich nicht nur die Mütter daran schuld, wenn der Wiedereinstieg in den Job nicht so ertragreich ausfällt, wie geplant: „Als Grund für schlechte Jobs nach einer kinderbedingten Auszeit sah die bisherige Forschung eher das Verhalten der Arbeitergeber, die Müttern bei längeren Ausfallzeiten seltener mit anspruchsvollen Tätigkeiten oder wichtigen Aufgaben betrauen“, so Gangl und ergänzt: „Das nennen wir ‚statistische Diskriminierung‘.“
Immerhin: Wer Kinder großgezogen hat, kann sich das bei der Rente anrechnen lassen. Zu viel erwarten sollten Hausfrauen davon aber nicht. Ein Jahr Kindererziehung bringt einen Entgeltpunkt bei der späteren Rente. Aber nur weil das Kind 20 Jahre lang zuhause gelebt hat, gibt es keine 20 Punkte.
Mütterrente macht aus einem zwei Erziehungsjahre
Für Kinder, die nach 1992 zur Welt gekommen sind, kann sich der Elternteil, der den Löwenanteil bei der Erziehung übernommen hat, drei Jahre als Pflichtbeitragszeiten bei der gesetzlichen Rente anrechnen lassen. Kommt das Kind am 15. Oktober 2015 zur Welt, gilt die Zeit vom 1. November 2015 bis einschließlich Oktober 2018 als Erziehungszeit. Diese Kindererziehungsjahre zahlt der Bund allerdings auch nur dann, wenn Eltern beantragen, dass die Kindererziehung auf ihrem Rentenkonto gutgeschrieben wird. Automatisch passiert hier nichts.
Für Kinder, die vor 1992 zur Welt gekommen sind, gibt es seit einiger Zeit zwei Jahre. Das ist das Ergebnis der sogenannten Mütterrente, die Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles zum 1. Juli 2014 einführte: Hinter dem Begriff verbirgt sich eine bessere Anerkennung von Erziehungszeiten für Kinder, die vor 1992 geboren wurden. Bis letztes Jahr konnten sich Eltern nämlich nur ein Jahr für die Erziehung ihrer vor 1992 zur Welt gekommenen Kinder anrechnen lassen.
Wer also 1990, 1994 und 1997 Kinder auf die Welt gebracht hat, wird bei der Rente so behandelt, als habe er acht statt sieben Jahre lang in die Rentenkasse einbezahlt. Entsprechend fallen nachher die Bezüge für die Hausfrau und Mutter beziehungsweise den Hausmann und Vater ein bisschen höher aus, als vor Einführung der Mütterrente. Genauer gesagt: Seit dem 1. Juli 2014 gibt es für diese Fälle eine Erhöhung der Bruttorente von 28,61 Euro im Westen und 26,39 Euro im Osten. Zum Leben reicht es aber trotzdem nicht.