
WirtschaftsWoche: Herr Staudigl, die Krise trifft Wacker Chemie hart. Wie stark werden Umsatz und Gewinn im Gesamtjahr zurückgehen?
Josef Staudigl: Wir sind wirklich hart von der Krise getroffen worden, bereits 2008 — so wie die gesamte Branche. Bis ins erste Quartal 2009 ging der Umsatz zurück. Erst ab dem zweiten, dritten Jahresviertel ist ein Aufwärtstrend festzustellen.
Wird der Umsatz um einen zweistelligen Prozentsatz zurückgehen, wie zum Halbjahr?
Das ist nicht exakt zu sagen. Umsatz und operatives Ergebnis werden jedenfalls deutlich zurückgehen im Vergleich zum Vorjahr. Das vierte Quartal ist schwer einzuschätzen. Wenn es den bisherigen Trend bestätigt, sind wir in einer besseren Lage. Im dritten Quartal waren Umsatz und Ergebnis höher als im Juni-Quartal.
Wo spüren Sie eine Belebung?
Bei Silizium-Wafern für die Chipherstellung hatten wir Ende 2008 und Anfang 2009 einen drastischen Einbruch erlebt. Unsere Anlagen waren nicht einmal zur Hälfte ausgelastet. Im zweiten Quartal kam eine recht kräftige Belebung, derzeit geht es weiter aufwärts.
Mit Vorprodukten für die Chiphersteller machen Sie ein Drittel des Vorsteuergewinns. Wie läuft es in der Chemie, die ein Viertel zum Gewinn beiträgt?
In der Chemie hatten wir im ersten Quartal ebenfalls einen Einbruch, allerdings nicht so stark wie im Halbleitergeschäft. Inzwischen ziehen die Absatzmengen auch dort wieder an.
Zum Einbruch des Geschäfts kommt der Preisdruck, zum Beispiel im Halbleitergeschäft.
Der Preisdruck im Halbleitergeschäft war bis zum zweiten Quartal zu spüren, jetzt gibt es eine Stabilisierung, hier und da sogar Preiserhöhungen. Die Marktführer haben angekündigt, die Preise um zweistellige Prozentsätze anzuheben — im nächsten oder im übernächsten Jahr.
Zehren die Einbußen beim Preis ihre Einsparungen bei den Kosten auf?
Wir sind ehrgeizig bei unseren Sparzielen: Wir haben Standorte abgeschaltet, in den USA und Singapur teils wochenweise. Den Start der Anlage im chinesischen Nanjing hatten wir verschoben, jetzt läuft sie aber. Außerdem haben wir die Vorräte reduziert. Wir haben Schichten gestrichen und an den deutschen Standorten zeitweise für mehr als 3000 Mitarbeiter Kurzarbeit eingeführt. Heute haben wir keine Kurzarbeit mehr.
Dann läuft es also besser — auch bei Ihrem größten Gewinnträger, dem Silizium für die Solarzellenherstellung? Die Preise für Solar-Wafer, aus denen die Zellen gemacht werden, sind stark gefallen.
Bei Solar-Wafern wurden unsere Erwartungen nicht erfüllt. Deshalb haben wir uns aus dem Gemeinschaftsunternehmen für die Wafer-Produktion mit Schott Solar zurückgezogen.
Der Rückzug war teuer, Ihre Nettoschulden steigen dadurch um 65 Millionen Euro...
...zum Halbjahresende waren es 82 Millionen Euro. Im Verhältnis zum Eigenkapital sind das gerade einmal vier Prozent. Wir sind sehr finanzstark.