Finanzmarktaufsicht BaFin warnt: Einzelne Banken könnten die Krise nicht überstehen

Durch den Wirecard-Skandal ist die Bafin im vergangenen Jahr erheblich unter Druck geraten, weil sie den Bilanz- und Betrugsskandal beim Zahlungsdienstleister lange nicht bemerkt hatte. Quelle: REUTERS

Die Coronakrise gefährdet nach Ansicht der BaFin zwar das Bankensystem nicht, sehr wohl aber einzelne Banken. Die Behörde möchte zukünftig noch genauer prüfen.

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Die Coronakrise wird die Banken nach Ansicht der Finanzaufsicht BaFin noch eine Weile beschäftigen. „Wir müssen davon ausgehen, dass nicht alle von der Pandemie gebeutelten Unternehmen der Realwirtschaft wieder gesunden“, sagte BaFin-Exekutivdirektor Raimund Röseler bei der Jahres-Pressekonferenz am Dienstag.

„Der tatsächliche Wertberichtigungsbedarf der Institute wird sich erst zeigen, wenn die staatlichen Hilfsprogramme ausgelaufen sind und das Insolvenzrecht wieder in vollem Umfang greift.“ Mit welchen Verzögerungen sich das bei den Banken niederschlagen werde, sei kaum abzusehen.

Zahlreiche Häuser wie die Deutsche Bank oder die Commerzbank haben im ersten Quartal deutlich weniger Risikovorsorge gebildet für faule Kredite als zum Jahresstart 2020 oder haben sie sogar zum Teil aufgelöst, was sich positiv im Ergebnis niederschlägt. Durch die Fortschritte beim Impfen gibt es erste Öffnungen im Tourismus, Einzelhandel und in der Gastronomie und die konjunkturellen Aussicht sind besser als zu Beginn der Pandemie vor über einem Jahr.

Röseler, der bis zum Antritt des neuen Präsidenten Mark Branson die Behörde interimsmäßig leitet, warnte aber erneut davor, dass einzelne Banken die Krise nicht überstehen. Vor allem solche Häuser, die schon vor der Krise auf wackeligen Beinen standen. „Eine Entwarnung können wir derzeit nur für das System aussprechen, also die Branche als Ganzes.“

Generell hätten die Institute zwar ein Ertragsproblem, aber kein Problem mit faulen Krediten. „Und wir erwarten dies auch jetzt nicht“, betonte Röseler. Um dauerhaft wettbewerbsfähig zu sein, müssten die Banken aber ihre Kosten noch strikter senken als bisher.

BaFin will genauer hinter Fassade der Banken schauen

Nach dem Zusammenbruch des Zahlungsdienstleisters Wirecard und der Greensill Bank will die BaFin künftig auch viel genauer prüfen. „Wir müssen uns noch mehr mit den Geschäftsmodellen der Institute beschäftigen, noch intensiver hinter deren Fassade schauen“, sagte BaFin-Exekutivdirektor Raimund Röseler am Dienstag laut Redetext.

Eine Eingreiftruppe soll bei Unternehmen ab Mitte August vor Ort schnell intensive Untersuchungen vornehmen können. „Wir wollen schneller, genauer und aus erster Hand wissen, wo die Erträge herkommen, denn wo das Geld verdient wird, liegen die Risiken.“

Die BaFin gilt vor allem im Ausland als zahnloser Tiger. Im Fall Wirecard wird ihr vorgeworfen, viel zu spät und falsch auf die Vorwürfe der Bilanzunregelmäßigkeiten reagiert zu haben. Im Sommer 2020 ging der ehemalige Dax-Konzern pleite. Investoren, Banken und Kunden verloren Milliarden.

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Röseler versprach, die Geschäfte von Instituten notfalls einzuschränken, sollte die BaFin auf intransparente Verhältnisse stoßen. Ziel der Finanzaufsicht sei es, Bilanzbetrug möglichst früh zu erkennen und gegebenenfalls zusammen mit der Staatsanwaltschaft aufzuklären.

Allerdings sei dies kein Garant dafür, dass der BaFin nie mehr Fehler unterliefen. „Man kann uns als Aufsicht bis an die Zähne forensisch bewaffnen, es wird und kann in einem Rechtsstaat nie gelingen, jede Art von Kriminalität zu verhindern.“

Mehr zum Thema: Mit der Deutschen Handelsbank verfolgt ein Zweig der Unternehmerfamilie Reimann große Pläne. Dabei wäre das Institut fast in Not geraten – und nun ermittelt sogar die Staatsanwaltschaft gegen ehemalige Verantwortliche.

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