Datenschutz Verkaufe dich selbst!

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Kein Reichtum durch Verkauf eigener Daten

Es ist aber gar nicht so einfach, seine Daten als Einzelperson zu verkaufen, noch dazu, wenn sie anonymisiert sind. Denn: „Grundsätzlich werden Daten interessanter, je personenbezogener, detaillierter und umfassender sie sind“, sagt der Datenwissenschaftler Andreas Dewes. Die eigene Adresse etwa hat einen Marktwert von 24 Cent.

Auch die Start-ups, die einem maximal ein paar Euro pro Woche ausschütten, nachdem sie anderen persönliche Informationen wie Facebook-Likes oder Twitter-Beiträge sowie Bestellungen bei Amazon und Buchungen bei Airbnb zur Verfügung gestellt haben, zeigen: Reich wird man nicht, wenn man die eigenen Daten verkauft.

Nicola Jentzsch vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung ist skeptisch, ob das Geschäft mit personenbezogenen Daten in dieser Form überhaupt funktionieren kann. Denn die Start-ups müssen Verbraucher und Vermarkter gleichzeitig gewinnen. Die einen müssen sie davon überzeugen, dass die persönlichen Daten bei ihnen sicher sind und dass sie von dem Verkauf auch profitieren – und die anderen davon, dass diese Daten einen echten Wert haben, den die Vermarkter nicht auch anderswo bekommen. Speicher mit persönlichen Daten seien für Hacker besonders attraktiv. „Start-ups haben weniger Geld als große Firmen, um in Cybersecurity zu investieren. Warum sollte ich ihnen als Kunde vertrauen?“, fragt Jentzsch.

Ausverkauf der Privatsphäre

Und sie sieht noch ein Problem. „Einerseits versprechen die Anbieter ihren Kunden mehr Privatsphäre und Datensicherheit, andererseits animieren sie sie dazu, noch mehr von sich preiszugeben.“ Mit anderen Worten: Die Plattformen könnten das Gegenteil dessen bewirken, was sie eigentlich wollen – nämlich einen Zwang erzeugen, die eigene Persönlichkeit immer stärker offenzulegen, wenn man mitverdienen will. Eines dürfe man nicht glauben, sagt Jentzsch: dass Firmen wie Facebook auf­hören, mit persönlichen Daten zu handeln, nur weil man selbst auch in das Geschäft einsteigt. Die Daten werden dann nur mehrfach zu Geld gemacht.

Der Grünen-Politiker und Datenschützer Malte Spitz hält den Ausverkauf der Privatsphäre sogar für gefährlich: Die Daten von Wohlhabenden seien wertvoller, weil sie mehr kaufen können – und somit die besseren Werbekunden sind. Spitz glaubt, dass der Handel mit den eigenen Daten soziale Ungleichheit verstärken würde, weil die, die wenig haben, weniger verdienen könnten, sich aber zugleich stärker verkaufen müssten, weil sie auf das Geld angewiesen seien. Besser, als mit den eigenen Daten zu handeln, sei es, den Überblick zu haben, wo man welche Spuren hinterlasse, sagt Spitz. Die Daten würden nur selten zum eigenen Vorteil verwendet. „Versicherungen können Ihnen zum Beispiel einen höheren Tarif ­anbieten, ohne dass Sie es wissen.“

Mitzi László ist dennoch optimistisch: Ihre Initiative hat zwar erst 100 Mitglieder, aber sie hofft auf den kommenden Mai. Dann müssen Unternehmen in Europa die EU-Datenschutzgrundverordnung umgesetzt haben. Mit ihr können Nutzer einfacher als bisher erfahren, welche Daten über sie erhoben werden, und sich diese Daten zukommen lassen. László sagt: „Die Menschen wissen, dass etwas falsch läuft, und es wird sich etwas verändern.“

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