Geldpolitik Bundesbank-Chef für rasche Schritte gegen die hohe Inflation

Die hohe Inflation könne sich verfestigen, warnt Joachim Nagel. EZB-Ratsmitglied Villeroy de Galhau gibt einen Zeithorizont vor. Andere Geldpolitiker sind vorsichtig.

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„Wenn die Zahlen so bleiben wie sie jetzt sind, dann sprechen die eine eindeutige Sprache.“ Quelle: dpa

Bundesbank-Präsident Joachim Nagel dringt auf zügige Schritte der EZB zur Bekämpfung der hochschießenden Inflation. „Das Zeitfenster, das jetzt sich öffnet für die ersten geldpolitischen Maßnahmen, das geht so langsam zu“, sagte Nagel am Freitag auf einer Veranstaltung der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ in der Mainmetropole. „Wir müssen schauen, dass wir da jetzt in diesem Jahr was tun,“ sagte er.

Die Inflation in der Euro-Zone war im April auf ein neues Rekordhoch von 7,5 Prozent gestiegen, was die Europäische Zentralbank (EZB) zunehmend unter Zugzwang bringt. Zudem sind auch die Inflationserwartungen an den Märkten kräftig nach oben gegangen.

Mit der EZB-Sitzung im März sei die geldpolitische Wende in der Euro-Zone eingeleitet worden, sagte Nagel. „Und jetzt müssen die nächsten Schritte kommen.“ Zu lange dürfe nicht gewartet werden. Er sei aber positiv optimistisch, dass das 2022 gelingen könne.

Nagel verwies dabei auf die Gefahr, dass sich die über das EZB-Inflationsziel von zwei Prozent hinaus gestiegenen Inflationserwartungen verfestigen könnten. Dies würde am Ende einen höheren volkswirtschaftlichen Preis einfordern als wenn jetzt gehandelt werde, erläuterte der Bundesbank-Präsident.

Auch aus den Reihen der EZB haben sich in den vergangenen Tagen viele führende Währungshüter zu einer möglichen Zinswende geäußert. EZB-Ratsmitglied Francois Villeroy de Galhau erklärte am Freitag, dass die Zinsen bis Jahresende wieder in den positiven Bereich steigen könnten. „Die Inflation ist nicht nur höher, sondern auch viel breiter“, sagte der Franzose.

Villeroy nannte es den „offensichtlichsten nächsten Schritt“, die Zinsen Richtung Null zu lenken. Dafür kämen die kommenden EZB-Sitzungen infrage. Diese stehen im Juni und Juli an, eine weitere folgt im September. Der finnische Notenbankchef Olli Rehn hatte jüngst den Juli ins Spiel gebracht und dafür einen Zinsschritt um einen Viertelprozent-Punkt beim Einlagesatz vorgeschlagen. Derzeit liegt dieser sogenannte Strafzins für Banken, die Geld bei der EZB parken, bei minus 0,5 Prozent.

Lane bleibt vorsichtig

EZB-Chefvolkswirt Philip Lane und Direktor Fabio Panetta äußerten sich am Donnerstag eher zurückhaltend. Neben dem geldpolitischen Normalisierungsprozess spielten auch Faktoren wie das Auf und Ab der Wirtschaft eine wichtige Rolle, sagte Lane. Panetta wiederum erklärte: Es wäre unklug, bei den Zinsen zu handeln, bevor die Wirtschaftsdaten aus dem zweiten Quartal bekannt sind.“

Die Datenlage zur Wirtschaft werde sich der EZB rat im Juni ansehen, erklärte Bundesbank-Chef Nagel. „Wenn die Zahlen so bleiben wie sie jetzt sind, dann sprechen die eine eindeutige Sprache.“ Erst mal würden dann die Anleihenkäufe beendet. Und dann werde geschaut, wann und in welcher Abfolge die nächsten Schritte kommen könnten.

Eine Prognose, wann ein erster Zinsschritt zu erwarten sei und wie hoch dieser dann ausfallen werde, gab der Bundesbank-Präsident nicht. Letztmalig hatte die EZB im Jahr 2011 Leitzinsen angehoben.

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