Geldpolitik Ost-Sparkassen: EZB sollte Zinsen nicht zu schnell erhöhen

Der neue OSV-Präsident hält einen möglichen raschen Zinsanstieg für riskant. Weskamp rechnet damit, dass die EZB im Juli die Zinswende einläuten wird.

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Die Notenbank strebt eine Inflationsrate von etwa zwei Prozent an. Quelle: dpa

Die ostdeutschen Sparkassen sorgen sich um negative Folgen einer zu rasanten Zinswende der Europäischen Zentralbank (EZB). „Ein schneller Zinsanstieg ist schwierig“, sagte der neue Präsident des ostdeutschen Sparkassenverbands (OSV), Ludger Weskamp, in einem am Freitag veröffentlichten Reuters-Interview.

Denn dies könne bei den Instituten Risiken auslösen. „Die Sparkassen haben sehr wenig Aktienbestände, aber sehr viele Anleihen.“ Steigende Zinsen auf Anleihen würden nach Lesart der Aufsicht zu „schwebenden Verlusten“ führen. „Das sind Effekte, die beim Bewertungsergebnis sichtbar werden.“

Der Effekt sei noch nicht zu beziffern, er erwarte aber „schon relevante Größenordnungen“. Weskamp fügte hinzu, ostdeutsche Institute seien passivlastig und somit stark betroffen. Der Wunsch der Sparkassen sei: „steigende Zinsen, aber eher verhaltene steigende Zinsen.“

Der seit Januar amtierende OSV-Chef rechnet damit, dass die EZB im Juli die Zinswende einläutet. Der Markt habe schon zwei, drei Zinsschritte eingepreist – „wenn man schaut, wie sich die Zinsen und vor allem auch die Kreditzinsen entwickelt haben“.

„Wenn der Zinsunterschied zwischen der US-Notenbank und der EZB zu weit auseinandergeht, kann man das den Menschen kaum noch erklären – bei Inflationsraten von rund sieben Prozent.“ Die Verbraucherpreise im Euro-Raum haben zuletzt mit 7,5 Prozent einen Rekord erreicht, in Deutschland liegt die Inflationsrate mit 7,4 Prozent auf dem höchsten Stand seit Herbst 1981.

Strafzinsen für Anleger sind wohl bald Geschichte

„Ich rechne mit Zinsschritten der EZB, die aber nicht so schnell kommen wie bei der Fed“, sagte Weskamp. „Es wäre kontraproduktiv, wenn die EZB jetzt sehr schnell und sehr massiv an der Zinsschraube drehen würde.“ Das könne die Wirtschaft abwürgen. Wichtig sei, dass die Inflation sinke. „Wenn die Inflationserwartungen hoch bleiben, bekommen wir die klassischen Zweitrundeneffekten – wie etwa eine Lohn-Preis-Spirale.“

Die Zeitenwende an der Zinsfront dürften auch die Anleger spüren, die bisher Strafzinsen zahlen müssen. „Wenn die Zinsen wieder in den positiven Bereich kommen und die Strafzinsen bei der EZB auf null hochgehen, dann wird das Thema Verwahrentgelte schnell verschwinden“, sagte Weskamp. „Die Sparkassen haben anfangs lange gezögert, Verwahrentgelte einzuführen und würden jetzt sicher zu denen gehören, die die Maßnahmen auch wieder aufheben.“ Das müssten aber die Sparkassen vor Ort entscheiden.

Trotz Ukrainekrise und Zinswende hält der OSV an seiner Prognose für 2022 fest. Im vorigen Jahr erzielten die 43 Sparkassen aus Brandenburg, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern zum vierten Mal in Folge weniger Gewinn.

Das Betriebsergebnis vor Bewertung sank auf 1,12 Milliarden Euro. Für dieses Jahr setzt der OSV auf stabile Zahlen nahe dem Niveau von 2021. „Im Ergebnis für 2022 kommt die Eintrübung der Konjunktur noch nicht an“, sagte Weskamp. „Dieses Jahr wird es wohl noch keinen positiven Effekt aus Zinserhöhungen geben.“

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