Genting nach Kauf der deutschen Werften Stapellauf für neue Kreuzfahrt-Schmiede

Die malaysische Genting-Gruppe beseitigt mit zusammengekauften deutschen Werften einen gefürchteten Engpass fürs eigene Reederei-Geschäft. Branchenexperten zeigen sich jedoch skeptisch.

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Der malaysische Mischkonzern Genting hat sich an Deutschlands Küsten vier Werften zusammengekauft. Quelle: dpa

Düsseldorf Riesige Nachfrage nach Kreuzfahrtschiffen, aber keine Werftenplätze frei? Kein Problem. Der malaysische Mischkonzern Genting, Hauptgesellschafter der Kreuzfahrtreedereien „Star Cruises“, „Crystal Cruises“ sowie „Norwegian Cruise Line“, hat sich dazu kurzerhand an Deutschlands Küsten vier Werften zusammengekauft.

Schon zum Jahreswechsel erwarb die Gruppe für 33 Millionen Euro die Bremerhavener Lloyd-Werft AG – und zwar von der Bremer BLG Logistics Group, der Familie Ehlerding und dem Unternehmer Dieter Petram. Im März folgten die ehemaligen Nordic-Werften in Wismar, Warnemünde und Stralsund, die für 230 Millionen Euro an die Asiaten gingen.

Bis dahin gehörten die einst unter dem Namen „Wadan“ firmierenden Ostsee-Werften dem Russen Witali Jussufow, der sie in „Nordic Yards“ umgetauft hatte. Jussufow hatte sich auf den Bau von Spezialschiffen zur Errichtung von Offshore-Windparks konzentriert – was dazu führte, dass dem Werftenverbund die Arbeit in diesem Sommer auszugehen droht.

Nun sollen die vier Standorte unter dem Namen „Lloyd-Werften-Gruppe“ mit Macht ins Kreuzfahrtgeschäft einsteigen. Am Dienstag erteilte Genting seinem Neuerwerb einen Auftrag über 3,5 Milliarden Euro. Mit dem Geld soll der Werftenverbund zehn Schiffe fertigen: sechs Flusskreuzfahrtschiffe, eine Mega-Yacht und drei Ozean-Kreuzliner.

Gebaut werden sollen sie zunächst in Wismar, Warnemünde und Stralsund. Der Lloyd-Werft in Bremerhaven fällt die Aufgabe zu, sie anschließend auszustatten. Abnehmer sind die Reedereien „Crystal Cruises“ und „Star Cruises“.

Der vor 51 Jahren gegründete Genting-Konzern beschäftigt eigenen Angaben zufolge rund 60.000 Mitarbeiter. Neben Kreuzfahrtlinien gehören auch Urlaubsressorts in mehreren Ländern zum Geschäft. Als Mischkonzern ist Genting außerdem in den Branchen Energie, Immobilien und Biotechnologie beteiligt.

Den Zukauf begründete Genting-Vorstandschef Tan Sri Lim Kok Thay damit, dass die Lloyd-Werft eine lange Geschichte im Schiffbau besitze. Auch andere Reedereien sollen auf lange Sicht bei der Lloyd-Werft Kunde werden.


Im Wettbewerb mit drei Spezialisten

Das boomende Geschäft in der internationalen Kreuzfahrt führt bei den Werften längst zu massiven Engpässen. Weltweit teilen sich nur drei Spezialisten das Geschäft: die Meyer-Werft im emsländischen Papenburg, Fincantieri im italienischen Triest und STX an der französischen Loire-Mündung. Doch ihre Auftragsbücher sind prall gefüllt.

Um die Kapazitäten auszubauen, erwarb Meyer zuletzt sogar in Finnland die Turku-Werft, unterstützt vom Großkunden Tui-Cruises, der dort möglichst schnell weitere Ozeanriesen („Mein Schiff“) bauen lassen will.

Um dem Oligopol zu entkommen, ließ der Clubschiff-Betreiber Aida erstmals seine jünsten Schiffe („Aida Prima“, „Aida Perla“) auf der Mitsubishi Heavy Weight Werft in Nagasaki bauen. Doch der Ausflug nach Japan endete im Desaster - nicht nur weil die Schiffe mit überbordender Verspätung ausgeliefert werden. Bei einem Bestellwert von insgesamt 1,3 Milliarden Euro fuhr die Werft einen Verlust von 1,7 Milliarden Dollar ein.

Weitere Kreuzfahrtschiffe wird es bei Mitsubishi deshalb nicht mehr geben, reumütig kehrt Aida nun zurück an die Ems. Dort lässt auch die Genting-Tochter Norwegian bislang ihre Kreuzfahrtschiffe („Norwegian Escape“, „Norwegian Joy““) fertigen.

Entsprechend skeptisch zeigen sich Branchenexperten, ob es der neu aufgestellten Lloyd-Werften-Gruppe gelingt, erfolgreich gegen die drei Großen anzutreten.

Wie schwer es Newcomer in der Branche haben, zeigten zuletzt Pläne des australischen Milliardärs Clive Palmer, mit dem Nachbau der Titanic 2016 in See zu stechen. Sie liegen derzeit nicht nur auf Eis, Mitarbeiter der beauftragten CSC Jinling Werft im chinesischen Nanjing äußerten darüber hinaus große Zweifel, ob ihre Werft überhaupt die Kapazität besitzt, die Titanic II zu bauen.

„Die Herausforderung für die Werften besteht darin“, erklärte der Züricher Kreuzfahrtexperte Thomas P. Illes bereits vor einiger Zeit, „die mehreren Hundert Zulieferer zeitgenau zu koordinieren.“

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