In der Vorweihnachtszeit schlägt der Stresspegel in Deutschlands Büros aus: Arbeitnehmer ackern im Akkord – um bloß die Tage zwischen Weihnachten und Jahreswechsel mit ihren Lieben daheim verbringen zu können. Dafür nehmen sie Stress in Kauf, schieben teilweise Überstunden. Für Gespräche mit den Kollegen fehlt die Zeit. Alle stehen unter Strom – nur der Chef offenbar nicht: Er hat noch Zeit, um Witze zu reißen.
Was viele nicht wissen: Gerade in stressigen Situationen kann Humor eine gute Führungseigenschaft sein. Denn so distanziert sich der Vorgesetzte ein Stück weit von den Problemen und bekommt einen klaren Blick auf die Verhältnisse. „Wenn es einer Führungskraft gelingt, sich aus der Befangenheit einer Situation zu lösen, eröffnen sich ihr neue Handlungsmöglichkeiten“, sagt Philipp Schollmeyer, Vorstandsmitglied des Verbandes „Die Führungskräfte“.
Was Ihre Gesten über Sie verraten
signalisiert laut den Bewerbungsexperten von Hesse/Schrader Konzentration oder Nachdenken
bedeutet Ungeduld oder Nervosität, vielleicht sogar Provokation
zeigen die eigene Überlegenheit
Gesagtes wird zurückgenommen, weil Unsicherheit in der Sache besteht
demonstriert Selbstzufriedenheit, wirkt aber nicht immer sympathisch
zeigt bei Zurücklehnen grenzenlose Souveränität
lässt auf Desinteresse, Unkonzentriertheit oder Nervosität schließen
steht für Nachdenklichkeit, Erschöpfung oder Langeweile
zeigt Ratlosigkeit oder Unsicherheit
steht für Nachdenklichkeit und Zufriedenheit
zeigen bei Frauen: Unsicherheit oder Angst, bei Männern: Ablehnung und Verschlossenheit
signalisieren Überheblichkeit, gleichzeitig Abwehr gegen Einwände
Er schätzt, dass der Humor des Chefs zu 30 Prozent den Erfolg des Unternehmens beeinflussen kann. Doch: „Die Rolle von Humor im Management wird erst seit 15 Jahren diskutiert“, sagt Werner Bruns, Senior Fellow der Rheinischen Fachhochschule Köln (RFH). Mit der Fachhochschule Burgenland und deren Projektpartner FHS St. Gallen hat die RFH das „Europa-Institut Erfahrung & Management“ (Metis) gegründet, das mit dem Verband „Die Führungskräfte“ über die Wichtigkeit von Humor aufklären will.
Denn viele ältere Manager unterschätzen seiner Meinung nach die Wirkung von guter Laune. „Humor – das ist etwas für die Familie, das Ehrenamt, den Stammtisch, für den Verein. Aber nichts fürs auf Rationalität ausgerichtete Arbeitsleben“, lautet der weit verbreitete Tenor. Der Leistungsgedanke dominiere: Man geht zur Arbeit, um Leistung zu bringen und nicht, um zu lachen. Denn wer seine Zeit mit Lachen verschwendet, kann gleichzeitig nichts leisten.
Was vielen aber nicht bewusst ist: „Da, wo Leute selbst in stressigen Situationen zusammen lachen, herrscht ein besserer Zusammenhalt, sodass Teams effizienter arbeiten“, weiß Schollmeyer. Das bestätigt eine Studie der Deutschen Gesellschaft für Psychologie. Sie kommt zu dem Ergebnis, dass der Humor des Chefs einen Einfluss darauf hat, wie sehr sich die Mitarbeiter mit dem Unternehmen identifizieren. „Auch im seriösen Wirtschaftsleben hat Humor also einen berechtigten Platz“, sagt der Mannheimer Psychologie Alexander Pundt, der die Untersuchung durchgeführt hat.
Humor ist nicht gleich Humor
Die Wissenschaft unterscheidet zwischen sozialem und aggressivem Humor. „Beim sozialen Humor besitzt der Chef die Intelligenz, in der richtigen Situation das Richtige zu sagen, sodass sich niemand unwohl fühlt“, sagt Bruns. Ironie und Sarkasmus – im schlimmsten Fall noch auf Kosten des Angestellten – bewirken das Gegenteil: Mitarbeiter fühlen sich schlecht, womöglich verletzt – der aggressive Humor drückt aufs Betriebsklima.
Chefs, die unsicher sind, ob sie den richtigen Ton treffen, gibt Bruns eine Faustregel zur Orientierung an die Hand: „Humor ist das, was auch das Gegenüber – also der Empfänger – gut finden muss.“ Den Geschmack aller zu treffen, sei zwar eine Gradwanderung, aber: „Ein guter Chef kennt mit der Zeit die Empfindlichkeiten seiner Mitarbeiter.“
Und in Management-Kursen lernen Führungskräfte anhand von Fallbeispielen, wie sie knifflige Situationen entkrampfen können – beispielsweise durch Humor. Zwar können Chefs in einem gewissen Maß lernen, Humor gezielt einzusetzen. Doch wie gut der Vorgesetzte tatsächlich darin ist, hängt laut Bruns vor allem von seinen sozialen Kompetenzen ab. Die werden einerseits vererbt, andererseits aber auch erlernt.
Eltern prägen schon in der Kindheit die Einstellungen und Dispositionen ihres Nachwuchses zum Humor. In der Schulzeit machen die Kinder dann die ersten Erfahrungen damit, wie Gleichaltrige auf ihre Art von Humor reagieren, was sozialer oder aggressiver Humor ist, was akzeptabel und was inakzeptabel ist. „Diese Erfahrungen prägen unser Arbeitsleben. Eine humorvolle Persönlichkeit inspiriert und motiviert die Mitarbeiter und öffnet neue, unverzichtbare Kommunikationswege, auch bei sensiblen Themen und in ,schwierigen' Gesprächssituationen mit Mitarbeitern“, weiß Bruns. Egal ob in Unternehmen, in der Verwaltung, in der Politik oder in anderen gesellschaftlichen Organisationen.