Klimawandel EZB: Banken sollen Klimarisiken in Stresstest ernst nehmen

Im kommenden Jahr will die EZB die Banken mit einem Klima-Stresstest auf die Probe stellen. Bislang sei kaum ein Institut angemessen darauf vorbereitet.

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Die EZB hat deutlich gemacht, dass sie Klimarisiken gleichrangig mit anderen wirtschaftlichen Risiken in ihre Anforderungen einfließen lassen wird. Quelle: dpa

Die Europäische Zentralbank erhöht informierten Kreisen zufolge den Druck auf die Kreditinstitute, sich auf die anstehenden Klima-Stresstests im nächsten Jahr vorzubereiten. Diese sollen zeigen, wie anfällig die Branche für finanzielle Risiken ist, die sich aus dem Klimawandel ergeben.

Anfang des Jahres hatte EZB-Präsidentin Christine Lagarde bereits ihren Unmut über die unzureichenden Bemühungen der Finanzbranche zur Bewältigung der Klimarisiken geäußert. Nun sollen die Banken Daten darüber vorlegen, wie ihre Bilanzen bis zum Jahr 2050 aussehen könnten.

Das geht aus vertraulichen Dokumenten hervor, die die EZB den Banken zugeschickt hat, heißt es bei Personen, die mit dem Prozess vertraut sind. Die EZB interessiert sich auch dafür, wie sich CO2-Risiken auf die Gewinne auswirken.

Angesichts der zentralen Rolle von Banken bei der Finanzierung der Wirtschaft will die europäische Politik die Kreditgeber zu einem Hebel im Kampf gegen den Klimawandel machen. Wenn Banken mit CO2-intensiven Kreditbüchern höhere Kapitalanforderungen drohen, könnte dies ihre Dividendenkapazität schmälern, womit das Thema auch für Bankaktionäre relevant wird.

Die Methodologie für den Stresstest könnte bis Oktober vorgelegt werden, sagte eine der Personen. Die Institute sollten der EZB Prognosen vorlegen, wie sich ihre Portfolios über Zeiträume von zehn, 20 und 30 Jahren entwickeln könnten. Ein EZB-Sprecher lehnte eine Stellungnahme ab.

ESG-Standards werden unterschätzt

Das explosive Potenzial von Nachhaltigkeits-Standards für die Finanzbranche wurde letzte Woche offenkundig, als Investoren aus der Aktie der Fondstochter der Deutsche Bank AG flüchteten, weil sie nach Greenwashing-Vorwürfen ins Visier von US- und deutscher Aufsicht geraten war. Die DWS beteuert zwar, nichts Falsches getan zu haben, doch der Vorfall machte deutlich, was der Finanzbranche droht, wenn sie ESG-Standards unterschätzt.

Die EZB hat bereits angekündigt, dass sich ihr Stresstest im kommenden Jahr um das Klimarisiko der Banken drehen wird und ihre Kapazität, dieses zu managen. Das Ergebnis kann auch in die Bewertungen einfließen, mit denen die Kapitalanforderungen der einzelnen Banken bestimmt werden. Die EZB hat deutlich gemacht, dass sie nach und nach Klimarisiken gleichrangig mit anderen wirtschaftliche Risiken in ihre Anforderungen einfließen lassen wird.

Im Juli hatte die Zentralbank erklärt, dass kaum eine Bank in der Eurozone angemessen auf die Risiken des Klimawandels vorbereitet sei. Eine der Personen sagte, die Notenbanker würden den Banken in diesem Monat individuelle Rückmeldungen zu den Plänen zur Behebung der Mängel geben, die sie in den Selbsteinschätzungen festgestellt haben.

Ein breiter angelegter Klimatest der EZB hat bereits die Anfälligkeit deutlich gemacht. In den Kreditportfolios der Euroraum-Banken, die am stärksten durch Klimarisiken gefährdet sind, könnte die durchschnittliche Ausfallwahrscheinlichkeit bis 2050 um 30 Prozent steigen, so die vorläufigen Ergebnisse des gesamtwirtschaftlichen Stresstests der EZB.

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