CEO Georges Kern "Breitling kann sich mit einem Finanzinvestor schneller entwickeln"

Georges Kern Quelle: Presse

Im Juli 2017 wechselte der langjährige CEO des Uhrenherstellers IWC überraschend zur Marke Breitling. Zusammen mit dem Finanzinvestor CVC will Georges Kern nun Rolex, Omega und – natürlich – IWC angreifen.

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WirtschaftsWoche: Herr Kern, wann haben Sie zuletzt eine Uhr von IWC in Ihrem Profil auf Instagram gepostet?
Georges Kern: Wahrscheinlich ein, zwei Wochen vor meinem Weggang bei Richemont.

Es war der 12. Juli 2017 – zwei Tage vor dem Communiqué, das Ihren Wechsel von Richemont zu Breitling bekanntgab. Sechs Tage später ist Breitlings erstes Modell in Ihrem Stream zu sehen. Ist der Wechsel so einfach?
Nein, auf keinen Fall. Glauben Sie mir, mein Entscheid, Richemont nach so vielen spannenden und erfolgreichen Jahren zu verlassen, fiel mir nicht leicht. Es war eine Entscheidung, die das Leben verändert. Die trifft man nicht einfach so. Es war alles wohl überlegt und mit meiner Familie, Angerhörigen und Freunden besprochen. Heute bin froh, dass ich diesen Weg gegangen bin.

Eben rutschte Ihnen am Telefon noch die Domain www.iwc... raus bevor Sie sich sofort korrigierten. Alte Gewohnheit oder doch noch Wehmut?
Nein, der Wechsel ist vollzogen. Als ich von TAG Heuer zu Richemont ging, hatte ich das gleiche Phänomen – dort war ich acht Jahre. Es braucht einfach seine Zeit. Und je mehr ich mich im Unternehmen einbringe, je mehr unsere Ideen in Bezug auf Produkt, Kampagne oder ähnliches im Unternehmen verwirklicht sind, desto größer ist die Identifikation. Am Anfang treffen Sie auf Mitarbeitende, die sie nicht kennen, diskutieren Maßnahmen, die sie nicht verstehen, und fragen sich, warum sie so sind und so weiter. Das ändert sich natürlich mit jedem Tag. Das ist wie im Fußball. Der Trainer muss die Strategie und die Taktik bestimmen, die Spieler müssen sich entsprechend organisieren, die Laufwege kennen, sich aufeinander einstellen. Das ist ein völlig natürlicher Prozess der zum Erfolg führen wird, wenn wir diszipliniert bleiben.

Breitling

Manager in der Uhrenbranche sind in der Regel schon vor ihrer Arbeit Uhrenliebhaber gewesen. Haben Sie sich je für eine Breitling interessiert? Oder besitzen Sie gar eine?
Jetzt ja. Ich war aber schon von Breitling fasziniert zu meiner Zeit bei TAG Heuer. Aus zwei Gründen: Breitling hatte Ende der Achtzigerjahre in Frankreich eine phänomenal witzige Werbekampagne. Ich war damals im Marketing bei TAG Heuer sehr neidisch darauf. Der zweite Grund war das Modell Chronomat. Damals hat TAG Heuer versucht, dagegen zu steuern. Es war ein ikonisches Produkt, das Breitling hat auferstehen lassen. Damals bin ich das erste Mal mit Breitling in Kontakt gekommen. Da ich jedoch immer bei anderen Marken arbeitete, konnte ich mir natürlich keine Breitling kaufen.

Wofür sollen die Menschen in einem Jahr, wenn Ihre Veränderungen noch stärker zu sehen sein werden, eine Breitling schätzen?
Wenn Sie sich als Kunde eine Marke leisten, kaufen Sie immer ein ganzes Paket. Breitling wird ein neues Markenimage erhalten. Wir werden eine – so meine ich – sensationelle Werbekampagne lancieren. Sehr jung, sehr dynamisch, sehr differenziert. Zudem haben wir ein neues Boutique-Konzept entwickelt, inspiriert vom Loft-Style und Industrial Chic – auch dies ganz anders, als man es von der Uhrenindustrie kennt. Wir werden Uhren der ganzen Bandbreite von extrem sportlich bis klassisch anbieten. Man kann sagen, der ganze Auftritt der Marke wird zeitgemäßer. Wir werden neue Partnerschaften eingehen, wie soeben mit der traditionsreichen britischen Motorradmarke Norton, einer coolen Marke mit einem leichten Retro-Touch. Bis zum Ende des Jahres werden hoffentlich viele Menschen, die die Marke kennen, denken: Wow.



Das denken ja durchaus auch andere Marken von sich. Wer sind Ihre Wettbewerber? Omega? Rolex?
Es gibt im Markt Uhren von günstig bis sehr teuer, von sportlich bis elegant. Breitling ist heute im sportlichen Bereich angesiedelt, stark fokussiert auf Fliegeruhren. Die Nische in der Nische sozusagen, das reicht nicht aus, um global präsent zu sein. Breitling soll bei Preisen zwischen 3000 und 9000 Euro bleiben. Im Segment darüber erwartet uns niemand und alles was darunter ist, werden wir lassen. Quarzuhren werden nicht mehr Teil des Angebots sein, mit Ausnahme der Modelle für den professionellen Einsatz, wie zum Beispiel das Modell Emergency. Unser Preissegment ist sicherlich das größte in dem man sich bewegen kann. Da ist es wichtig, ein vollumfängliches Angebot zu haben, von der klassischen Fliegeruhr über elegante Zeitmesser bis zu Damenuhren. Wir wollen in diesem Bereich der Generalist werden.

"Es ist ein Vorteil, dass wir allein sind"

Sie haben lange Jahre für einen Konzern gearbeitet, der in der Welt des Luxus zu Hause ist. Nun arbeiten Sie für ein Unternehmen, das einem Finanzinvestor gehört. Vorteil oder Nachteil?
Breitling ist heute schon profitabel und erfolgreich. Aber wir sind jetzt in einer Phase, in der wir uns mit einem Finanzinvestor noch schneller entwickeln und erfolgreicher werden können als in einer großen Gruppe. Es geht darum, die Marke auf die nächste Ebene zu heben und den Wert des Unternehmens nachhaltig zu steigern. Wir sind in besten Händen und können zusammen viel bewegen. Das ist definitiv ein Vorteil.

Was sind denn Ihre nächsten Schritte?
Ein hoher Anteil unseres Vertriebs wird heute über externe Agenten abgewickelt. Das wollen wir ändern, um den Kurs der Marke direkter zu bestimmen. Wir werden von heute weltweit 2000 Verkaufspunkten auf 1500 reduzieren und damit auch in Deutschland für mehr Qualität statt Quantität sorgen.

Weniger Verkaufsstellen, weniger Umsatz?
Die Welt hat sich verändert, ist mobiler und virtueller geworden. Für uns bleibt die mechanische Uhr im Mittelpunk. Neu werden wir unseren Kunden jedoch die Möglichkeit bieten, ihre Breitling online, in unseren Boutiquen oder aber bei einem von uns auserwählten Händler zu kaufen. Diese Omnichannel-Strategie ist heute praktisch in allen Branchen bereits implementiert. Solche Veränderungen im Marketing, im Vertrieb, wie auch bei den Produkten in Rekordzeit zu vollziehen, das ist in größeren Strukturen sehr schwierig.

Die erste Breitling mit der Handschrift von Georges Kern - das Modell Navi8. Quelle: PR

Sie halten, so heißt es, eigene Anteile an Breitling in Höhe von fünf Prozent. Warum?
Weil sich mir die Gelegenheit bot und weil ich Lust dazu hatte.
Nervenkitzel?
Nein, so denke ich nicht. Aber wenn wir Erfolg haben, dann möchte ich daran partizipieren. Unternehmer zu sein, hat mich schon immer interessiert.
In der Regel veräußern Investoren wie CVC ihre Marken nach einigen Jahren. Wer würde, eine Wertsteigerung vorausgesetzt, denn Breitling dann kaufen?
Das CVC-Team, mit dem wir heute zusammenarbeiten, ist unglaublich smart, schnell und erfahren. Ich bin überzeugt, dass es zum richtigen Zeitpunkt den richtigen Käufer findet, damit sich die Marke noch einmal weiterentwickeln kann. Wann das sein wird, weiß ich nicht. Ich konzentriere mich auf meine Aufgabe als CEO von Breitling. Es gibt viel zu tun in den nächsten Jahren.

In Europa ist es erfolgsentscheidend, beim Juwelier genügend Schaufensterfläche zu bekommen. Große Gruppen wie Richemont, Kering oder LVHM können ihre Marken gesammelt präsentieren. Mit Breitling stehen Sie allein da. Haben Sie beim Juwelier überhaupt eine Chance?
Ein Riesenvorteil. Gerade weil wir Einzelkämpfer sind.

Wieso?
Ich war auf Tour um die ganze Welt: China, Singapur, Hongkong, überall in Europa – die Juweliere lieben das. Wir können schneller entscheiden, sind flexibler und unabhängig. Diesen Vorteil haben wir – und er wird auch von den Händlern geschätzt.

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