WirtschaftsWoche: Herr Kern, wann haben Sie zuletzt eine Uhr von IWC in Ihrem Profil auf Instagram gepostet?
Georges Kern: Wahrscheinlich ein, zwei Wochen vor meinem Weggang bei Richemont.
Es war der 12. Juli 2017 – zwei Tage vor dem Communiqué, das Ihren Wechsel von Richemont zu Breitling bekanntgab. Sechs Tage später ist Breitlings erstes Modell in Ihrem Stream zu sehen. Ist der Wechsel so einfach?
Nein, auf keinen Fall. Glauben Sie mir, mein Entscheid, Richemont nach so vielen spannenden und erfolgreichen Jahren zu verlassen, fiel mir nicht leicht. Es war eine Entscheidung, die das Leben verändert. Die trifft man nicht einfach so. Es war alles wohl überlegt und mit meiner Familie, Angerhörigen und Freunden besprochen. Heute bin froh, dass ich diesen Weg gegangen bin.
Eben rutschte Ihnen am Telefon noch die Domain www.iwc... raus bevor Sie sich sofort korrigierten. Alte Gewohnheit oder doch noch Wehmut?
Nein, der Wechsel ist vollzogen. Als ich von TAG Heuer zu Richemont ging, hatte ich das gleiche Phänomen – dort war ich acht Jahre. Es braucht einfach seine Zeit. Und je mehr ich mich im Unternehmen einbringe, je mehr unsere Ideen in Bezug auf Produkt, Kampagne oder ähnliches im Unternehmen verwirklicht sind, desto größer ist die Identifikation. Am Anfang treffen Sie auf Mitarbeitende, die sie nicht kennen, diskutieren Maßnahmen, die sie nicht verstehen, und fragen sich, warum sie so sind und so weiter. Das ändert sich natürlich mit jedem Tag. Das ist wie im Fußball. Der Trainer muss die Strategie und die Taktik bestimmen, die Spieler müssen sich entsprechend organisieren, die Laufwege kennen, sich aufeinander einstellen. Das ist ein völlig natürlicher Prozess der zum Erfolg führen wird, wenn wir diszipliniert bleiben.
Breitling
Léon Breitling gründete 1884 die Uhrenmarke in Saint-Imier. Die Marke wurde 1979 von Ernst Schneider gekauft. Dessen Sohne Theodore verkaufte 80 Prozent des Unternehmens an CVC Capital. Breitling hat sich als Hersteller von Fliegeruhren mit starkem maskulinen Touch erarbeitet. Die Marke kooperiert mit dem Autohersteller Bentley.
CVC Capital Partners wurde 1981 gegründet. Das Private Equity-Unternehmen sitzt in Luxemburg und hat laut eigenen Aussagen bei mehr als 300 institutionellen, staatlichen und privaten Investoren zusammen mehr als 85 Milliarden US-Dollar eingeworben. Mit diesem Kapital wurden zahlreiche Unternehmen übernommen in völlig unterschiedlichen Industriezweigen.
Vor seinem Start in der Uhrenindustrie bei TAG Heuer arbeitete der Absolvent der St. Gallener Universität bei Kraft Foods Schweiz. Im Jahr 2000 stieg der 1965 geborene Kern bei Richemont ins Unternehmen ein. Mit 36 Jahren wurde er der jüngste CEO einer der Richemont-Marken. Er führte die Marke IWC bis Ende 2016 bevor er als Head of Watchmaking sämtlichen Marken des Konzerns, u.a. Lange & Söhne, Piaget oder Jaeger LeCoultre, vorstand. Mitte 2017 wechselte Kern zur Überraschung vieler auf den Posten des CEO bei Breitling. Er hält eine Beteiligung von fünf Prozent an dem Unternehmen, das von CVC Capital Partners gekauft wurde.
Manager in der Uhrenbranche sind in der Regel schon vor ihrer Arbeit Uhrenliebhaber gewesen. Haben Sie sich je für eine Breitling interessiert? Oder besitzen Sie gar eine?
Jetzt ja. Ich war aber schon von Breitling fasziniert zu meiner Zeit bei TAG Heuer. Aus zwei Gründen: Breitling hatte Ende der Achtzigerjahre in Frankreich eine phänomenal witzige Werbekampagne. Ich war damals im Marketing bei TAG Heuer sehr neidisch darauf. Der zweite Grund war das Modell Chronomat. Damals hat TAG Heuer versucht, dagegen zu steuern. Es war ein ikonisches Produkt, das Breitling hat auferstehen lassen. Damals bin ich das erste Mal mit Breitling in Kontakt gekommen. Da ich jedoch immer bei anderen Marken arbeitete, konnte ich mir natürlich keine Breitling kaufen.
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Wofür sollen die Menschen in einem Jahr, wenn Ihre Veränderungen noch stärker zu sehen sein werden, eine Breitling schätzen?
Wenn Sie sich als Kunde eine Marke leisten, kaufen Sie immer ein ganzes Paket. Breitling wird ein neues Markenimage erhalten. Wir werden eine – so meine ich – sensationelle Werbekampagne lancieren. Sehr jung, sehr dynamisch, sehr differenziert. Zudem haben wir ein neues Boutique-Konzept entwickelt, inspiriert vom Loft-Style und Industrial Chic – auch dies ganz anders, als man es von der Uhrenindustrie kennt. Wir werden Uhren der ganzen Bandbreite von extrem sportlich bis klassisch anbieten. Man kann sagen, der ganze Auftritt der Marke wird zeitgemäßer. Wir werden neue Partnerschaften eingehen, wie soeben mit der traditionsreichen britischen Motorradmarke Norton, einer coolen Marke mit einem leichten Retro-Touch. Bis zum Ende des Jahres werden hoffentlich viele Menschen, die die Marke kennen, denken: Wow.
Das denken ja durchaus auch andere Marken von sich. Wer sind Ihre Wettbewerber? Omega? Rolex?
Es gibt im Markt Uhren von günstig bis sehr teuer, von sportlich bis elegant. Breitling ist heute im sportlichen Bereich angesiedelt, stark fokussiert auf Fliegeruhren. Die Nische in der Nische sozusagen, das reicht nicht aus, um global präsent zu sein. Breitling soll bei Preisen zwischen 3000 und 9000 Euro bleiben. Im Segment darüber erwartet uns niemand und alles was darunter ist, werden wir lassen. Quarzuhren werden nicht mehr Teil des Angebots sein, mit Ausnahme der Modelle für den professionellen Einsatz, wie zum Beispiel das Modell Emergency. Unser Preissegment ist sicherlich das größte in dem man sich bewegen kann. Da ist es wichtig, ein vollumfängliches Angebot zu haben, von der klassischen Fliegeruhr über elegante Zeitmesser bis zu Damenuhren. Wir wollen in diesem Bereich der Generalist werden.