Interview Horst Rahe "Wir wollen den Ruf des Elitären loswerden."

Horst Rahe. Quelle: imago images

Horst Rahe über die Gründe für das Clubmodell in seinem Hotel Paradies und den Wunsch nach mehr Ungezwungenheit.

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Herr Rahe, Sie betreiben als Eigner das Hotel Paradies seit 1992. Nun wollen Sie Anteile daran verkaufen, es zu einem Club umbauen und für einige Monate im Jahr exklusiv Mitgliedern zur Verfügung stellen. Warum machen Sie das? 

Es ist ein Trend in zweierlei Hinsicht. Zum einen, irgendwo eine eigene Bleibe zu haben. Auf der anderen Seite ist da die Sharing-Idee und dass man mit Ressourcen nicht verschwenderisch umgeht. Früher hat man sich ja, wenn es ging, eine Immobilie gekauft. Das ist in der Schweiz ja recht kompliziert. Da hat man dann 11 Monate im Jahr die Rolladen runtergelassen und hochgezogen, wenn man mal da war. Mit dem Club haben Sie die Möglichkeit, ein privates Haus zu haben, das man eben mit anderen teilt. Dadurch wird das Haus das ganze Jahr genutzt, was am Ende deutlich preiswerter ist. Sie haben eine laufende Infrastruktur und die Sorgen eines eigenen Hauses werden ihnen abgenommen. Da tropft mal der Wasserhahn, da fällt die Heizung aus – im Club haben sie ein Private Home, müssen sich aber um nichts kümmern.

Horst Rahe

Auch ihre Henri-Hotels kultivieren den Gedanken, dass man ein Wohnzimmer teilt und bestimmte Dinge einfach da sind. Ist zwanglos das neue Credo der Hotellerie? 

Ja, das ist es. Wir wollen diese Barrieren, die wir auch im Louis C. Jabob hatten und diesen Ruf des Teuren, der ja gar nicht immer stimmt, einreißen. Den Ruf des Elitären wollen wir los werden. Das gilt für alle unsere Betriebe. Wir wollen uns der Art anpassen, wie die Menschen heute leben – von den Resorts aja und A-Rosa über die Henri-Hotels, Louis C. Jacob und eben auch das Paradies.

Das Ziel ist aber die ausschließliche Nutzung durch Anteilseigner?

Für gewisse Zeiten. Es wird auch weiter als Hotel betrieben – aber für rund sechs Monate im Jahr steht es nur den künftigen Membern zur Verfügung. Im Winter und Sommer und Herbst, aber darauf haben die Mitglieder noch Einfluss.

Sie haben verschiedene Kategorien: Owner, denen für Summen ab 350.000 Franken ein Anteil gehört und Member, die für 10.000 Franken eine Mitgliedschaft abschließen. Wofür kaufen, wenn man auch nur mieten kann? 

Das ist eine individuelle Entscheidung. Es gibt Menschen, die auch über Generationen hinaus planen und etwas besitzen wollen. Zudem gibt es für die Owner eine Verzinsung. Zu den Prozenten auf die Kapitaleinlage kommen die 14 Tage Nutzungsrecht. Es gibt eben Menschen, die sagen, sie möchten irgendwo eine Bleibe in der Schweiz haben. Es gibt auch nur 13 Mitgliedschaften, die 14. mit 25 Prozent hält meine Familie. Die werden auch im Grundbuch eingetragen. 

Und wenn der Hotelbetrieb nicht läuft und das Hotel operativ minus macht? 

Es gibt die Berechnungen für den schlimmsten Fall. Niemand kann mehr 25 Jahre im voraus planen. Die Owner können beschließen, wir stellen uns einen Koch ein und zwei Zimmermädchen, dann haben wir ein Privathaus mit Service. 

Warum ist dieses doch etwas erklärungsbedürftige Modell nötig geworden, statt den Betrieb weiter als All-Inclusive-Resort zu führen? 

Dieses Haus hat sehr viel Tradition. Ich bin 78 Jahre, meine Tochter hat nicht das ganz große Interesse daran. Da überlegt man sich, wie man so ein Haus langfristig erhalten. Daraus ist das entstanden. Es gab aber auch Stammgäste, die mich fragten, ob man sich nicht einkaufen könne. 

Hätten Sie es nicht einfach verkaufen können? 

Das auch, klar. Das ist dann immer nur die Frage, was bekommt man dafür. Und damit wäre ja nicht sichergestellt, dass es erhalten bleibt in seiner Form. 

Das Paradies in Bildern
Die Sommerterrasse des Hotels auf rund 1600 Metern Höhe. Quelle: PR
Rahes Hotel Paradies im Ort Ftan. Quelle: PR
Kulinarik im Hotel Paradies. Quelle: PR
Der Whirlpool des Paradies. Quelle: PR
Eine Suite im All-Inclusive-Hotel Paradies. Quelle: PR
Ein Wohnzimmer einer Suite. Quelle: PR
Das Paradies im Sommer. Links im Bild wieder das Hotel. Quelle: PR

Wie viele Member und Owner haben sie schon? 

Wir sind jetzt erst fertig mit den Unterlagen und mit der Möglichkeit die Anteile einzutragen. Wir haben sechs ernsthafte Interessenten und rund 10 bis 15 weitere für das Modell Owner. 50 Mitglieder für den Club gibt es ebenfalls, mehr als 200 werden es nicht. 

Sie betreiben das Hotel derzeit als All-Inclusive-Betrieb. Das wird so bleiben? 

Ja. Ich habe das im Winter selber mal genossen – sie sollen sich wie zuhause fühlen. Sie gehen einfach zum Kühlschrank und nehmen sich etwas heraus. Die Gäste haben in den Weihnachtsferien teils das Geschirr in die Küche getragen – was sie nicht müssen. Es gibt keine Belege, die  sie unterschreiben müssen. Das schafft eine ganz andere Atmosphäre. Die Menschen treffen sich, das ist wie eine WG. 

Viele All-Inclusive-Konzepte, auch in der Spitze, sind nur fast All-Inclusive. Auch Sie können sicher keinen Rotwein der Domaine Romanée-Conti frei ausschenken lassen – was aber, wenn der Gast so einen Wein möchte, dann muss er ja doch wieder zahlen? 

Wir haben eine sehr gute Kooperation mit hervorragenden Winzern, aber wenn sie einen Petrus wollen oder einen Mouton-Rothschild, dann müssen sie den bezahlen.

Aber den gibt es schon noch?

Natürlich gibt es sehr hochwertige Weine. Die Weinkarte hat 80 Positionen, 40 davon sind All-Inclusive, bei den anderen müssen Sie zuzahlen. 

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