Manufakturen Luxusuhren für Autonarren

Parmigiani Type 390 und Bugatti Chiron. Quelle: Presse

Seit jeher suchen Hersteller von Luxusuhren und Luxusautos die Nähe. Die Uhrenbranche hat dabei schon durchgemacht, was den Autoherstellern an Disruption noch bevorsteht.

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Vielleicht könnten sich die Hersteller von Autos mit Verbrennungsmotoren etwas zurücklegen, wenn sie einen Blick auf die Uhrenbranche werfen, die seit Mitte der Achtzigerjahre kräftig durcheinandergewirbelt wurde.

Dank des (günstigen) Quarzantriebs wurden die Platzhirsche vom Markt verdrängt, über Jahrhunderte angesammeltes Know-how über eine Antriebstechnik obsolet.

Nachdem die Casios und Seikos dieser Welt mit ihren elektrisch betriebenen Uhren den Räderwerk-Tüftlern in der Schweiz das Leben schwer machten, konnten die sich jedoch in einer hoch lukrativen Nische einrichten: Der schönen, technisch unterlegenen, aber romantischen und charmanten Welt der mechanischen Uhren.

Die Parmigiani 390 im Detail
PARMIGIANI Bugatti Typ 390 Quelle: PR
Ohne Gehäuse lässt sich die wichtigste Besonderheit noch rascher erkennen. Im runden Oberteil gleich vorne das goldene Rad ist die Unruh, deren Schwingungen für die Präzision der Zeitanzeige verantwortlich sind. In diesem Falle ist es Tourbillon. Das bedeutet, dass die Unruh sich in ihrer Gesamtheit einmal pro Minute um sich selbst dreht. Das war früher in Taschenuhren nötig, da diese die meiste Zeit des Tages aufrecht in der Tasche verweilten. In dieser Position wirkt sich aber die Schwerkraft auf die Unruh aus. Das gleicht das Tourbillon aus. In der 390 ist das im Gegensatz zu vielen Armbanduhren, die eben nicht die meiste Zeit die Unruh in aufrechter Position haben, sinnvoll. Das ergibt sich aus der Position, die die Uhr am Arm hat. Quelle: PR
Das Zahnrad ist die Krone. Hier wird die Uhr gestellt und aufgezogen. Die Silhouette nimmt Bezug auf das Auto zur Uhr: Den Bugatti Chiron. Quelle: PR
Im Blick: Die beiden Federhäuser oben, die die Kraft speichern. Unten: Das Räderwerk, das die Kraft überträgt. Quelle: PR
Die Auto-Anmutung ist kein Zufall. Sondern ausdrücklich Absicht. Quelle: PR
Auto und Uhr zusammen kosten mehr als drei Millionen Euro. Beides zusammen wird der Normalsterbliche selten sehen.
Hier die offizielle Erklärung, was die Indizes, der Zeiger und die Räder zu bedeuten haben: "Das Uhrwerk PF390 ist mit einem Ausgleichsgetriebe mit konischer Verzahnung ausgestattet, das die Anzeige der Gangreserve gewährleistet. Eine eigens dafür entwickelte Saphirröhre am Rande des Uhrwerksermöglicht dabei den Blick ins Innere: Man kann zusehen, wie das Räderwerk der Gangreserve einen feststehenden Zahnkranz antreibt. Der Kegel dreht sich auf zwei Führungsringen und ermöglicht dank eines feststehenden Zeigers das Ablesen der Gangreserve in der Röhre."Ah, so ist das. Quelle: PR

In dieser wirkt seit den Siebzigerjahren auch Michel Parmigiani. Gestartet als Restaurateur komplizierter historischer Uhren, begann er schon wenige Jahre nach der Gründung der nach ihm benannten Manufaktur für Armbanduhren im Jahr 1996 eine Kooperation mit dem Autohersteller Bugatti. 2006 wurde die 370 vorgestellt, basierend auf dem Veyron.

„Die Verbindung ist einfach: Beides hat einen Motor“, sagt Parmigiani mit entwaffnender Überzeugung. Nun ist das Modell 390 auf den Markt gekommen, 295.000 Schweizer Franken teuer. Ein Schicksal, das die neue Uhr mit ihrer Bezugskarosse Bugatti Chiron aus der Automanufaktur in Molsheim teilt: 2,86 Millionen Euro – ohne Extras.

Es ist mit die Spitze einer ganzen Gattung, die recht unverblümt vermeintliche Interessen einer männlichen Kundschaft bedient: Autos und Uhren. Kaum eine Luxusmarke, die nicht dabei ist. Seien es Ferrari und Hublot, Rolls-Royce und Girard-Perregaux, AMG mit IWC, Breitling for Bentley, Aston Martin mit Jaeger-LeCoultre, Lamborghini mit Roger Dubuis. Es ist ein kleines, feines Segment, über dessen wirtschaftlichen Erfolg sich die eh diskrete Branche noch stärker in Schweigen hüllt.

Rolex setzt als einige der wenigen Marken auf einzelne Fahrer wie Mark Webber und einzelne Autorennen wie Daytona – dem Namensgeber einer Uhrenreihe des Branchenprimus.

Es beginnt auf kleinster Ebene mit Uhren, die im Zifferblatt das Logo von Maserati oder Ferrari tragen – und für einige hundert Euro aus der Massenproduktion stammen. Den Hauch fast banaler Devotionalien versuchen die großen Uhrenmarken jedoch seit jeher zu meiden. Es geht stets um gemeinsame Werte, Inspirationen und im besten Fall gemeinsame Entwicklung.

Für eine Kooperation wird auch schon mal eine auf Außenstehende ungewöhnlich wirkende Variante entwickelt. Anfang des Jahres beispielsweise zeigte die Marke Roger Dubuis ein Modell aus seiner Serie Excalibur. Die Spider entstand, laut Dubuis, in Zusammenarbeit mit dem Reifenhersteller Pirelli. Von im Rennen zerschlissenen Formel-1-Reifen gewann der Hersteller Granulat, das wiederum in die Herstellung der Armbänder einging – äußerlich erinnerte ein Profilmuster im Armband an seine Herstellung. Dass das Armband besseren Grip am Handgelenk hätte, wurde dabei immerhin nicht behauptet.

Daytona, Mille Miglia, Le Mans

Die Verbindung zwischen Autorennen und Uhren hat eine lange Tradition. Eine der bekanntesten dürfte die Marke TAG Heuer mit ihrer Monaco eingegangen sein. Die inzwischen ikonische quadratische Form war an Schauspieler Steve McQueen in dem Film „Le Mans“ zu sehen.

Oft sind es persönliche Beziehungen zum Rennsport oder Leidenschaft für Autos, die den Wunsch der Uhrenhersteller nach Nähe zum Motorsport auslösen. Karl-Friedrich Scheufele, Co-Präsident der Marke Chopard, ist mehrfacher Teilnehmer der Oldtimerrallye Mille Miglia in Italien.

Auch der Franzose Richard Mille pflegt seine intensive Liebe zu Autos. Dieses Jahr stellte seine Marke, die Uhren mit Preisen von mehr als einer Million Euro herstellt, eine Partnerschaft mit McLaren vor, die, so Mille, über ein Bekenntnis zu ähnlichen Werten wie Leidenschaft und Leistung darstellen sollte. Die Entwickler beider Unternehmen, so heißt es, hätten sich bei der Verwendung extrem leichter und stabiler Materialien ausgetauscht.

Herausgekommen ist dabei eine Uhr, deren Gehäuse unter anderem aus einem Material namens Graphen besteht – es soll um ein Vielfaches leichter, dafür aber 200 mal stabiler als Stahl sein. Auf rekordverdächtig niedrige 40 Gramm summieren sich Gehäuse und Uhrwerk – dem Träger bleibt damit neben dem Wissen, eine besondere und optisch massive Uhr zu besitzen, das Gefühl eigentlich ein Nichts am Arm zu tragen.

Michel Parmigiani hat sich für das jüngste Modell des Hauses, der 390, vom Motorblock eines Autos inspirieren lassen. Wie ein Zylinder ist das Federhaus, das die Energie speichert, quer zum Uhrwerk in das zweiteilige Gehäuse eingebaut. Über ein mechanisches Element, werden die Zeiger bewegt. Dank dieser Konstruktion ist das Gehäuse mit einem Scharnier ausgestattet, es soll sich auf diese Art flexibel an den Arm seines Besitzers schmiegen.

Der muss nicht zwingend ein Bugatti-Fahrer sein. Das Gros der Käufer der gebrandeten Uhren stamme aus der Welt der Uhrensammler, die technische Finessen lieben.

Was aber, wenn in nicht allzu ferner Zukunft der Verbrennungsmotor seinen letzten Zündfunken verfeuert hat und Elektroaggregate den Ottomotor ersetzen, wie einst die Quarzwerke die mechanischen Uhren? „Das spielt keine Rolle für uns. Es bleibt ein Auto mit einem Antrieb.“

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