Familie Steffens (Name von der Redaktion geändert) aus Breitscheidt war entsetzt, als sie an ihrem Ferienhaus im luxuriösen Puerto Portals auf Mallorca ankam und schon jemand anderes in der für die nächsten zwei Wochen gebuchten Villa wohnte. „Nach einem kurzen telefonischen Gespräch mit dem Besitzer war schnell klar, dass wir reingelegt worden waren“, berichtet der Familienvater, der sich inzwischen seiner Naivität schämt.
Gebucht hatten sie über die Seite sol-bookings.com, eine Kopie von solbookings.com, wie die richtige Seite heißt. Über diese Betrugs-Webseite hatte die Familie 5000 Euro im Voraus gezahlt. „Nach der Überweisung haben wir nichts mehr vom vermeintlichen Besitzer gehört“.
Der eigentliche Villa-Besitzer Bernhard Polls (Name von der Redaktion geändert) lebt in Deutschland und vermietet sein Haus ausschließlich über das Portal Airbnb. Er konnte den Fall nicht glauben, wollte seinen Anwalt einschalten, damit er der Familie Steffens helfen kann. Doch der auf Mallorca ansässige deutsche Rechtsanwalt Tim Wirth wusste, dass es da nicht viel zu holen gab: „Es ist ein sehr mühseliges Verfahren und fast hoffnungsloses Unterfangen“, erzählt er. „Man hat zwar rechtlich etwas in der Hand, der Server der Betrüger steht aber meist weit weg von Europa. Dort sind Urteile dann schwierig zu vollstrecken“. Er rät deswegen, solche Summen nie im Voraus zu bezahlen und besonders bei vermeintlichen Schnäppchen vorsichtig zu sein.
Innerhalb von wenigen Tagen nach dem Auffliegen des Betrugs war die Seite, auf der die Familie das Haus gemietet hatte, sol-bookings.com, nicht mehr im Netz. Dadurch hatten sie jenseits des Überweisungsbelegs keinen Beweis mehr in der Hand. Diese Art von Betrügereien sind nicht neu, doch sie nehmen einen anderen Charakter an: „Die meist als Banden organisierten Betrüger treten jetzt auch an Leute heran, die eigentlich genug Bildung und Erfahrung haben müssten, dass sie Summen wie 5000 Euro nicht einfach so überweisen. Zugegebenermaßen sind die Seiten teilweise sehr gut gemacht und basieren auf bekannten Marken“, sagt Wirth.
Villenbesitzer Polls ist das Ganze immer noch schleierhaft. Woher die Betrüger die Bilder und die Adresse seines Hauses hatten, kann er nur raten: „Von einer Maklerseite im Internet vielleicht. Das Haus steht seit mehreren Jahren zum Verkauf“, mutmaßt er.
Für seinen Anwalt sind Fälle wie dieser ein Grund mehr, genau aufzupassen, welche persönlichen Daten ins Internet gestellt werden: „Wir haben uns so daran gewöhnt, alles online abzuwickeln. Aber ich bin skeptisch und rate auch meinen Mandaten, vorsichtig zu sein“. Nicht nur die Urlauber werden reingelegt, sondern indirekt auch Plattformen wie Airbnb und solbooking, deren Namen für solche Betrügereien herhalten müssen. Auf spanischen Immobilienportalen wie idealista.com werden zudem Wohnungen zu Spottpreisen angeboten, wo als Referenz eine gefälschte Anzeige von Airbnb angegeben wird und der Besitzer nie telefonisch, sondern immer nur über den Messenger WhatsApp zu erreichen ist.
Worauf Urlauber bei Ferienwohnungen achten sollten
Polls hat sich inzwischen auch schlau gemacht, wie die Betrüger arbeiten und rät auf Folgendes zu achten: „Wenn die Anzeige keinen Terminkalender aufweist, also immer frei ist, dann ist das schon verdächtig. Auch Bewertungen für die Immobilie von anderen Gästen sollte es geben“.
Wer von privat anmietet, muss immer damit rechnen, dass irgendetwas schiefgeht, argumentieren die großen Plattformen wie Porta Holiday. Geschäftsführerin Janine Klein rät jedem dringend zu schauen, ob die Web-Plattform im Impressum oder unter dem Eintrag Kontakt einen konkreten Firmensitz und eine Steuernummer ausweisen sowie irgendwo auch detaillierte Servicedaten: „Darüber hinaus sollte ein Büro vor Ort sein, an das sich die Gäste jederzeit wenden können“. Porta Holiday bietet das auf Mallorca an, die meisten Web-Plattformen haben aus Kostengründen jedoch nur eine Hotline.
Genug von Betrügereien: Spanier schieben Riegel vor
Auf den Balearen wurde wegen des ständigen Ärgers mit Ferienwohnungen jetzt kurzer Prozess gemacht. Hier kann sich ab sofort jeder schützen, indem er bei Angeboten nachschaut, ob eine touristische Lizenznummer aufgeführt ist. Ohne die darf auf den Inseln nicht mehr vermietet werden.
Mit der kostenlosen App „Ferienvermietungscheck Mallorca“ können Urlauber zum Beispiel prüfen, ob die Nummer, die sie ihm Web gesehen haben, wirklich existiert und die Immobilie damit über eine offizielle Vermietungsgenehmigung verfügt. „Außerdem kann die Mitgliedschaft der Plattform in einem offiziellen Verband ein Hinweis auf die Seriosität des Anbieters sein“, sagt Klein.
Auch in Barcelona und Madrid brodeln derzeit die Gemüter wegen des immer stärker wachsenden Ferienwohnungsmarkts. Lokalpolitiker fürchten, dass dadurch die Mietpreise noch weiter in die Höhe getrieben werden. Zusätzlich gibt es immer mehr Ärger, weil viele nicht als touristische Ferienwohnungen registriert sind und Besitzer damit nicht nur jahrelang schwarz Mieteinnahmen eingesteckt haben, sondern auch keinen Mindeststandard garantiert haben. Das schadet dem Image einer Stadt.
Barcelonas Bürgermeisterin Ada Colau hat vor allem Airbnb im Visier. Rund 5000 Vermieter sind bereits zu Strafen verdonnert worden, viele davon keine spanischen Bürger. Von ihnen wurde die Association of People Victims by the Conflict between the Barcelona City Council and Airbnb (ACABA) gegründet: „Wir glauben, dass Airbnb seine Marktmacht und legale Schlupflöcher ausnutzt, die nachher die Vermieter ausbaden können, weil sie nicht richtig aufgeklärt wurden“, sagt Dylan Tarin, der Anwalt des Verbandes. Die Strafen liegen zwischen 30.000 und 60.000 Euro pro Fall. Rechtsanwalt Tarin verteidigt insgesamt einen Streitwert von fast 230.000 Euro.
Trotz allen Ärgers in Spanien über Airbnb und gefälschte Ferienhausanzeigen muss Porta-Holiday-Geschäftsführerin Klein zugeben, dass viele Dinge im Netz auch nur schwierig zu kontrollieren sind: „Zum Beispiel die unbefugte Kopie von Bildmaterial und Angebotstexten“. Urlaubsportale können zwar automatische Screenings nach Falschanzeigen im Netz machen, aber die rechtliche Verfolgung ist auch hier schwierig. Klein gibt einen Tipp: „Der Kunde kann prüfen, ob die Anzeige echt ist, indem er die URL des Bildes bei Google eingibt. Es erscheinen dann alle Seiten, auf denen die Aufnahme zu finden ist“.
Für Familie Steffens ist es zu spät. Sie mussten im Juni den nächsten Flug nach Hause nehmen und gehen ab sofort lieber wieder ins Hotel. Villenbesitzer Polls will eigentlich auch nur noch sein Haus verkaufen: „Vermieten ist ein ganz eigener Job, ich habe einfach keine Zeit und keine Nerven mehr dafür“. Auch der ehemalige Airbnb-Gastgeber Neal Shanahan hat es aufgeben. Der Irländer lebt in Barcelona und ist einer derjenigen, der von der Lokalregierung eine Strafe von 30.000 Euro aufgebrummt bekam, weil er Zimmer seines Appartements bis vor Kurzem ohne Lizenz über Airbnb vermietet hat: „Es ist alles viel zu unsicher und ich kann nur hoffen, dass ich Recht bekomme und das Gericht uns glaubt, dass wir von Airbnb nicht richtig aufgeklärt worden sind“. So versucht jeder, sich aus der Affäre zu ziehen.