Urlaub auf Schweröl So schmutzig sind selbst die saubersten Kreuzfahrtschiffe

Umwelt: Selbst die saubersten Kreuzfahrtschiffe sind schmutzig Quelle: dpa

Die Deutschen lieben Kreuzfahrten. Doch ein Ranking des Naturschutzbundes zeigt: Die Umweltbilanz ist verheerend. Auch die saubersten Schiffe sind bei weitem nicht „grün“ – und nur ein einziges fährt ohne Schweröl.

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Die Deutschen lieben Kreuzfahrten. Mit 2,2 Millionen Passagieren ist Deutschland der drittgrößte Markt weltweit hinter den USA und China. Die günstigen Grundpreise sind verlockend, die Branche boomt – doch die Umweltbilanz ist verheerend. Die Motoren der Kreuzfahrtschiffe nutzen nach wie vor Schweröl als Treibstoff, den wohl schmutzigsten Kraftstoff überhaupt.

Der Deutsche Naturschutzbund (NABU) hat ein Ranking der saubersten europäischen Kreuzfahrtschiffe erstellt, das zeigt, wie schlecht es um die Klimabilanz der Kreuzfahrtbranche insgesamt steht. Nur ein einziges Kreuzfahrtschiff weltweit wird nicht per Schweröl betrieben. Die AIDAnova läuft mit Flüssigerdgas, das dabei laut NABU ähnlich hohe Emissionen erzeugt wie Dieselkraftstoff. Das ist zwar immer noch weit entfernt von einer „sauberen“ Schifffahrt, im Vergleich zum Schweröl aber reduziert es die Abgasbelastung erheblich.

Mit vier Punkten liegt die AIDAnova daher unangefochten auf Platz 1. Dahinter folgen nur 14 weitere Schiffe, auf denen überhaupt über die gesetzlichen Vorgaben hinaus etwas gegen die Umweltbelastung durch ihre Schwerölmotoren unternommen wird. Ab dem 16. Platz liegen daher alle weiteren 61 Schiffe mit null Punkten gleichauf.

Einen Punkt vergibt der NABU für den Einsatz von Rußpartikelfiltern (wie sie auch in Dieselfahrzeugen gegen Feinstaub eingesetzt werden), die Versorgung mit schwerölfreiem Strom im Hafen, den kompletten Verzicht auf Schweröl und SCR-Katalysatoren zur Reduktion von Stickoxiden. Solche Katalysatoren werden auch in Dieselmotoren verbaut, ihre Manipulation durch Abschalteinrichtungen ist Kern des Dieselskandals in der Autobranche. Einen halben Punkt gibt es für die Nutzung von Scrubbern zur Abgas-Entschwefelung auch außerhalb der Regionen, in denen dies vorgeschrieben ist, und den Verzicht auf Schwerölantriebe in sensiblen Umwelt-Regionen.

Auffällig ist, dass deutsche Kreuzfahrtgäste anscheinend besonders umweltbewusst sind: Fast alle Schiffe im Sauberkeits-Ranking, die auch Punkte erhalten haben, stammen von deutschen Reedereien (Hapag-Lloyd, TUI) oder bedienen primär den deutschen Markt (AIDA). Allerdings ist Deutschland auch der größte europäische Markt, was die Einführung neuer Technologien wohl erleichtert. Einzig die französische Ponant hat es mit zwei Schiffen in die „Saubersten 15“ geschafft. Naturschutzbund-Bundesgeschäftsführer Leif Miller nennt die fast flächendeckende Nutzung von Schweröl als Kraftstoff in der Kreuzschifffahrt einen „Skandal“ und fordert Einfahrverbote für schmutzige Kreuzfahrtschiffe in „mehr Hafenstädte(n) und besonders schützenswerte Regionen“. Solange die Branche boomt und die Politik nicht koordiniert einschreitet, werden sie mit ihrer Forderung aber wohl auf taube Ohren stoßen. Zumindest bei Städten, die noch nicht in Massen an Kreuzfahrttouristen versinken.

Die „saubersten“ Kreuzfahrtschiffe Europas
Hapag-Lloyd Kreuzfahrten, die Luxus-Kreuzfahrttochter der deutschen TUI, platziert seine vier Schiffe alle unter den 15 saubersten, die drei älteren teilen sich Platz 13. Die MS Bremen, Hanseatic (beide im Bild) und Europa sind jedes Jahr mehrere Monate in Arktis und Antarktis unterwegs. Sie haben einen halben Punkt erhalten, weil sie dort und in anderen sensiblen Regionen wie Grönland und Hawaii ihre Schweröltriebwerke abschalten und mit schadstoffärmerem Marine-Gasöl fahren. Quelle: obs
Davor liegen drei Schiffe, die sich mit einem Punkt den zehnten Platz teilen. Die Flagschiffe der französische Ponant, La Laperouse (im Bild) und Le Champlain, sind die einzigen in den „Top 15“, die nicht primär auf deutsche Passagiere ausgerichtet sind. Sie verwenden SCR-Katalysatoren zur Reinigung der Abgase von Stickoxiden. Quelle: PR
Gleichauf mit den Franzosen liegt die AIDAsol, die zwar ihre Abgase nicht säubert, aber im Hafen auf Landstrom läuft und dadurch die Luft in den Hafenregionen schont. Quelle: imago images
Noch ein bisschen weniger umweltschädlich ist TUI Cruises unterwegs: All ihre Schiffe (mit Ausnahme des älteren Mein Schiff 2, das 2019 ersetzt werden soll) fahren wie die Schiffe der Ponant mit SCR-Katalysator gegen Stickoxide. Zusätzlich bleiben ihre Scrubber für die Abgasentschwefelung immer eingeschaltet. Das gibt 1,5 Punkte für die fünf Schiffe und einen geteilten fünften Platz.Im Bild: Mein Schiff 4. Quelle: dpa
Die beiden AIDA-Schiffe der Hyperion-Klasse AIDAprima und AIDAperla (im Bild) könnten theoretisch noch deutlich sauberer sein. Sie versorgen sich im Hafen ohne Schwerölverbrennung mit Strom, besitzen einen Rußpartikelfilter und einen SCR-Katalysator. Allerdings werden die beiden Reinigungssysteme momentan nur zu Testzwecken eingeschaltet und sind nicht dauerhaft in Betrieb, daher hat der NABU dafür nur halbe Punkte vergeben. Sie teilen sich mit zwei Punkten den dritten Platz. Das könnte sich natürlich noch zum Positiven ändern, wobei man auch hier nicht zu optimistisch werden sollte: Sie laufen immer noch mit Schweröl und wären dann die Mustervertreter einer extrem „schmutzigen“ Branche. Quelle: obs
Das „Musterschiff“ unter den Schweröl-Riesen ist die Hapag-Lloyd Europa 2. Wie ihre Schwesterschiffe Bremen, Hanseatic und Europa läuft sie in besonders schutzbedürftigen Umweltregionen schadstoffärmer, da ohne Schweröl. Zusätzlich nutzt sie aber auch im Normalbetrieb einen SCR-Katalysator wie die meisten TUI-Schiffe und versorgt sich im Hafen vom Land mit Strom. Zweieinhalb Punkte bringen es auf den zweiten Platz. Quelle: obs
Einsam an der Spitze des Rankings liegt die AIDAnova. Sie wird ab ihrer Jungfernfahrt im Dezember 2018 weltweit das einzige Kreuzfahrtschiff sein, das komplett auf Schweröl verzichtet. Stattdessen laufen ihre Motoren mit Flüssigerdgas (LNG). Auch das ist ein fossiler Brennstoff, laut NABU mit ähnlichen Emissionswerten wie Diesel. Im Vergleich zu Schweröl bedeutet das dennoch eine enorme Reduktion der Schadstoffwerte. Quelle: obs
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