Verzierte Speisen Warum in Schwabach das Blattgold-Menü nur 29 Euro kostet

Currywurst mit Blattgold wird in Deutschland seit Jahren serviert. Der Wert einer guten Wurst liegt dabei fast höher als der der Deko. Quelle: imago images

Die Aufregung um ein vergoldetes Steak, das Fußballer Franck Ribéry aß, ist groß. Dabei ist der Wert des verwendeten Goldes kaum höher als 29 Euro. Im bayerischen Schwabach gibt es dafür ein ganzes Blattgold-Menü.

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Im Restaurant Goldener Stern ist der Name Programm. Es gibt die Goldschlägerstube, ein Goldschlägermenü und auf der Speisekarte unter „Schbeziell vo uns“ Rahmgeschnetzeltes, Schwabenteller oder Zanderfilet. Blattgoldverzierung kostet pro Gang 1,50 Euro Aufpreis.

Trotz des Irrtums zahlloser Medien, dass der Fußballer Franck Ribéry in Dubai in einem Restaurant der Kette nusr-et sich von dem Namensgeber Nusret Gökce für 1200 Euro statt der tatsächlich etwa 300 Euro servieren ließ, kochten die Gemüter hoch.

Für Hans-Joachim Rütten ist die Aufregung rund um Blattgold auf dem Essen bekannt – aber kaum nachzuvollziehen. Rütten betreibt die 1886 gegründete Goldschlägerei Blattgold Rupprecht in Schwabach. Die Stadt mit 40.000 Einwohnern bei Nürnberg ist bekannt für ihre Hersteller von Blattgold. Gold aus Schwabach klebt im Buckingham Palace, auf der Goldelse auf der Berliner Siegessäule oder in diversen Palastkuppeln in den Vereinigten Arabischen Emiraten.

Es ist unbekannt, ob das von Nusret Gökce gegrillte Tomahawk-Steak in Blattgold aus Schwabach gewickelt war. Rütten hat zwar Köche unter seinen Kunden, die Mehrheit aber geht in andere Verwendungen. „Für Lebensmittel kommen ohnehin nur zwei Sorten Blattgold in Frage“, erklärt Rütten. Entweder ein 22-karätiges mit Silberanteil oder das reine 24-karätige Blattgold, das in zahllosen Schritten aus einem zwei Zentimeter langen und drei Millimeter starken Barren zu Blattgold verarbeitet wird. „Es ist dann ein achttausendstel Millimeter dünn“, sagt Rütten. Alle anderen Blattgoldsorten könnten Kupfer oder andere Metalle enthalten: „Das wäre dann toxisch“, sagt Rütten.

Handarbeit ist die Produktion heute nicht mehr. „Wir waren die letzten, die noch rein per Hand gearbeitet haben. Es war dann aber irgendwann nicht mehr wirtschaftlich.“, sagt Rütten. Die Globalisierung und Wettbewerb aus Asien oder Pakistan sei dazu gekommen. Die – so Rütten – vielleicht nicht immer die Qualität hätte wie Schwabacher Blattgold.

Die Preise orientieren sich eher an dem Aufwand der Verarbeitung als an dem reinen Goldpreis. „Aus zwölf Gramm Gold machen sie 1000 Blatt Blattgold“, sagt Rütten. Lediglich der Zuschnitt zu den Quadraten von acht mal acht Zentimetern sei auch heute noch Handarbeit, die Maschinen bekämen das nicht so schnell hin, was die Beschneiderinnen binnen Sekunden erkennen würden, wo an welcher Stelle die Schnitte am besten zu setzen sind für gleichmäßige Ergebnisse.

So ist dann das Blattgoldheftchen mit 25 Blättern Lebensmittelqualität für Endverbraucher bei der Goldschlägerei Rupprecht um 40 Euro zu erhalten, Großkunden zahlen entsprechend weniger. „Nach dem, was ich auf Bildern gesehen habe, schätze ich, dass das kaum mehr als 30 Euro gekostet hat – wenn es hoch kommt“, sagt Rütten.

Blattgold dürfe in Deutschland im Grunde lediglich für die Produktion von Pralinen oder Spirituosen verwendet werden, sagt Rütten. „Als die ersten Currywürste mit Blattgold auf den Markt kamen, habe ich mich schon gewundert, ob da dann das Gewerbeamt aufschlägt“, sagt Rütten. Es schmecke zwar nach nichts, aber verursache ein metallisches Gefühl im Mund. Und ungefährlich sei es seiner Meinung nach auch: „Meine Mutter ist 84 geworden. Sie hat bei der Produktion, wenn mal ein Blatt kaputt ging, es sich in den Mund geschoben.“

Im Gegenteil – einige Kunden würden sogar an eine heilende Wirkung glauben. In der Homöopathie würde Blattgold verwendet, ein guter Teil der Produktion ginge auch Produzenten von Kosmetik. Und selbstverständlich wird es für die klassischen Anwendungen von Restaurateuren benötigt.

Und über die Jahre kämen Kunden mit zahllosen Wünschen für die Vergoldung auf das Unternehmen zu. Blechbüchsen für Minenarbeiter, die darin ihr Essen transportiert hätten und nach dem Berufsleben, die als Erinnerung vergoldet bekommen hätten. Fahrzeugembleme auf Motorhauben: Vergoldet. „Auf Metall hält Blattgold extrem gut. Das müssen sie schon runterschleifen“, sagt Rütten. Oder Steinschlag – der hätte der Vergoldung eines Chassis eines Porsche-Cabrios zugesetzt, das auf Messen verwendet wurde. Eine Neuvergoldung läge wohl bei etwa 8000 Euro.

Besucher Schwabachs, die nach der Besichtigung einer Goldschlägerei im Goldenen Stern einkehren, müssen nicht so viel investieren. Das exklusive Goldschläger-Menü mit original Schwabacher Blattgold mit Wildbouillon mit Kräuterklößchen, Rehrückenfilet in Whisky-Preiselbeersauce und abschließendem Zwetschgenröster kostet 29 Euro. Und erspart einem viel Kritik.

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