Unterm Strich sind die schlimmsten Handy-Marotten erledigt, würde ich sagen.
Was ist dann aber mit diesen telefonfreien Zonen? Also, ich habe noch nie feststellen können, dass eine Zugfahrt in der ICE-Ruhezone ruhiger ist als in der mit dem Handy-Symbol.
Umgekehrt: Wenn nicht gerade eine besoffene Horde hormongeschwängerter Hooligans vom Auswärtsspiel heimfährt, ist es auch in den Handyzonen meist sehr leise. Weil grundsätzlich unter sich fremden Menschen in Europa gilt: Spiel dich nicht so in den Vordergrund.
Und ich kann auch nicht verstehen, dass Fluggesellschaften wie die Lufthansa sinngemäß sagen: Bei uns an Bord gerne SMS und Internet. Aber keine Sprachtelefonie. Unsere Kunden wollen an Bord ihre Ruhe haben.
Ich habe mich mal aus reiner professioneller Neugier probeweise über die Lufthansa-Regeln hinweggesetzt und habe per Facetime über das Internet und mit Headset eine Bildtelefonie mit meiner Schwester und meinen Nichten gemacht. Ergebnis: Vor allem meine Nichten waren ganz entzückt und nach einigen Minuten fragte mich mein Sitznachbar: „Hä? Sprichst du mit mir?“ Er hatte vor lauter Turbinenlärm anfangs nicht einmal gehört, dass ich überhaupt mit der anderen Seite der Welt am Quatschen war.
Ich schlage folgende simple Regel im Flugzeug vor: „Telefonieren Sie bitte in Zimmerlautstärke.“ Fertig. Wer sich nicht dran hält, wird vom Bordpersonal zusammengeschissen. So wie es auch üblich ist, wenn man sich an Bord nicht hinsetzt und anschnallt, wenn es sein muss. Aber vielleicht haben die Fluggesellschaften in Wirklichkeit ja einfach Angst, dass ihre Internet-Verbindungen der Datenflut nicht gewachsen sind.
Der Griff zum Handy im Restaurant: wirklich so schlimm?
Bleibt der von Technikfeinden als die Handy-Ursünde verschriene Blick aufs Handy beim romantischen Dinner zu zweit. Ich sag Ihnen mal, was unhöflich ist: Sich am Esstisch die Nase zu putzen. In fast allen Kulturen ist das ein 1-A-Stimmungskiller. Aber solange wir uns in Deutschland am Esstisch die Nase putzen, kann man im Gegenzug gar nicht oft genug aufs Handy gucken. Das ist hygienischer und oft auch informativer.
Aber auch ohne Naseputzen: Das Smartphone gehört zu den Unterwegsutensilien wie Schlüssel und Portemonnaie. Und wenn es in der Hose vibriert, wird man nunmal neugierig.
Ja, es dann raus zu ziehen und die Nachrichten auf dem Startbildschirm zu überfliegen, kann dann genauso unpassend sein, wie mitten im Satz des Gegenübers das Thema zu wechseln („Merk dir, was du sagen wolltest…“), oder mit Leuten am Nachbartisch zu flirten. Manchmal kommt der Blick aufs Handy aber genau richtig. So wie es eben auch den richtigen Moment zum Themenwechsel gibt („Kannst du meinem Ex bitte ausrichten, dass-“ - Ey, guck mal hier, ein kleiner Krebs in der Muschel!“), und im dramatischsten Fall sogar den richtigen Moment, um bei einem anfangs noch romantischen Dinner anzufangen, mit dem Nebentisch zu flirten.
Hören wir also auf, uns am Esstisch die Nase zu putzen. Und verteufeln wir nicht das Telefon beim romantischen Essen. Liest der andere lieber ewig seine Nachrichten, wird wahrscheinlich sowieso nichts mehr draus.