Mangelhafte Begründung Bundesverfassungsgericht weist Klagen gegen Unternehmensanleihekäufe der EZB ab

Zentralbanken kaufen im Euro-Raum seit Juni 2016 Unternehmenspapiere. Trotz der abgewiesenen Klagen halten die Richter die Käufe nicht für unproblematisch.

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Das Bundesverfassungsgericht hatte Anfang Mai in einem aufsehenerregenden Urteil das große Kaufprogramm PSPP der EZB beanstandet Quelle: dpa

Das Bundesverfassungsgericht hat zwei neue Klagen gegen Anleihenkäufe der Europäischen Zentralbank (EZB) wegen mangelhafter Begründung abgewiesen. Der Beschluss vom 15. Juni wurde am Donnerstag in Karlsruhe veröffentlicht.

Diesmal geht es um das Programm CSPP (Corporate Sector Purchase Programme) zum Ankauf von Unternehmenspapieren. Die Beschwerden wurden nicht zur Entscheidung angenommen. Aus dem Beschluss geht aber hervor, dass die Richter die Käufe nicht für unproblematisch halten. (Az. 2 BvR 71/20 u.a.)

Über das Programm kaufen Zentralbanken im Euro-Raum seit Juni 2016 Unternehmensanleihen auf dem Primär- und Sekundärmarkt – also direkt oder etwa über Geschäftsbanken. Auch die Bundesbank macht mit. Bis Mai 2020 wurden knapp 210 Milliarden Euro in solche Papiere gesteckt. Verglichen mit dem Gesamtvolumen sämtlicher Anleihenkäufe der EZB von mehr als 2,8 Billionen Euro macht das CSPP damit nur einen kleineren Teil aus.

Die beiden Klägergruppen hatten kritisiert, dass die EZB mit dem CSPP den Wettbewerb verfälsche oder sogar ausschalte. Die Zentralbank begünstige einzelne in der Eurozone tätige Unternehmen. Damit überschreite sie ihr Mandat für die Währungspolitik.

Die Richter bezeichnen es als „nicht ausgeschlossen, dass die im Rahmen des CSPP von den nationalen Zentralbanken vorgenommenen Anleihekäufe gegen das Primärrecht verstoßen“. Das Programm verschaffe großen, teilnahmefähigen Unternehmen verbesserte Kreditbedingungen. Das könne den Wettbewerb verzerren. Die Wirtschaft werde unmittelbar mit Zentralbankgeld versorgt, das könnte in den Augen der Richter eine beihilfeähnliche Kreditvergabe darstellen.

Inhaltlich liefern ihnen die Verfassungsbeschwerden aber offensichtlich nicht ausreichend Munition für eine genauere Prüfung. Wichtige Ausführungen fehlten, heißt es in dem Beschluss - zum Beispiel dazu, wie einzelne Unternehmen begünstigt würden.

Das Bundesverfassungsgericht hatte Anfang Mai in einem aufsehenerregenden Urteil das große Kaufprogramm PSPP der EZB beanstandet und sich damit zum ersten Mal über eine Vorabentscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) hinweggesetzt. Bei dieser Entscheidung ging es um den Ankauf von Staatsanleihen.

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