Mars, Snickers, Milky Way Wie läuft der gigantische Schoko-Rückruf?

Der Schoko-Konzern Mars muss Millionen von Riegeln seiner wichtigsten Marken zurückrufen. Doch wie läuft so eine Riesenaktion eigentlich ab? Die wichtigsten Fragen und Antworten zu dem Mega-Rückruf.

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Riegel von Mars und Snickers Quelle: REUTERS

Großer Wirbel um ein kleines Stück Plastik: Der US-Süßwarengigant Mars will mit einem massenhaften Rückruf Schokoriegel in 55 Ländern aus dem Verkehr ziehen. In einem Produkt sei ein Kunststoffteilchen gefunden worden, erklärte das Unternehmen am Dienstag. Erstickungsgefahr sei nicht auszuschließen. Mars habe sich deshalb zu einem freiwilligen Rückruf entschlossen. Neben Deutschland sind Dutzende Länder weltweit betroffen.

Wie viele Riegel werden zurückgerufen?
Mars nennt die genaue Anzahl nicht. Klar ist aber, dass es sich um viele Millionen Stück handeln muss. Allein für die Niederlande hat der Konzern die Zahl von vier Millionen genannt. Insgesamt sind 55 Länder von dem Rückruf betroffen. Allerdings: In vielen dieser Länder sind nur Flughafen-Shops betroffen, die nicht über die reguläre Logistik beliefert werden.

Warum sind so viele Riegel betroffen?
Mars betreibt im niederländischen Veghel eine der weltgrößten Schokoladenfabriken. Dort werden Riegel für den gesamten europäischen Markt produziert. Das ermöglicht eine kostengünstige Produktion – bringt in diesem Fall jedoch teure Probleme mit sich. In dem Werk sollen mehrere Wochen lang Umbaumaßnahmen durchgeführt worden sein. Mindestens einmal ist dabei ein gut einen halben Zentimeter großes Plastikteilchen in die flüssige Schokolade gefallen. Ungewiss ist, ob sich der Fehler noch einmal wiederholt hat. Daher ruft Mars vorsorglich all jene Produkte zurück, die mit der in dem Zeitraum hergestellten Schokolade übergossen wurden.

Wie gefährlich sind die Mars-Riegel?
Der Kunststoff Polyethylen (PE) selbst ist beim Verschlucken wohl ungefährlich, weil er meist unverdaut den Körper wieder verlässt. Die Gefahr liegt darin, dass sich ein Mensch verschluckt. Vor allem kleine Kinder könnten ersticken.

Sind Fremdkörper in Nahrung ein häufiges Problem?


Für die industriellen Nahrungsmittelproduzenten sind solche Fremdkörper tatsächlich ein wesentliches Problem. Sie setzen daher sehr häufig Metallscanner ein, durch die alle fertigen Produkte laufen. So können etwa Schräubchen, die sich aus Maschinen gelöst haben, aufgespürt werden. Bei Plastik funktioniert das natürlich nicht.

Wie häufig gibt es Lebensmittel-Rückrufe?
Rückrufe bei Lebensmitteln kommen immer wieder vor. Die Molkerei Bergader etwa ruft gerade Käse zurück, der Metallsplitter enthalten könnte. Ungewöhnlich ist bei Mars die Größe des Rückrufs. Meist können betroffene Margen deutlich enger eingegrenzt werden und betreffen nicht so viele unterschiedliche Produktformate und Marken.

Ist es das erste Mal, dass Plastik in Mars-Produkten gefunden wurde?
Eine schleswig-holsteinische Regionalzeitung berichtet über einen ähnlichen Fall aus dem Jahr 2014. Damals soll sich ein Dithmarscher an einem Plastikstück in einem Snickers-Riegel einen Zahn abgebrochen haben. Für Mars ist die Bericht brisant, weil der Konzern bislang von lediglich einem Fall gesprochen hat. Zudem soll Mars vor zwei Jahren kaum reagiert haben: Der Hersteller habe dem betroffenen Kunden lediglich ein Paket Schokolade geschickt – obwohl dieser sich den Zahn inzwischen ziehen lassen musste. Damals habe die deutsche Mars-Tochter dem Kunden lediglich mitgeteilt, der Riegel sei im Ausland hergestellt worden. Daher liege die Verantwortung anderswo. Auf dem Zeitungsportal shz.de sind Fotos mit dem angeblichen Fund zu sehen. Es passt zu der Beschreibung einer Kunststoffabdeckung, die laut Mars diesmal gefunden worden ist. Bislang hat der Konzern zu dem Bericht keine Stellung bezogen.

Was geschieht mit den Riegeln?
Es gibt nur eine Möglichkeit: Mars muss die Produkte entsorgen. Schließlich können Schokoriegel nicht wieder repariert, eingeschmolzen oder in ihre Bestandteile zerlegt werden.

Wer zahlt für den Rückruf?


Welche Rolle spielen die Behörden?
Mars veranstaltet einen sogenannten freiwilligen Rückruf. Das heißt, der Konzern reagiert, bevor die Behörden einschreiten. Dazu ist der Konzern verpflichtet. Der niederländische Regulierer NVWA meldet, dass der Konzern proaktiv mit den Behörden kooperiere, den Rückruf aber in eigener Zuständigkeit organisiere.

Wer zahlt für den Rückruf?
Wesentliche Kosten fallen natürlich bei Mars an. Der Konzern muss schließlich viele Riegel zurücknehmen und dafür Ersatz liefern. Ob Mars dagegen versichert ist, teilte der Konzern bislang nicht mit. Auch bei den Händlern entsteht Aufwand für das Aussortieren der Riegel. Normalerweise reicht dafür aber das vorhandene Personal. Aufwendiger ist die Kontrolle von Verkaufsautomaten.

Welcher Imageschaden droht Mars?
Das ist bislang schwer einzuschätzen. Betroffen sind die Hauptmarken über viele einzelne Produkte und Haltbarkeitsdaten. Das dürfte dem Konzern zu schaffen machen, weil Kunden derzeit wohl häufig sämtliche Produkte meiden. Es gibt jedoch Stimmen, die sagen, Produktrückrufe könnten mittelfristig dem Image eines Herstellers nutzen: weil er sich damit als verantwortungsvoller Produzent zeigen kann. Mars könnte dabei Probleme machen, dass der Familienkonzern aus den USA bislang eher als verschlossen gilt. Seine Manager treten selten öffentlich auf – und wenn doch, reden sie lieber über Nachhaltigkeit als über den Konzern selbst.

Was bekommen die Kunden?
Die betroffenen Kunden werden nicht mit Bargeld, sondern mit eigenen Produkten entschädigt. „Die Verbraucher können aussuchen, welche unserer Produkte sie wollen, und sie bekommen natürlich auch noch etwas obendrauf“, sagte ein Unternehmenssprecher am Mittwoch.

Welche Produkte genau werden zurückgerufen?
Mars nennt folgende Auflistung:


Diverse Formate von Mars mit dem Mindesthaltbarkeitsdatum 07.08.2016 - 16.10.2016
Diverse Formate von Snickers 19.06.2016 - 28.08.2016
Milky Way Minis 04.09.2016 - 08.01.2017
Diverse Formate von Celebrations 19.06.2016 - 28.08.2016

Daneben gibt es seine lange Detailliste, die auch Osterprodukte wie Osterhasen enthält. Abrufbar ist sie unter mars.de – sofern die Website nicht erneut in die Knie geht, wie am Dienstag geschehen. Die Verbraucherhotline unter der Nummer 02162-500-2150 stehe täglich von 8 bis 24 Uhr zur Verfügung.

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