50 Jahre Lidl Der Discounter-König und seine sechs Erfolgs-Geheimnisse

Von

Vor 50 Jahren begann der Siegeszug von Lidl. Doch wie führte Dieter Schwarz den Discounter an die Weltspitze – und wurde so nebenbei zum reichsten Deutschen?

  • Teilen per:
  • Teilen per:

Lidl lohnt sich? Für Dieter Schwarz auf jeden Fall. Glaubt man dem „Manager Magazin“, führt der Lidl-Inhaber mit einem geschätzten Vermögen von 36 Milliarden Euro die Liste der deutschen Milliardäre an. Seit er 1973 den ersten Lidl-Markt in Ludwigshafen am Rhein eröffnete, kamen im Durchschnitt rund fünf neue Läden pro Woche hinzu. Zusammen mit dem Lidl-Schwesterunternehmen, dem Großflächen-Discounter Kaufland, spannte der Konzern so vom beschaulichen Neckarsulm nahe Heilbronn aus ein Netz von 13.300 Filialen mit mehr als 550.000 Mitarbeitern über den Globus. Sein Billig-Reich erstreckt sich über 32 Länder, reicht von Lettland über die USA bis nach Australien und spielte im vergangenen Jahr 125 Milliarden Euro Umsatz ein. In der Weltrangliste der größten Händler firmiert die Schwarz-Gruppe damit auf Platz vier, gleich hinter den US-Giganten Walmart, Amazon und Costco.

Wie war solch ein Aufstieg möglich? Glück und Zufall mögen eine Rolle gespielt haben. Doch entscheidender dürften unternehmerische Überzeugungen und die Persönlichkeit von Dieter Schwarz gewesen sein. Sechs schlichte Leitsätze lassen sich identifizieren, die das Fundament für den Siegeszug seiner Schwarz-Gruppe bildeten:

1.    Bleib wachsam, beobachte den Markt!

Den Grundstein für das heutige Billig-Imperium legte bereits  Dieter Schwarz‘ Vater, der Heilbronner Unternehmer Josef Schwarz. Er war 1930 als Gesellschafter in die Südfrüchte-Großhandlung Lidl & Co eingestiegen, die ihre Kunden in Heilbronn noch per Pferdefuhrwerk mit Bananen und Zitronen belieferte. Nach dem Krieg begann der Wiederaufbau. Josef Schwarz zwang seinen Sohn, eine Kaufmannslehre zu machen. 

„Dieter war der einzige Abiturient unseres Jahrgangs, der nicht studieren durfte“, erinnerte sich später ein Mitschüler. Immerhin durfte er aber mit dem American Field Service für ein Austauschjahr in die USA, eine Zeit, die Schwarz für den Rest seines Lebens prägen sollte. Dort sah er wohl auch das erste Mal Selbstbedienungsläden, die es in der Form in Deutschland damals noch nicht gab. Er übernahm die Idee und passte sie an deutsche Verhältnisse an. Anfang der siebziger Jahre reagierte Dieter Schwarz dann auf den Erfolg der Familie Albrecht, die in ihren Aldi-Läden Lebensmittel besonders preiswert verkaufte. 

Auf insgesamt mehr als 1,7 Billionen US-Dollar schätzen die Experten des Marktforschers Kantar den Umsatz der zehn größten Einzelhändler der Welt. Auch zwei deutsche Unternehmen sind dabei.
von Henryk Hielscher

Doch wie sollte der neue Laden heißen? Schwarz-Markt wäre kaum der passende Name gewesen – und der Vater hätte den Namen seiner Firma für das Discount-Experiment wohl ohnehin nicht hergegeben. Kurz entschlossen soll der ehrgeizige Junior einem pensionierten Berufsschullehrer und Hobbymaler namens Ludwig Lidl die Namensrechte für 1000 Mark abgekauft haben. Ein schlechter Deal für den Pensionär: Einige Jahre später prangte sein Name an immer mehr Lebensmittelläden.

2.    Entwickele einen einzigartigen Markenkern - und verteidige ihn!

Lange Zeit galt Lidl nur als Nachahmer des Aldi-Prinzips. Tatsächlich hat Schwarz Grundlegendes wie den konsequenten Preisfokus und die straffen, einfachen Abläufe vom Erzrivalen übernommen. Zugleich hat Schwarz der Handelskette aber auch einen eigenen Markenkern verpasst: Während Aldi zunächst nur Eigenmarken anbot, setzte Lidl von Anfang an auch auf Markenprodukte und auf ein insgesamt größeres Sortiment sowie früh auch auf befristete Aktionsangebote. Die Strategie zahlte sich aus. Mitte der 90er Jahre zählte Lidls Sortiment rund 1000 bis 1200 Artikel, das von Aldi nur 600 bis 700. Mit dem Verkauf starker nationaler und internationaler Marken zu Niedrigstpreisen unterstrich Lidl zum einen seine Preispositionierung. 

Lesen Sie auch das große Ranking: Die 100 innovativsten und nachhaltigsten Familienunternehmen

Zum anderen machten die Sortimentsunterschiede die Lidl-Läden für markenaffine Kunden interessanter, darunter vor allem jüngere Haushalte. Schließlich können Markenprodukte auch das Eigenmarkengeschäft stimulieren – da Markenartikel – selbst zu absolut günstigen Preisen – immer noch teurer sind als die Eigenmarken. Die Übertragung des Discountgedankens auf Markenartikel war damit die zentrale Innovation von Dieter Schwarz, die den Erfolg des Unternehmens befeuerte.  

Seit ein paar Jahren ist auch Aldi dem Charme der großen Marken erlegen und bietet Produkte wie Coca-Cola oder Nutella an. Der vermeintliche Nachahmer wird inzwischen also selbst kopiert, hat aber immer noch deutlich mehr Markenartikel im Sortiment. Mit großangelegten Werbeaktionen und Preiskämpfen versucht Lidl seine Position zu stärken.




3. Wachse oder weiche!

Anders als die Albrecht-Brüder verließ sich Dieter Schwarz bei seiner Expansion nicht nur auf die kleinen Discount-Läden. Er war zeitweise am Handelskonzern Spar beteiligt und am Lebensmittelhändler Kathreiner. Schwarz betrieb Cash&Carry-Großmärkte und versuchte, mit der Marke Hauser im Baumarktgeschäft zu reüssieren. Am Ende konzentrierte sich die Gruppe jedoch wieder auf Lidl und Kaufland und nutzte den Fall der Mauer, um im Osten die Marktführerschaft zu erringen und das Imperium fortan nach Osteuropa auszudehnen. Vor einigen Jahren folgte dann die Expansion in die USA. „Ich habe früh erkannt, dass nur kompromissloses Wachstum den Bestand der Firma sichern konnte“, gab Schwarz einst selbst zu Protokoll.

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%