Neue Büro-Welt US Banken rüsten mit Kameras am Arbeitsplatz auf

Die Pandemie schafft neue Regeln im Büro, die es gilt zu managen und deren Einhaltung zu überwachen. Aber manche Neuerungen werden als massive Eingriffe in die Privatsphäre der Belegschaft bewertet.

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Für viele Banker geht es schon bald zurück ins Büro. Doch nicht alle fühlen sich mit den einhergehenden Pandemierisiken und der neuen Überwachung wohl. Quelle: Jochen Eckel/SZ Photo/laif

Der Tag im Büro ist per App gebucht und das lockere Homeoffice-Outfit gegen Kleidung getauscht, mit der man auch vor der Überwachungskamera eine gute Figur macht: Für manche US-Banker könnte so schon bald die tageweise Rückkehr ins Büro aussehen, wenn die Geldhäuser beim Corona-konformen und geldsparenden „Desk sharing“ alle technischen Register ziehen.

Während Reservierungs-Apps fürs Büro bei mehreren Instituten in den USA - darunter der Deutschen Bank - geplant sind, gehen dem Immobiliendienstleister JLL zufolge andere Geldhäuser schon weiter. Sie verknüpfen derartige Apps mit Kameras, die die Personenzahl im Raum ermitteln, und Sensoren, die die Belegung einzelner Arbeitplätze melden.

Ein solcher Fühler am Schreibtisch würde ziemlich in die Privatsphäre eingreifen, moniert ein Angestellter und bringt damit die Zweifel zum Ausdruck, die auch andere US-Banker gegenüber der neuen Büro-Welt hegen könnten.

In den nächsten Wochen wollen neben der Deutschen Bank auch HSBC, JPMorgan Chase, Goldman Sachs und Citigroup Mitarbeiter aus dem Homeoffice in die Büros in New York und anderen US-Städten zurückholen. Die Entspannung der Corona-Lage macht es möglich, allerdings nicht für alle auf einmal.

Deshalb sollen Rotationssysteme, wie sie in der Pandemie für kleine Händler-Teams galten, auf einen größeren Teil ausgeweitet werden: Mitarbeiter kommen an unterschiedlichen Tagen ins Büro und sollen sich dort so weit wie möglich aus dem Weg gehen.

Interaktionen genauer überwachen

„Wir müssen mehr darauf achten, wann und wie Räume genutzt werden“, sagt Neil Murray vom Immobilienmanager JLL, der Büros von JPMorgan, Morgan Stanley, Goldman Sachs und andere Banken betreut. Schließlich verlangten gesetzliche Auflagen wie jene zur Kontaktverfolgung einige Zugeständnisse.

„Dazu gehört, dass wir Interaktionen genauer überwachen. Gleichzeitig müssen wir die individuelle Privatsphäre respektieren.“ Murray ließ offen, welche seiner Kunden welche Technologie nutzen.

Einen Sensor, der dem Arbeitgeber meldet, wenn der Mitarbeiter am Schreibtisch sitzt, gibt es bei der Deutschen Bank nicht. Aber wie JPMorgan und HSBC will das Frankfurter Geldhaus in den USA Reservierungs-Apps und Online-Systeme starten. Alle drei Banken arbeiten noch an den Feinheiten. Grundsätzlich könnten derartige Apps aber verfolgen, welche Mitarbeiter wann mit ihren ID-Karten im Büro einchecken und entsprechende Vorschläge für Treffen mit Team-Kollegen in bestimmten Räumen unterbreiten.

K1 und Algorithmen sollen Teams im Büro zusammenbringen

So kommen Algorithmen und Künstliche Intelligenz bei JPMorgan in einer neuen App zum Einsatz, um Arbeitplätze in der Zentrale in Manhattan zu buchen. Damit soll sichergestellt werden, dass die Mitarbeiter zur richtigen Zeit am richtigen Ort sind. JPMorgan geht davon aus, durch „desk sharing“ 60 Arbeitsplätze pro 100 Mitarbeiter zu benötigen. „Das wird unseren Bedarf an Immobilien deutlich senken“, schrieb Bankchef Jamie Dimon im April an die Aktionäre.

Auch bei der Bestimmung des Büroflächen-Bedarfs könnten die Kameras eingesetzt werden, sagt JLL-Manager Murray. Mit den Aufnahmen könne ermittelt werden, wann ein Raum bald zur Hälfte belegt und damit seine Corona-Kapazität erreicht hat.

Doch die Kameras könnten auch signalisieren, wann Räume oder ganze Büroflure leer stehen - und damit bestimmen, wann das Licht ausgeschaltet, der Hausmeister-Service abgesagt oder gleich der Mietvertrag für die Immobilie gekündigt werden kann.

Nicht alle Mitarbeiter sind bereit, zurück zu kommen

Doch ob Kameras, Präsenz-Melder und geteilte Schreibtische von allen Mitarbeitern akzeptiert werden ist weniger klar. Nicht wenige Bankangestellte in den USA haben sich zudem bisher geweigert, überhaupt in ihre Büros zurückzukehren - weil sie weiter Corona fürchten, in der Pandemie aus der Großstadt weggezogen sind oder einfach lieber zu Hause arbeiten. Die Institute werden sich etwas einfallen lassen müssen, um ihre Belegschaft wieder ins Büro zu bekommen.

Einige Geldhäuser wie Credit Suisse oder Barclays locken mit kostenlosen oder bezuschussten Mahlzeiten, die von Lieferfirmen an den Service-Eingang der Banktürme gebracht und dann zur Abholung in einem Gemeinschaftsraum weitergeleitet werden. Besonders bei Investmentbanken habe sein Dienst großen Erfolg, sagt der Chef des Lieferservices Sharebite, Dilip Rao. Das kontaktlose Essensangebot bringe die Leute zurück ins Büro. „Sie fühlen sich sicher. Sie fühlen sich versorgt.“

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