Parteienforscher zur Hamburg-Wahl FDP profitiert vom Suding-Effekt

In Hamburg könnte die FDP erstmals seit ihrem Debakel bei der Bundestagswahl wieder in einen Landtag einziehen. Rückenwind gibt den Liberalen ihre Spitzenkandidatin Katja Suding – und die Dauerschwäche der CDU.

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Die FDP-Spitzenkandidatin für die Hamburger Bürgerschaftswahl 2015, Katja Suding: „Sie verkörpert ideal das gewünschte neue Image der FDP“, sagt ein Parteienforscher. Quelle: dpa

Berlin Gut eine Woche vor der Bürgerschaftswahl in Hamburg erlebt die FDP einen ungeahnten Aufschwung. Laut dem am Freitag vom ZDF veröffentlichten Politbarometer Extra könnten die Liberalen erstmals seit ihrem Debakel bei der Bundestagswahl wieder in einen Landtag einziehen.

Die allein regierende SPD mit Bürgermeister Olaf Scholz liegt demnach weit in Führung, könnte aber in den kommenden fünf Jahren aber einen Koalitionspartner angewiesen sein. Scholz hat in den vergangenen Wochen stets erklärt, er werde das Gespräch mit den Grünen suchen, wenn er einen Regierungspartner benötige. Die CDU bliebe zweitstärkste Partei, würde in der Hansestadt aber ihr schlechtestes Ergebnis seit der Parteigründung erzielen. Der Einzug der eurokritischen AfD in das Landesparlament steht auf der Kippe.

Das von der Forschungsgruppe Wahlen erhobene ZDF-Politbarometer zeigt damit ähnliche Trends wie die am Donnerstagabend veröffentlichte ARD-Umfrage von Infratest dimap. Für die SPD ermittelt das Politbarometer 45 (ARD: 46) Prozent, für die CDU 19 (18) Prozent, die Grünen elf (elf) Prozent, die Linke 9,5 (neun) Prozent, die FDP sechs (5,5) Prozent und die AfD fünf (5,5) Prozent.

ZDF wie ARD betonten, es handele sich nur um ein Stimmungsbild für die Parteien. Für den Fall eines Scheiterns einer der kleinen Parteien an der Fünf-Prozent-Hürde hält die Forschungsgruppe Wahlen eine absolute Mehrheit für die SPD möglich.

Den Aufschwung der Liberalen führt der Berliner Parteienforscher Oskar Niedermayer auf die Spitzenkandidatin Katja Suding zurück. „Sie verkörpert ideal das gewünschte neue Image der FDP, ihre unkonventionelle Kampagne sichert der Partei die unbedingt notwendige Medienaufmerksamkeit“, sagte Niedermayer dem Handelsblatt (Online-Ausgabe).


„Hamburg ist eine Schlüsselwahl für die FDP“

Die Partei besinne sich überdies wieder auf ihren Markenkern, die Wirtschaftspolitik, und profitiere davon, dass die Konkurrenz von der Alternative für Deutschland (AfD) nicht mehr über ihre ökonomische, sondern über ihre gesellschaftspolitische Position wahrgenommen werde. „Und die CDU in Hamburg ist personell wie inhaltlich schwach“, so Niedermayer.

Nach Einschätzung Niedermayers könnte ein Erfolg der FDP in Hamburg auch den Wiederaufstieg der Bundespartei begünstigen. „Hamburg ist natürlich eine Schlüsselwahl, deren Gewinn bessere Voraussetzungen für ein Comeback auf der Bundesebene schafft“, sagte der Politik-Professor. „Aber bis zur Bundestagswahl ist es noch ein langer Weg.“

Auch der Politikwissenschaftler Everhard Holtmann von der Universität Halle-Wittenberg hält es für verfrüht, aus der Hamburger Situation Rückschlüsse auf die Entwicklung der Bundespartei zu ziehen. Schon bei der letzten Bürgerschaftswahl habe sich das Hamburger Ergebnis positiv von der damals schon erkennbaren „demoskopischen Talfahrt“ der Bundes-FDP abgehoben, sagte Holtmann dem Handelsblatt (Online-Ausgabe). Auch aktuell liege die Prognose für die hanseatische FDP deutlich über dem Umfragewert für die Bundespartei. „Eine Trendumkehr für die FDP insgesamt lässt sich also aus den Hamburger Zahlen nicht ableiten.“  

Dafür spreche auch, dass lediglich 19 Prozent der Hamburger bei ihrer bevorstehenden Wahlentscheidung bundespolitische Erwägungen mit berücksichtigten, sagte Holtmann weiter. „Dass, zöge die FDP in die Hamburger Bürgerschaft ein, daraus eine Schubwirkung für die Gesamtpartei entstünde, ist folglich nicht zwingend.“

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