Karriereleiter Wie Geschäftsreisen künftig funktionieren könnten

Wir können Erfolge im Job auch erzielen, obwohl wir gerade viel weniger Geschäftsreisen machen. So effizient könnte es nach der Krise doch bleiben. Hier kommt eine 4-Punkte-Checkliste als Entscheidungshilfe.

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Unser Kolumnist Marcus Werner ist Fernsehmoderator und Buchautor und arbeitet als Berater für Kommunikation und Persönlichkeitsentwicklung.

Die Welt wird nie mehr so sein, wie sie einmal war. Das hören wir in diesen Wochen ja oft. Aber was wird vom Neuen bleiben? Wahrscheinlich werden die Abstände der Tische in Restaurants für lange Zeit viel größer. In Drogerien wird es vielleicht mehr Trennscheiben zwischen Regalen geben. Vielleicht werden die Warenhäuser die Gänge breiter machen und Laufrichtungen vorgeben wie bei Ikea, damit sich die Leute nicht so oft begegnen. Das große Umplanen und Umbauen geht jetzt erst los.

Aber was wird sich bei Geschäftsreisen ändern? Viele Leute sagen nach wenigen Wochen Erfahrung: Auf die viele Rumreiserei aus beruflichen Gründen können wir zu einem großen Teil ganz gut verzichten. Nicht auf alle. Da kommen wir gleich zu. Aber auf ganz viele. Es ist zwar anders, es wirkt alles sehr improvisiert, aber es geht.

Spielen wir es mal durch: Da wird der neue Kollege Michael am Sitz der fiktiven Firma Zipp & Zapp in Nürnberg dem Großkunden in Hannover nicht persönlich vorgestellt – bei einem gemütlichen Mittagessen mit Spargel in der Frühsommersonne. Das Kennenlernen findet in einer Videokonferenz statt – mit Keksen von Bayern aus. In der hält er gemeinsam mit Chefin Karen eine fünfminütige Antritts-Präsentation. Die ist dank eines eingebauten Features der Videocall-Software 1 zu 1 an der Leinwand bei den Kunden in Niedersachsen zu sehen. Irgendwie klingt alles, was Michael sagt, noch etwas blechern, da kommt aber im Mai eine neue Mikrofonanlage rein. Und ja, die Wand, vor der Michael sitzt, ist ziemlich trist. Aber da kommt bald ein warmweiß angestrahltes Firmenlogo hin – und ein großes Foto von Nürnberg. Die Infrastruktur für Videokonferenzen wird eben gerade erst aufpoliert.

Dieser Antrittsbesuch, der keiner war, hat aber schon fühlbare Vorteile gebracht. Man hat sich kennengelernt. Das war der Sinn und Zweck des Ganzen. Wenn man sich auch nicht persönlich beschnuppern konnte. Aber mir berichten Kollegen und Freunde aus der Erfahrung der vergangenen Wochen: Das Videobild macht den Unterschied. Es fühlt sich an, als hätte man den anderen wirklich kennengelernt. Sprache allein ist dafür zu wenig. Das Gesicht und die Mimik zählen dafür.

Michaels Präsentation war auch sehr überzeugend. Der Auftritt des Neuen kam total sympathisch rüber, die ersten gemeinsamen Meilensteine wurden vereinbart. Und außerdem:

- Es wurden mehr als 200 Euro für die ICE-Tickets und 200 Euro Übernachtungskosten gespart. Außerdem das Geld für die Betüddelung der Kunden im Restaurant. Sagen wir auch 200 Euro. Macht unterm Strich 600 Euro.

- Es wurden durch die entfallene An- und Abreise sieben Stunden Taxi-ICE-Taxi-Reisezeit gespart. Denn Reisezeit ist Arbeitszeit.

- Am Abend zuvor gab es ein paar Stunden Extrafreizeit geschenkt, die Michael mit seiner Familie gemütlich beim Abendessen verbringen konnte (statt der abendlichen Anreise direkt ins Hotel). Und Karen hatte gemütlich Zeit für einen Kinoabend gemeinsam mit ihrer neuen Flamme. Kinoabende wird es ja in Zukunft wieder geben.

Mehr als nur gespartes Geld

Der Reiseverzicht spart Ihrem Unternehmen richtig Geld – und Ihnen Zeit. Sei es Arbeitszeit oder Freizeit. Mehr Zeit für Familie, gutes Essen, Hobbys und Sport. Weniger Geschäftsreisen heben so betrachtet die Lebensqualität. Und es schont ganz nebenbei auch das Klima und entlastet unsere Infrastruktur.

Aber es gibt auch andere nicht so klar bezifferbare oder messbare Vorteile daran, weniger unterwegs zu sein:

- Die Abteilungsleiterin im Büro kann schneller auf Zuruf Entscheidungen treffen, als die Abteilungsleiterin irgendwo zwischen Terminal und Flugzeug.

- In Videokonferenzen können Mitarbeiter schnell einmal dazu gerufen werden, die bei Geschäftsreisen nicht dabei gewesen wären.

- Die Trips brauchen Planung und Vorlauf auf beiden Seiten. Wer kann wann für ein paar Stunden voraussehbar in ein paar Tagen? Allein das Warten auf den Termin nimmt Geschwindigkeit aus den Prozessen.

Telefonkonferenzen mit Geschäftspartnern hingegen können spontan einberufen werden, wenn es wichtige Dinge zu entscheiden gibt. Ohne langes Kalenderwälzen. „Zeit für eine Videokonferenz heute Nachmittag um 4 für 15 min?“ „Alles klar, bis nachher.“ Zack. Und der Konferenzraum muss nicht für die Gäste mit Tassen, Kaffee und Keksen eingedeckt werden. Wobei ein paar Konferenzkekse natürlich auch bei Videokonferenzen nett sind. Keine Frage! Vor allem diese halb in Schokolade getunkten Butterkekse. Naja, egal.

Aber: Wenn es doch so schön ist, Geschäftsreisen nicht anzutreten, warum um alles in der Welt haben wir es dann Jahrzehnte lang anders gemacht? Dafür gibt es gute Gründe.

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