Karriereleiter Mit diesen Tricks besiegen Sie den Blackout

Sie halten vor Publikum eine Präsentation oder Rede und dann ist alles weg. Blackout. Allein die Angst, dass einem das passiert, macht den Blackout umso wahrscheinlicher. Aber dem können Sie vorbeugen. So geht's.

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Unser Kolumnist Marcus Werner ist Fernsehmoderator und Buchautor und arbeitet als Berater für Kommunikation und Persönlichkeitsentwicklung.

Eigentlich ist ein Blackout eine richtig gut gemeinte Idee von der Natur. In ganz besonders aufregenden Situationen haut unsere Nebennierenrinde so viel vom Stresshormon Kortisol raus, dass es uns kurzzeitig regelrecht elektrisiert.

Das hilft uns immer dann, wenn wir etwa mal wieder von einem Säbelzahntiger angegriffen werden. Das Kortisol katapultiert uns dann in einen Fluchtmodus – und aktiviert außerdem schlagartig den Hippocampus im Gehirn, also die Region, in der wir vorher fein säuberlich Informationen abgespeichert haben. Denn wer weiß, ob wir auf der Flucht nicht blitzschnell auf lebenswichtiges Wissen zugreifen müssen, um ohne zu fackeln entscheiden zu können?

Allerdings erleben wir heutzutage seltener Notsituationen, in denen wegrennen die beste Lösung ist. Oft erleben wir Stress in Momenten, denen wir uns freiwillig aussetzen, etwa in Führerscheinprüfungen oder auch bei Präsentationen vor Publikum. Aber auch dort kann ein Schuss Kortisol helfen. Denn ein aufgepeitschter Hippocampus macht uns für eine kurze Zeit hochkonzentriert.

Blöd ist nur: Stehen wir derartig unter psychischem Druck, dass das Kortisol überdosiert durch uns strömt, dann droht das unsere Hirnzellen zu schädigen. Und um das zu verhindern, geht der Hippocampus mit all seinen wertvollen Infos vom Netz. Die Folge: Ein wichtiger Sektor unserer Birne ist offline. Wie wenn ein Teil eines Elektrizitätswerks vom Netz geht und dadurch einige Stadtteile im Dunkeln liegen, nennt man es einen Blackout, wenn der Hippocampus ausgeklinkt wird und ein Teil von uns im Dunkeln liegt. Weil wir für kurze Zeit keinen Zugriff auf das Wissen haben, das wir gerade unbedingt abrufen wollen.

Das wiederum zu wissen, ist auf der einen Seite beruhigend. Blackout heißt nicht Unwissenheit. Andererseits zeigt ein Blackout: Oh, da ist jemand nervös. Das wirkt zwar menschlich und im Zweifel sympathisch, aber auf viele auch nicht souverän. Das wissen wir. Deshalb wünscht sich keiner für sich einen Blackout herbei. Menschlich hin oder her.

Das Gute ist aber: Diese Souveränität gegen den Blackout können Sie sich antrainieren.

1. Vorbereitung: Eliminieren Sie alle Fallstricke im Vortrag

Wenn Sie einige Tage vor dem Auftritt Ihre Präsentation vorbereiten und danach durchgehen, überprüfen Sie sich selbst: An welchen Stellen fühlen Sie sich irgendwie unsicher? Gibt es etwa eine Folie, bei der Sie schon beim Proben jedes Mal ins Straucheln geraten, weil Sie nicht recht wissen, was Sie damit eigentlich sagen wollen, etwa eine Seite mit Infos aus einer anderen Abteilung Ihrer Firma und Sie sind nicht vom Fach?

Dann gehen Sie diese Unsicherheiten offensiv an: Werfen Sie Infos raus, die Sie nicht voller Überzeugung darstellen können. Oder nehmen Sie sich vor, Ihre eigene Unsicherheit vor Publikum anzusprechen. Etwa so: „Was ich Ihnen jetzt sage, kommt mit herzlichen Grüßen von unserem Controlling. Ich gebe das jetzt einfach mal so an Sie wieder. Bitte löchern Sie mich nicht mit Detailfragen. Ich habe andere Hobbys.“

Damit Sie nicht auf der Bühne nervös den unklaren Stellen entgegen bangen, während Sie reden. Alles, was Sie vermitteln, soll locker von Herzen kommen. Das können Sie vorher in Ruhe planen.

2. Legen Sie sich einen Notfallplan zurecht

Als ich als Fernsehmoderator vor einigen Jahren plötzlich zum ersten Mal eine tägliche Live-Sendung präsentieren durfte, da hat mir vor allem eine mögliche Live-Panne Kopfzerbrechen bereitet: Was mache ich, wenn mir mal etwas richtig Peinliches passiert, etwa den Namen des Interviewpartners zu vergessen. Die von mir zurechtgelegte Lösung: Patzer offensiv ansprechen, korrigieren oder klarstellen, entschuldigen oder drüber lachen. Je nach Tragweite. Aber auf keinen Fall so tun, als wäre nichts gewesen.

All das gibt mir das gute Gefühl: Egal was ist, ich kann schnell so reagieren, wie ich es mir vorher in Ruhe als gute Gangart überlegt habe. Das macht mich so entspannt, dass ich im Fall der Fälle die Gelassenheit habe, spontan auch ganz anders zu reagieren.

Gehen Sie auch so vor. Was könnte schief gehen? Der Beamer fällt aus. Powerpoint spinnt. Die Tonanlage ist defekt. Das Publikum wird unruhig oder äußert Unmut über Ihre Thesen. Überlegen Sie sich im Vorfeld in Ruhe, was Sie im Fall der Fälle ganz entspannt tun würden. Zum Beispiel: Wenn das Mikro ausfällt, laviere ich nicht lange mit der Technik rum, sondern gehe sofort in die Mitte des Saals und rede von dort, wo mich alle verstehen können – die Folien sind dann egal. Punkt.

Oder: Rumort es unter den Zuhörern, sage ich: „Ich merke, nicht alle teilen meine Meinung, aber lassen Sie mich mein Anliegen bitte erst einmal in Ruhe komplett zu Ende vortragen.“

Solche Pläne mindern die Angst vor Überraschungen und reduzieren die Wahrscheinlichkeit eines Blackouts. Weil Sie weniger nervös sein werden und deshalb weniger Kortisol ins Spiel kommt.

Je größer die Angst, desto wahrscheinlicher der Blackout

3. Was, wenn doch der Blackout kommt?

Die Frage ist gut und wichtig. Denn die Angst vor dem Blackout ist das Paradebeispiel für eine sich selbst erfüllende Prophezeiung. Je größer die Befürchtung, desto mehr Stress, desto größer die Wahrscheinlichkeit, dass uns ein Blackout tatsächlich übermannt. Aber genauso wie für eine Mikro-Panne können Sie für den Blackout Vorbereitungen treffen.

Was wollen Sie tun, wenn Sie dastehen und alle Gedanken weg sind?

Ich empfehle Folgendes:

Halten Sie eine kleine Karte parat, die Sie jederzeit aus der Hosentasche zaubern können. Darauf können Sie sich einen groben Ablauf Ihres Vortrags notieren, etwa wenn Sie ohne Folien und Manuskript sprechen und deshalb keinen anderen Anhaltspunkt haben.

Oder Sie notieren darauf eine Anekdote von rund einer Minute, die zum Thema passt und theoretisch an jeder Stelle angebracht erscheint. Etwa so: „Übrigens: Das wollte ich so gerne noch erzählen. Lassen Sie mich das eben einschieben. Damit Sie sehen, was für einen Spaß unsere Kunden an unseren neuen Produkten haben.“

So wissen Sie immer: Es geht beim Blackout auf jeden Fall weiter. Und in der Regel kommen Sie nach einigen Sekunden dann wieder auf das, wovon Sie ursprünglich reden wollten.

Durchbrechen Sie die Denkroutine. Oftmals wird das Publikum merken, dass Sie gerade etwas aus dem Tritt geraten sind. Na und? Bringen Sie sich kurz auf andere Gedanken. Greifen Sie zum Wasserglas und sagen Sie etwas wie: „Finden Sie es hier auch so heiß oder bin ich einfach nur so auf 180?“ Oder „Können Sie mir soweit folgen? Haben Sie Fragen?“ Oder: „Denken Sie mal drüber nach. 30 Sekunden Pause zum Sackenlassen.“ Dann trinken Sie in Ruhe. Und währenddessen stellen Sie sich vor, wie Sie gerade mit der Familie am Strand eine Sandburg bauen. Danach kommt mit großer Sicherheit alles wieder.

Keine Scheu, den Hänger zuzugeben. Ich kenne Leute, die sich für den Fall eines Blackouts antrainiert haben, einen Hustenanfall vorzuspielen. Das wirke menschlich und trotzdem nicht, als sei man nervös. So könne man sogar kurz den Saal verlassen und sich vor der Tür gedanklich sammeln. Das ist sicherlich Geschmacksache. Und nur für gute Schauspieler.

Denn peinlich wird es immer dann, wenn man so tut, als ob, und jeder merkt: Da versucht jemand, uns zu täuschen. Wenn Sie sich selbst erlauben, im Fall der Fälle den Blackout vor Publikum anzusprechen, dann befreien Sie sich vorab von einem unbändigen Druck. Das allein senkt wieder das Blackout-Risiko. Aber wenn es passiert: Weihen Sie das Publikum ein „Frage an Sie alle: Was ist das Blödeste, was einem passieren kann, wenn man einen Vortrag hält? Richtig. Ein Blackout. Und gerade erleben Sie einen live on Stage. Ich habe komplett den Faden verloren. Helfen Sie mir: Wo war ich stehen geblieben? Wer kann bitte mal die letzten sechzig Sekunden meiner Ausführungen zusammenfassen?“

Mit diesem rhetorischen Trick nehmen Sie das Publikum sogar mit einem Augenzwinkern rein in die Verantwortung. Es wird ja wohl jeder zugehört haben. Wer traut sich? All das gibt Ihnen auf unterhaltsame Art wertvolle Sekunden, sich selbst aus dem Rampenlicht zu nehmen, um sich zu sammeln.

Nehmen Sie sich selbst nicht so wichtig. Das klingt wie ein Vorwurf, soll Sie aber beruhigen. Während Sie als nervöser Redner sehr viel darüber nachdenken, wie Sie gerade wirken, wie Ihre Stimme im Raum nachhallt, ob Ihr Publikum Sie gut findet, ob man Ihnen anmerkt, dass Sie Angst vor einem Blackout haben, da wollen die Leute vor Ihnen einfach nur hören, was Sie zu sagen haben. Das ist das Gute: Die Leute machen sich um Ihre Sorgen gar keine so großen Gedanken. Ich finde diese Erkenntnis sehr befreiend. Lenken Sie Ihre Gedanken auf das, was Sie erzählen wollen. Und sagen Sie sich: „Meine Güte, die Welt dreht sich nicht um mich.“ Das hilft.

4. Spielen Sie Flucht. Aber bleiben Sie da.

Im Büro und zuhause können Sie sich eine Menge vornehmen, um für alle Eventualitäten gerüstet zu sein. Sogar für den Blackout selber, wie gesagt. Das macht so ruhig, dass der Blackout wahrscheinlich gar nicht kommen wird.

Kurz vor Auftritt können Sie dann aber noch das tun, was die Natur eigentlich mit uns vorhatte. Rennen Sie. Rennen Sie nicht weg. Aber laufen Sie vorher noch zwei oder drei Stockwerke zu Fuß, statt mit dem Aufzug zu fahren. Machen Sie hinter der Bühne oder im Waschraum ein paar Kniebeugen. Bauen Sie den Stress körperlich ab. Spielen Sie Flucht, aber bleiben Sie da.

Und nehmen Sie außerdem Ihrer Nebennierenrinde den Grund, Kortisol auszustoßen. Fahren Sie systematisch runter. Indem Sie tief und langsam in den Bauch einatmen. Das geht sogar noch vor Publikum. So sinkt noch einmal die Wahrscheinlichkeit, dass das Hirn offline geht.

Also: Eliminieren Sie vorab alle Stolperfallen, damit Sie guten Mutes auf die Bühne gehen können. Entwickeln Sie entspannende Notfallpläne für alle Pannen, die auf der Bühne passieren können. Sorgen Sie vor, so dass selbst ein Blackout Sie nicht zu Fall bringt, indem Sie ein paar Tricks parat halten. Vom Spickzettel bis zum offenen Umgang mit dem Hänger. Und kommt kurz vor dem großen Auftritt doch ein bisschen Stress hoch, dann reagieren Sie sich kurz vorher noch körperlich ab. Und atmen Sie entspannt durch.

Sie operieren nicht am offenen Herzen. Und selbst das könnten Sie mit etwas Übung und guter Vorbereitung souverän.

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