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So antworten Sie souverän auf knallharte Fragen

In der Konferenz vor Kollegen, im Streit mit dem Chef, im Interview am Mikrofon: Wenn Sie sich sicher sind, dass Sie auf jede noch so heikle Frage reagieren können, bringt das Selbstvertrauen. Hier ein paar Faustregeln.

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Unser Kolumnist Marcus Werner ist Fernsehmoderator sowie Buchautor und arbeitet als Berater für Kommunikation und Persönlichkeitsentwicklung.

„Was haben Sie gestern zu Mittag gegessen?“
„Wer wird die Kanzlerkandidatin Ihrer Partei?“

Wer fragt, führt. Dass das wirklich so ist, klingt im ersten Augenblick gar nicht mal so einleuchtend. Denn wer fragt, offenbart, dass er im Vergleich zum Befragten ein Wissensdefizit hat.

Aber wenn wir in einem Gespräch uns in der Rolle der Antwortenden befinden, müssen wir irgendwie auf die uns gestellte Frage reagieren. Die Frage setzt uns unter Zugzwang. Jetzt kommt es drauf an: Welchen Spielzug machen wir?

In dieser Reaktion auf Fragen begehen wir aus dem Impuls heraus, anderen zu gefallen, den EINEN typischen Fehler zu unseren eigenen Ungunsten. Wir fallen gedanklich in die Zeit als Schülerinnen und Schüler zurück und verspüren unbewusst den Drang, dem Fragesteller seine Fragen so zu beantworten, dass dieser am Ende volle Punktzahl dafür vergeben kann. „Coole Antwort, finde ich gut.“ Eine glatte Eins mit Sternchen.

Das Lob tut natürlich gut und schmeichelt uns. Aber damit die Antwort schon als gelungen zu betrachten, wäre zu kurz gedacht.
Denn: Worum geht es uns, wenn wir mit anderen reden? Erinnern wir uns: Es geht uns darum, die anderen in unserem Sinne vom Gesagten zu überzeugen. Ja, so viel Eigensinn sei uns gestattet: in unserem Sinne.

Und deshalb ist es wichtig zu verinnerlichen: Zustimmung in unserem Sinne und Zufriedenheit mit der Antwort sind nicht immer identisch.

Beispiel: Stellen Sie sich vor, da sitzt die Wirtschaftslenkerin A in einer Talkshow und wird von der Moderatorin B gefragt: „Waren Sie Ihrem Mann immer treu?“

Und A antwortet: „Nein. Ich hatte in den vergangenen zwanzig Jahren drei Affären.“
Das wäre eine Antwort ganz nach dem Geschmack der Moderatorin. B hätte live einen exklusiven Scoup gelandet. Zufriedenheit bei der Fragestellerin ja. Aber was hat A davon, dass B innerlich jubelt?
Dieses zugegeben sehr plastische Beispiel zeigt: Dass der Fragesteller führt, heißt nicht, dass wir uns ihm willfährig ausliefern dürfen. Wir haben in diesem Spiel die Aufgabe, in unserem Sinne zu reagieren. Um in unserem Sinne mit unserer Antwort zu überzeugen. Wie geht das? Indem wir beim Antworten selber Führung übernehmen.

1. Innere Haltung: „Auf Augenhöhe“

Als Befragte sind wir solange in der schwächeren Position, bis wir uns trauen, unsere eigenen Interessen zu verfolgen. Ich erinnere mich noch gut an eine Diskussionsrunde, bei der auch die GRÜNEN-Chefin Annalena Baerbock zu Gast war. Als sie ihre Antwort abgeschlossen hatte, sagte der Moderator: „Das war aber nicht meine Frage.“ Darauf Baerbock: „Aber das war meine Antwort.“

Der Effekt ist enorm, denn in dieser Bemerkung schwingen gleich mehrere Ansagen mit. Neben der Botschaft „Nachfragen werden nichts bringen“ wird hier die Haltung der Befragten ganz klar: Du kannst fragen, was du willst, aber ich antworte, was ich will.

Ich rate Ihnen, genau diese innere Haltung anzunehmen. Denn die ist unglaublich befreiend. Sie entbindet uns nämlich von besagtem Schüler-Denken, die Antwort sei nur gut, wenn der Fragesteller es so sieht.

2. Per Antwort die Perspektive wechseln

Wer weiß, dass er die Hoheit über seine Antworten hat, traut sich auch, das Gespräch in seinem Sinne zu steuern.
Typische Konstellation: Stellen Sie sich vor, Sie haben bei der Arbeit einen Fehler gemacht und nun ist Ihr Vorgesetzter am Schäumen. Sagen wir, Sie haben aus Zeitmangel einen wichtigen Termin mit einem potenziell neuen Kunden so lange heraus gezögert, dass dieser nun bei der Konkurrenz angebissen hat.
Der Chef zitiert Sie in sein Büro: „Was hast du dir dabei bloß gedacht?“
Diese Frage ist letztendlich ein Vorwurf: Es ist mir völlig unverständlich, wie du diesen Fehler begehen konntest. Das Ziel vom Chef mag gerade sein, Sie klein zu machen. Motto: Wenn ich wegen dir schlechte Laune habe, sollst du auch welche haben.
Nun könnte Ihr Reflex sein: Ich versuche zu schildern, was ich dachte, als ich den Fehler gemacht habe. Was Sie dadurch aber tun: Sie erzählen in bunten Farben von Ihrem Scheitern. Und am Ende wird stehen: Was Sie sich dabei gedacht haben, war offensichtlich untauglich. Aus der Nummer kommen Sie so nicht mehr raus.

Wenn Sie vor einem Scherbenhaufen stehen, den Sie selber zu verantworten haben, dann führen Sie das Gespräch direkt auf erfreulichere Aspekte. Wenn Sie erahnen können, dass Sie im Gespräch mit unangenehmen Fragen zu vorausgegangenen Fehlern konfrontiert werden, nehmen Sie sich also vor, von der Zukunft zu sprechen. Von einer Zukunft, in der solche Fehler nicht mehr vorkommen werden.
In etwa so: „Der Fehler ärgert mich selber und tut mir leid. In Zukunft werde ich…“
Es vergeht dem Fragesteller so am ehesten die Lust, weiter auf der Vergangenheit herumzuhacken.
Diese Methode erleben wir in diesen Monaten auch oft im Zusammenhang mit Fehleinschätzungen zum Erfolg von Corona-Maßnahmen, etwa zur Frage, warum von Mund-Nasen-Masken anfangs als kontraproduktiv abgeraten wurde. Diese Vorhaltung wird oft abgebogen im Stil von: „Diese Entscheidung hat sich als Fehleinschätzung entpuppt. Jetzt wissen wir es besser. Und deshalb sind Masken jetzt sogar längst Teil der AHA-Regeln.“

3. Die Frage infrage stellen

„Schlagen Sie Ihre Frau eigentlich immer noch?“ Der Klassiker der Fangfragen. Denn diese Ja-Nein-Frage lässt sich mit ja oder nein nicht so beantworten, ohne Eingeständnis, die Frau jemals geschlagen zu haben. Und dieses Beispiel zeigt: Es lohnt sich, Fragen darauf hin zu scannen, ob wir uns überhaupt darauf einlassen sollen, sie zu beantworten. Wenn nein: Frage ablehnen. Je nach Tragweite auch gerne mit Klartext: „Diese Frage beruht bereits auf falschen Annahmen. Deshalb kann ich sie nicht beantworten.“

Ich liebe diese feine Art des Abbügelns. Denn damit haben Sie die Richtung des Gesprächs bereits neu justiert. Zeit für Sie, die Sache in Ihrem Sinne klarzustellen.
Fragen, die falsche Sachverhalte voraussetzen, ohne diese überhaupt noch zur Diskussion zu stellen, sind eine sportliche Herausforderung. Es geht darum, sie sofort als solche zu entlarven:
„Finden Sie es nicht ethisch verwerflich, so rücksichtslos mit Ihrer Belegschaft umzuspringen?“
Jetzt nicht nein sagen! Sondern: „Ihre Frage passt nicht. Ich springe mit niemandem um.“

Sobald Sie eine Frage als unangenehm empfinden, fragen Sie sich schnell warum. Oft liegt es daran, dass eine Unterstellung mitschwingt, die Sie nicht gelten lassen wollen.
Fahren Sie die Antennen aus und sprechen Sie an, wenn Sie Fragen als unfair empfinden. Es gibt sie nämlich doch: „falsche“ Fragen. Noch so eine Weisheit aus Schulzeiten, die wir beerdigen können.

4. lästige Fragen elegant umschiffen

Wir kennen das von unserer Rolle als Publikum: Wenn Politiker mal wieder nicht klar auf eine Frage antworten. Für uns ist das unbefriedigend. Aber für die Politiker ist eine ausweichende, schwammige Antwort oftmals zielführender als eine klare Antwort, die die Zuhörer erst recht frustrieren könnte.

Sind wir in der Rolle des Antwortenden, ist die Option „umschiffen“ durchaus eine, die wir ziehen dürfen. Nämlich dann, wenn die klare Antwort nicht in unserem Interesse liegt, aber die Frage nicht offensichtlich unpassend ist. Oder wenn uns im Gespräch die Zeit davonläuft und wir unbedingt noch etwas vorbringen wollen.
„Ihr Produkt hat beim Energieverbrauchs-Test aber nicht sonderlich gut abgeschnitten, oder?“
„Ja, da arbeiten wir noch dran. Worauf wir aber besonders stolz sind, ist, dass unsere Kunden die vielseitigen Anwendungsmöglichkeiten überdurchschnittlich hoch bewerten und das liegt daran, dass…“
Das mag dann als offensichtliches Ausweichmanöver empfunden werden. Na und? Dafür haben Sie die positiven Aspekte untergebracht. Das dürfen Sie. Denn Sie agieren auf Augenhöhe und müssen sich nicht zu Antworten zwingen lassen. Und Sie entscheiden selber, wann Sie den Zeitpunkt gekommen sehen, an dem Ausweichen Ihrem Ziel zuwiderläuft, die Zuhörer von Ihren Botschaften zu überzeugen.

5. die Methoden kombinieren

Auf Augenhöhe sprechen, die Richtung mit Antworten prägen, die Fragen infrage stellen und die Knackpunkte umschiffen - all das können Sie auch wunderbar kombinieren.
Ein Beispiel, das wir alle kennen: „Wer wird Ihr Kanzlerkandidat?“
Hier winden sich die befragten Partei-Politiker gerne und versuchen, die klare Antwort zu umschiffen im Sinne von „es geht jetzt vor allem um Sachfragen“. Aber mittlerweile reagieren einige erfahrene alte Hasen ganz nach der Methode „Ich entscheide selber, was ich antworte“ und ohne Geschwurbel: „Ich verstehe Ihre journalistische Neugier, aber für uns als Partei macht es keinen Sinn, diese Personalie so früh öffentlich zu machen, weil das über einen zu langen Zeitraum eine Angriffsfläche böte, die uns im Zweifel weniger nutzt als schadet.“ Wozu soll man da als Fragesteller noch nachhaken?

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Es kommt immer wieder mal vor, dass mich medienunerfahrene Interview-Gäste vor der Sendung im Studio bitten: „Aber bitte nur nette Fragen, okay?“

Ich antworte dann meistens in etwa so: „Egal, was ich Sie frage: Sie dürfen antworten, was Sie wollen.“

Diese Freiheit müssen wir uns einfach nur nehmen.

Hinweis: Dieser Artikel erschien ursprünglich am 9. März 2021. Wir haben ihn umfassend überprüft, aktualisiert und anschließend neu publiziert.

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